Hallo Herbst, hallo Herbstgemüse!

Catia
cookpool
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6 min readOct 21, 2020

Wenn es um Ernährung geht, gibt es zahlreiche Empfehlungen und noch mehr Meinungen. Bei all den Widersprüchen und neuen Food-Trends, bei einem ist man sich einig «Gemüse essen» gilt als gesund und wird im Konsens empfohlen. Hierfür gibt es wirklich gute und wissenschaftlich belegte Gründe (dazu mehr Infos weiter unten). Dennoch essen die meisten von uns zu wenig Gemüse. Der Herbst ist da und ist ein idealer Anlass, um saisonales Gemüse näher vorzustellen. Hier geht es nicht um den Kürbis — quasi der Held unter dem Herbstgemüse — sondern um vier andere Sorten, die sonst weniger Aufmerksamkeit bekommen.

Rotkraut (Foto)

Wissenswertes und Nährstoffe

Rosenkohl
Rosenkohl — der wie grüne Mini-Kohlköpfe aussieht — ist eine noch recht junge Kohlart. Erst im 18. Jahrhundert wurde er in Brüssel zum ersten Mal angebaut. Dementsprechend heisst er auf Französisch choux de bruxelles und auf Englisch brussel sprouts. In der Schweiz werden die Frühsorten ab September geerntet, seine Hauptsaison liegt aber im November und Dezember. Deshalb gilt Rosenkohl auch als ein klassisches Wintergemüse. Etwas Frost erhöht den Kohlenhydrat-Gehalt und macht die kleinen Röschen milder und noch schmackhafter. Zudem werden die Glucosinolate, welche für den etwas bitteren Geschmack sorgen, seit den 1990er Jahre gezielt weggezüchtet. Rosenkohl schmeckt somit besser als früher und er liefert wertvolle Inhaltstoffe wie Vitamin C, B-Vitamine und Kalium. 100g Rosenkohl decken unseren Tagesbedarf an Vitamin C bereits ab. Zudem enthalten sie 43 kcal, weil «nur» 87 Gramm Wasser und für ein Gemüse beachtliche 4 Gramm Protein.

Rotkabis
Rotkohl (seltener Blaukohl) wird in der Deutschschweiz Rotkabis oder «Chabis» genannt. Der knallig rot-violette Kohl hat eine ganzjährige Saison, wobei in der Schweiz die Hauptsaison von September bis November dauert. Für seine charakteristische Farbe sorgen die Pflanzenfarbstoffe Anthocyane, wobei die Färbung des Kohls je nach pH-Wert des Bodens etwas variiert: in sauren Böden wird er rötlich, in alkalischen eher bläulich. Dies passiert auch bei der Zubereitung! Säurereiche Zutaten wie Essig oder Äpfel machen den Rotkabis rötlicher, süsse wie z.B. Preiselbeer-Konfitüre färben ihn ins Blauviolette. Diese Anthocyane machen ihn auch besonders gesund. Sie gehören zu den sekundären Pflanzenstoffe und wirken v.a. antioxidativ (schützen unsere Zellen vor freien Radikalen) und entzündungshemmend. Wie jedes Gemüse ist der Rotkohl kalorienarm und liefert Nahrungsfasern: 100g enthalten nur 30 kcal und 3 Gramm. Zudem ist Rotkohl ein wesentlicher Vitamin C Lieferant.

Randen
Die tiefrote — fast violette — Knolle heisst in Deutschland Rote Bete und ist ein typisches Lagergemüse. Nebst tiefroten Randen gibt es solche mit roten und weissen Ringen und ganz selten auch weisse und gelbe Sorten. Randen versorgen uns im Herbst und Winter mit wichtigen Nährstoffen, besonders viel Folsäure und Kalium und — für ein Gemüse — viel Eisen. Der natürliche Farbstoff Betanin sorgt für die erstaunlich intensive Farbe und wird deshalb in der Lebensmittelindustrie gerne eingesetzt, z.B. Randensaft im Erdbeerjoghurt. Randen sind auch bekannt für ihren höheren Gehalt an Oxalsäure. Diese spielt bei der Entstehung von Nierensteinen eine Rolle. Folglich sollten Betroffene Randen mit Mass geniessen und besser jeweils mit einem Calcium-Lieferant (wie z.B. Käse oder Quark) im Menü kombinieren. Dank ihrer Verwandtschaft zur Zuckerrübe enthält sie für eine Gemüse etwas mehr Kohlenhydrate, aber bleibt dennoch kalorienarm. 100g liefern somit 46 kcal, 8.4g Kohlenhydrate und 2.5g Nahrungsfasern.

