In data we trust?

Tobias Enke
Context & Conversation

--

Den Daten nach hätte Hillary Clinton US-Präsidentin werden müssen. Den Daten nach. Das ist sie aber zum Erstaunen des gesamten Planeten nicht. Donald Trump hat die Wähler besser mobilisieren können. Die für verlässlich gehaltenen Daten der Meinungsforscher haben versagt, der Faktor Mensch mit all seinen Gefühlsschwankungen hat über die kühle Analyse gesiegt.

Die New York Times zeigte jeden Tag bis kurz vor der Wahl eine Grafik, die besagte, dass Hillary Clinton eine 90 prozentige Chance habe, zu gewinnen. Diese Karte basierte auf den täglich aktualisierten „pre-election polls“. Diese „pre-election polls“ basierten auf historischen Daten früherer Wahlen, Umfragen unter den verschiedenen Bevölkerungs-Zielgruppen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen.

Sind wir aufgrund dieses Versagens neben einem post-faktischen schon in einem „post-datischen“ Zeitalter? Mitnichten. Jedoch offenbart sich ein Trend, der uns nicht nur im politischen Gefüge Probleme bereiten wird: Der absolute Glaube an Daten.

Daten sind wichtig, aber nicht alles

Wir haben für alles Daten. Diese bringen uns aber häufig nichts. Eine daten-basierte faktische Analyse ist natürlich wesentlich um Evaluationen durchzuführen und eine Handlungsgrundlage zu schaffen. Daten sind aber keine Fakten, sonst hätte die Hillary-Kampagne wohl besser verstanden, dass ihre Fakten nicht diejenigen der Wähler waren. Zumal wir Daten oft so interpretieren, dass sie uns passen, dass sie unsere Meinungen und Vorstellungen bestätigen. Kontextualisierung und möglichst vorurteilsfreie Interpretation sind jedoch die essentiellen Bestandteile einer erfolgreichen Analyse, die letztlich in eine erfolgreiche Strategie mündet. Daten an sich sind abstrakt. Wir sprechen generell von Datensätzen. Ein alleinstehender Satz funktioniert ja auch nicht, ohne den Zusammenhang, das Narrativ oder den Rest des Textes zu kennen.

Daten vermögen es nicht, das Irrationale, das Heitere, die Wut, den Irrsinn, die Starrköpfigkeit und die Unberechenbarkeit der Menschen festzuhalten. Das sollen sie auch gar nicht. Sie bieten uns eine Grundlage, auf der wir Entscheidungen treffen können. Sie geben Aufschluss darüber, wie sich zum Beispiel Menschen in gewissen Mustern verhalten.

Die Aufgabe ist es, Daten auszuwerten und zu erklären. Denken wir an eigene Kampagnen, schauen wir uns zuerst die Recherche und Analyse an, bevor wir an die weitere Planung gehen. Dann müssen wir daraus aber irgendwann unsere Schlüsse ziehen, gepaart mit Erfahrung und Empathie.

Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts — Aber wir leben in einer grünen Welt
Datenhörigkeit ist eine gefährliche Sache. Unsere Arbeit darf nicht nur aus Datenerhebung und quantitativer Auswertung bestehen, auch wenn es vermeintlich „innovativ“ ist, zu vermitteln, man sei „data-driven“.

Wenn es sich falsch anfühlt, lieber noch einmal hinterfragen und diejenigen befragen, die eine Geschichte oder Botschaft erreichen soll. In der Kommunikation stellen wir uns oft die Frage: „Kann das funktionieren?“ Nie werden wir uns dabei antworten hören „die Daten sagen, dass es funktionieren wird“. PR ist ein People-Business. Deshalb sollten wir auch auf Bauchgefühl, Erfahrung und Instinkt vertrauen. Das gilt sowohl für Berater als auch für den Kunden. Zuviel Vertrauen in Daten tötet Kreativität und den nötigen Mut, auch mal etwas auszuprobieren. Was am Ende funktioniert, entscheiden die Menschen letztlich selbst. Das musste Hillary Clinton schmerzhaft erfahren.

Über den Autor:

Tobias Enke, Account Manager
tobias.enke@hkstrategies.com

--

--