Linsen — viel mehr als Grossmutters braune Pampe

Didi
cookpool
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7 min readAug 22, 2020

Früher galten Linsen als Arme-Leute-Essen, doch heute nicht mehr. Die proteinreichen Hülsenfrüchte lassen sich in dutzend verschiedenen Varianten zubereiten. Daneben gibt es auch unterschiedliche Sorten welche spezifische Kocheigenschaften haben.

Rote Linsen

Wissenswertes

Linsen gehören zu den Hülsenfrüchten und sind in verschiedenen Sorten erhältlich. Verzehrt werden ausschließlich die Samen. Die grössten Linsenproduzenten weltweit sind Kanada, Indien und die Türkei. Angebaut werden Linsen zumeist als Mischkultur gemeinsam mit Getreide (z. B. mit Hafer oder Gerste), dass die nötige Rankhilfe darstellt. Geerntet wird beides gemeinsam mit einem Mähdrescher. Das Erntegut besteht aus einer Mischung von Getreidekörnern und Linsen, die in einem technisch aufwendigen Verfahren getrennt werden müssen. Trotz aller Sorgfalt kann es in Linsenpackungen noch Steinchen oder Getreidekörnchen enthalten.

Schweizer Biofarmer bauen die grüne Anicia, die schwarze Beluga und die braune Berglinse an. Die Herstellung von roten und gelben Linsen, die geschält werden müssen, steckt in der Schweiz noch in der Entwicklung. Linsen sind zwar noch ein Nischenprodukt, die Nachfrage nach Hülsenfrüchten (v.a. in Bio-Qualität) in der Schweiz ist aber steigend.

Das kleine Linsen-Einmaleins

Grüne Linsen/ Puy Linsen:

Die grüne Linse hat ein nussiges Aroma. Sie bleibt bissfest und eignet sich deshalb auch besonders gut für Salate in vielfacher Kombination. Ausserdem sind sie für leckere Suppen Eintöpfe oder Pürees verwendbar.

Braune Linsen/ Tellerlinsen:

Tellerlinsen gehören mit 3–4mm Durchmesser zu den grösseren Linsen. Die kleineren Linsen sind geschmacksintensiver und brauchen weniger lange bis sie gar sind. Braune Linsen sind von der Konsistenz her eher mehlig.

Schwarze Linsen/ Beluga Linsen:

Form und Farbe erinnern stark an Kaviar. Auch die Beluga Linsen haben ein leicht nussiges Aroma aber sind würzig aromatisch. Nach dem Kochen bleiben sie immernoch kernig und eignen sich für knackige Salate oder als Garnitur für Gerichte aber auch für Vorspeisen oder Suppen.

Berglinsen:

Diese rotbraune Linsensorte ist mild-aromatisch und von fester Konsistenz. Sie eignet sich ideal für kräftige Eintöpfe und Bratlinge. Diese Sorte ist in der Schweiz eher selten zu finden.

Rote und gelbe Linsen:

Im Vergleich zu den bereits erwähnten Sorten sind rote und gelbe Linsen schon geschält. Dadurch haben sie eine kürzere Kochzeit und zerfallen eher beim Kochen. Sie eignen sich hervorragend für Linsencurries, ein leckeres Dal oder einen würzigen Aufstrich.

«Die guten ins Töpfchen die schlechten ins Kröpfchen»

Nährwerte und Inhaltsstoffe

Auch Linsen, wie alle Hülsenfrüchte, können nur gekocht verzehrt werden. Sie enthalten natürliche Giftstoffe, die Unverträglichkeiten bis hin zu Vergiftungserscheinungen auslösen können. Rohe Bohnen, Sojabohnen, Kichererbsen und Linsen enthalten beispielsweise giftige Lektine, die zu einer Verklumpung der roten Blutkörperchen führen können. Kochen zerstört diese Lektine und macht Hülsenfrüchte unbedenklich.

In Puncto pflanzliche Proteine sind Linsen die Spitzenreiter unter den Hülsenfrüchten. Ganze 25g von 100g getrocknete Linsen sind wertvolle Proteine. Dadurch werden sie zu einem optimalen Fleisch-Ersatz. Eingeteilt werden sie wegen ihres höheren Gehalts an Kohlenhydraten bei den Stärkelieferanten.

Linsen bestehen aus 45% Kohlenhydrate mit einem niedrigen glykämischen Index. Der glykämisch Index beschreibt wie stark das Lebensmittel den Blutzucker ansteigen lässt. Die glykämische Last bezieht sich auf die verzehrte Portion eines Lebensmittels. Jedoch ist es laut einem Bericht der Eidgenössischen Ernährungskomission (EEK) wichtiger auf eine ausgewogene Ernährung zu achten anstatt auf den glykämischen Index von Lebensmitteln.