Wirz
Der Wirz, welcher auch Wirsing genannt wird, gehört zu den beliebtesten Kohlsorten. Wirz ist ganzjährig erhältlich, wobei es frühe Herbstsorten und späte Wintersorten gibt. Seine Blätter sind typisch kraus gewellt und bei den früheren Sorten ist das Grün heller. Insgesamt sind die Wirz-Blätter zarter als bei anderen Kohlsorten, dies macht seine Zubereitungsmöglichkeiten vielseitiger. Zudem enthält Wirz von allen Kohlsorten den höchsten Gehalt an Glucosinolat. Dieser sekundäre Pflanzenstoff stärkt unser Immunsystem und wirkt auch antioxidativ. Wirz liefert auch besonders viel Folsäure und Vitamin C, bei nur 31 kcal und 2.9g Nahrungsfasern auf 100g.

Gemüse und Gesundheit
Forscher aus London untersuchten den kausalen Zusammenhang zwischen dem täglichen Gemüse- und Früchtekonsum (bei 200g bis 800g) und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und frühzeitigem Tod. Ihre Meta-Analyse umfasst die Ergebnisse aus 95 Beobachtungsstudien, diese beinhaltete z.B. 112'000 Krebs-Fälle. Der Konsum von 800g Gemüse und Früchte pro Tag senken nachweislich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Gesamt-Sterblichkeit. Wobei mehr als 600g täglich das Risiko für Krebs-Erkrankungen nicht weiter senkt. Es ist somit wissenschaftlich erwiesen, dass so etwas Unspektakuläres wie «viel Gemüse essen» hilft, so etwas Schlimmes wie ein Schlaganfall oder Darmkrebs zu verhindern. Und die Betonung liegt dabei auf viel. Die berühmte «5 am Tag» Kampagne erinnert uns daran, täglich 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Früchte zu essen. Eine Portion entspricht je 120 Gramm. Das ergibt ein Total von 600g. Unsere nationale Ernährungs-Erhebung zeigt jedoch, dass nur 12.4% der Schweizer/innen täglich mindestens diese 5 Portionen Gemüse/Früchte verzehren. Alle anderen essen weniger. Wobei 36.5%, bzw. mehr als ein Drittel der Bevölkerung, täglich keine oder eine Portion Gemüse oder Früchte isst. Unser Potenzial zur Steigerung ist offensichtlich und ein feines Herbstgemüse könnte doch motivieren.

How Tos

Rosenkohl bitte nicht roh essen, im Kühlschrank lagern und erst vor der Zubereitung rüsten. Die äusseren Blätter entfernen, die Strunke zurückschneiden und kreuzweise leicht einschneiden, so wird er gleichmässiger gar. Das Kochen in Salzwasser oder Bouillon dauert nicht lange, nach 6 bis 7 Minute sind Kohlköpfe weich aber noch bissfest. Verkochter Rosenkohl verliert Vitamin C und Geschmack. Eine Prise Zucker im Kochwasser kann übrigens helfen, dass es nicht so streng riecht. Die Zubereitung im Backofen dauert ca. 20 Minuten. Man kann ihn vorher mit etwas Öl und Gewürzen verfeinern und erhält so feine Röstaromen. Dass Rosenkohl zu deftigem Fleisch wie Braten, Speck und Wild passt, weiss jeder. Aber auch fleischlos schmeckt er z.B. mit Käse kombiniert, mit Pasta oder in einem Gratin.

Rotkabis ist gekocht und roh geniessbar. Ein ganzer Kohlkopf ist im Kühlschrank bis zu 3 Wochen haltbar. Vor der Zubereitung die äusseren Blätter entfernen, den Kopf vierteln, die Strunk-Teile entfernen und dann schneiden. Für einen Salat kann man gut ein Hobel oder eine Küchenmaschine verwenden. Roher Rotkabis enthält deutlich mehr Vitamin C, aber ist etwas schwerer verdaulich. Wie bei allen Kohlsorten kann der Einsatz von Kümmel, Fenchel, Anis und Ingwer ihn bekömmlicher machen. Rotkohl ist bei Wildgerichten wie z.B. Hirschpfeffer die klassische Gemüsebeilage, aber kann zusammen mit Maroni, Äpfeln, Dörrpflaumen und Spätzli auch vegetarisch genossen werden.

Randen sind so vielseitig: einfach gekocht, als Salat (gekocht oder roh), als Suppe (z.B. Bortsch), als Saft, eingelegt (im Glas) oder selber gebacken. Randen werden oft vorgekocht verkauft, bereits zerkleinert oder als ganze Knollen vakuumverpackt. Wer sie selber zubereiten möchte, braucht nur ein bisschen Vorsicht in der Küche, denn Randen färbt nicht nur ein Risotto oder Hummus wunderbar pink, sondern auch die Hände und Kleidung.

Wirz wird meistens gekocht gegessen: als Suppen-Einlage, als Wickel, gedünstet oder gebraten. Aber die feinen Innenblätter kann man Rohkostsalat essen. Wirz braucht nicht lange um gar zu werden (knapp 10 Minuten) und eignet sich somit gut zum dünsten oder rührbraten. Wie immer ist Kohlgemüse gekocht etwas leichter verdaulich, als roh. Die Zugabe von einem Teelöffel Natron (aus der Backabteilung) ins Kochwasser kann ihn noch bekömmlicher machen. Wie wäre es mit Wirz kombiniert mit Bratkartoffeln oder mit Poulet-Geschnetzeltem an einer Rahm-Sauce? Oder mal vegetarische Wirzrollen, gefüllt mit Quorn-Hack und Champignons?

Gemüse ist einfach grandios: lecker, bunt, kalorienarm und wirklich so gesund. Rosenkohl, Rotkabis, Randen und Wirz haben gerade Saison und bieten sich förmlich an, um mehr Gemüse zu geniessen.

Quellen

Dagfinn Aune, Edward Giovannucci, Paolo Boffetta et al. (2017): Fruit and vegetable intake and the risk of cardiovascular disease, total cancer and all-cause mortality — a systematic review and dose-response meta-analysis of perspective studies, International Journal of Epidemiology 2017; 1029–1056. doi:10.1093/ije/dyw319

erste Nationale Ernährungserhebung menuCH 2017: Fachinformation Ernährung: Früchte- und Gemüsekonsum in der Schweiz 2014/15

https://www.5amtag.ch/wissen/gemuse/rande/, abgerufen am 10.10.2020

https://www.sge-ssn.ch/fragenkatalog/ernaehrung-bei-gesundheitsproblemen-2/, abgerufen am 10.10.2020

https://www.gemuese.ch/Gemuse/Gemusearten/Rosenkohl, abgerufen am 10.10.2020

https://de.wikipedia.org/wiki/Rosenkohl, abgerufen am 10.10.2020

https://eatsmarter.de/lexikon/warenkunde/kohl/rosenkohl, abgerufen am 10.10.2020

https://www.gemuese.ch/Gemuse/Gemusearten/Rotkabis, abgerufen am 10.10.2020

https://eatsmarter.de/lexikon/warenkunde/kohl/rotkohl, abgerufen am 10.10.2020

https://ernaehrung.krebsliga.ch/krebs-vorbeugen/vitamine-mineralstoffe-und-sekundaere-pflanzenstoffe/sekundaere-pflanzenstoffe/, abgerufen am 10.10.2020

https://www.gemuese.ch/Gemuse/Gemusearten/Rande, abgerufen am 10.10.2020

https://www.gemuese.ch/Gemuse/Gemusearten/Wirz, abgerufen am 10.10.2020

https://www.naehrwertdaten.ch/de/, abgerufen am 10.10.2020

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