Linsen liefern 324kcal und sind mit 1,5% Fettanteil sehr fettarm. Ausser die Sojabohne (18%) sind alle Hülsenfrüchte fettarm und optimal geeignet für eine Gewichtsreduktion. Um das Gewicht und den Blutzucker unter Kontrolle zu halten sind Nahrungsfasern (früher Ballaststoffe) eine grosse Unterstützung, denn sie sind alles andere als Ballast. Als Nahrungsfasern bezeichnet man die nicht verdaulichen Kohlenhydrate, sie kommen nur in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Durch den hohen Nahrungsfasergehalt (17%) müssen Hülsenfrüchte länger und mehr gekaut werden, dies trägt schon zu einem Teil zur Sättigung bei und die Energiezufuhr wird verringert. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) empfiehlt eine tägliche Zufuhr von 30g Nahrungsfasern. Dies kann durch den Konsum von Gemüse und Früchte («5 am Tag»), Vollkornprodukte, Nüsse und Hülsenfrüchte erreicht werden.

Wenn ihr noch mehr über Hülsenfrüchte und deren wertvolle Inhaltsstoffe wissen möchtet, dann lest den Beitrag zu Kichererbsen.

Gesund und sättigend

Der Konsum von Hülsenfrüchten kann bei einer Gewichtsreduktion unterstützen. Studien konnten zeigen, dass sogar bei einer neutralen Kalorienbilanz (isokalorisch) und bei einer negativen Kalorienbilanz (hypokalorisch) das Gewicht reduziert werden konnte. Durch ihren sättigenden Effekt können Hülsenfrüchte helfen, ein Überessen zu verhindern. Ein anderer Faktor könnte sein, dass nicht alle Nährstoffe aus den Hülsenfrüchten aufgenommen werden. Durch die Struktur kann es sein, dass Nährstoffe vom Körper nicht verwertet werden können und ausgeschieden werden. In den Studien wurden täglich 150g gekochte Hülsenfrüchte konsumiert. Diese Portionsgrösse deckt sich mit den Schweizer Empfehlungen (siehe unten).

Hülsenfrüchte sind reich an Mineralstoffen wie Kalzium, Eisen, Magnesium, Kalium, Phosphat und Zink. In Linsen sind auch die Vitamine B1, B2 und Folsäure enthalten. Linsen haben unter den Leguminosen den höchsten Gehalt an Eisen (8mg pro 100g getrocknete Linsen). Dieses Eisen ist jedoch nicht schlechter verfügbar, da es in einer anderen Form vorliegt als in tierischen Produkten. Im Gegensatz zum Hämeisen (in tierischen Produkten) enthalten pflanzliche Lebensmittel Nicht-Hämeisen welches für den Körper schwieriger aufzunehmen. Diese niedrigere Bioverfügbarkeit wird durch die in Hülsenfrüchten enthaltene Phytinsäure gehemmt. Durch Vitamin C (Ascorbinsäure) kann die Eisen- und Zinkaufnahme gefördert werden. Dies kann durch die Kombination mit Vitamin C reichen Lebensmittel wie Peperoni, Kiwi oder auch Zitronensaft erreicht werden. Eine leckere Variante ist der Linsen-Gemüse-Gratin

Die grosse Vielfalt an Linsensorten bringt auch ein breites Spektrum an sekundären Pflanzenstoffen mit sich. Eine grobe Einteilung kann nach den Farben der pflanzlichen Lebensmittel gemacht werden. Es wird unterteilt in grün, rot, orange, weiss und violett. Linsen sind, ausser im weissen Spektrum, überall vertreten. Gemüse und Früchte sollten in allen Farben des Regenbogens konsumiert werden, so auch die Linsen. Die verschiedenen sekundären Pflanzenstoffe haben verschiedene gesundheitsförderliche Wirkungen auf den Körper, daher sollte auch unter den Linsen variiert werden.

Aufgrund des erhöhten Nahrungsfasergehalte, sollte die Einführung von Hülsenfrüchten langsam stattfinden. Der Magen-Darmtrakt muss sich erst an grössere Mengen Nahrungsfasern gewöhnen. Anfangs kann es daher zu Verdauungsbeschwerden kommen, jedoch klingen diese wieder ab. Um einer Verstopfung (Obstipation) vorzubeugen, ist es wichtig genügend zu trinken. Empfohlen werden 1–2 Liter Wasser oder ungesüsster Tee pro Tag. Bei grosser Hitze oder körperlicher Anstrengung vergrössert sich der Flüssigkeitsbedarf und dieser sollte kompensiert werden.

Hülsenfrüchte sind überall auf der Welt ein wertvolles Nahrungsmittel. Sie enthalten viele unterschiedliche Nährstoffe, welche zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen aber auch bei Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck oder erhöhten Blutfettwerten unterstützen können.

How To’s

Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Hülsenfrüchte als wertvolle Proteinquelle mind. 1–2 Portionen wöchentlich und abwechslungsreich einzubauen. Eine Portion entspricht 60–100g Rohgewicht oder 3–5 Esslöffel. In gekochtem Zustand sind das 150–250g Hülsenfrüchte.

Hülsenfrüchte kommen ohne Einweichen aus. Sie können direkt gekocht werden. Eine Ausnahme bildet die grosse Tellerlinse welche 3–4 Stunden eingeweicht werden sollte um die Garzeit zu verkürzen. Das Einweichwasser sollte weggegossen werden. Durch die Erntemethode können kleine Steinchen mit in die Verpackung geraten sein. Dies sollte beachtet werden oder zumindest kurz kontrolliert werden.

Je nach Linsensorte unterscheidet sich die Garzeit. Gelbe und rote Linsen benötigen nur ca. 10 Minuten, alle anderen Sorten ca. 20–30 Minuten. Noch schneller geht es in einem Dampfkochtop. Das Kochwasser kann gesalzen werden, die Garzeit wird dadurch nicht beeinträchtigt. Säure (Essig, Zitronensaft etc.) sollte jedoch erst nach dem Kochen hinzugefügt werden, da die Linsen sonst hart bleiben. Am besten werden Linsen zugedeckt bei mittlerer Hitze in reichlich Wasser gegart. Wenn sie in einem Eintopf oder einem Linsen-Dal gekocht werden, fällt das natürlich weg. Das sich auf der Oberfläche ein leichter Schaum bildet ist normal, dies sind austretende Proteine.

Die verschiedenen Linsensorten haben unterschiedliche Geschmacksprofile.

Ganze Linsen sind glutenfrei, bei verarbeiteten Produkten sollte die Zutatenliste beachtet werden. Auf dem Markt gibt es mittlerweile einige Produkte die mit Linsen hergestellt wurden. Linsen-Pasta oder auch Linsenkuchtenteig sind Alternativen die man gut ausprobieren und in eine ausgewogene Ernährung einbauen kann. Auch Mischungen von Getreide und Linsen sind getrocknet wie auch tiefgekühlt erhältlich. Bei Linsen in der Konservendose gibt es verschiedene Varianten wie gekochte Linsen, Linsen mit Gemüse und Linsen mit Speck. Gekochte Linsen aus der Dose sind eine schnelle Möglichkeit ein Gericht proteinreicher zu machen und sind ein guter Vorrat. Getrocknete Linsen sind lange haltbar wenn sie dunkel, trocken und verschlossen aufbewahrt werden.

Fazit

Linsen sind ein wertvolle Nahrungsmittel welche in verschiedenen Variationen und Formen zubereitet werden können. Sie sollten vermehrt in den Speiseplan integriert werden und eignen sich hervorragend für vegetarische Gerichte. Es wird Zeit, das sie das schlechte (Geschmacks-)Image ablegen und leckere Rezepte gekocht werden!

Quellen

BIO Aktuell, Das Magazin der Biobewegung; 9/ 2017; Heikle Hülsen: Wie Linsen sich lohnen

Helena Ferreira, Marta Vasconcelos, Ana M. Gil & Elisabete Pinto (2020): Benefits of pulse consumption on metabolism and health: A systematic review of randomized controlled trials, Critical Reviews in Food Science and Nutrition, DOI: 10.1080/10408398.2020.1716680

http://www.biofarm.ch/landingpages/linsen-aus-der-schweiz, abgerufen am 16.08.2020

https://de.wikipedia.org/wiki/Linse_(Botanik), abgerufen am 16.08.2020

https://eatsmarter.de/lexikon/warenkunde/huelsenfruechte/linsen, abgerufen am 16.08.2020

https://www.agroscope.admin.ch/agroscope/de/home/themen/pflanzenbau/ackerbau/kulturarten/alternative-kulturpflanzen/linsen.html, abgerufen am 16.08.2020

https://www.biopartner.ch/de/aktuelles-archiv/2019/2019-10-01-biofarm-huelsenfruechte-koernchen-mit-power/, abgerufen am 16.08.2020

https://www.kitchenstories.com/de/stories/alles-was-du-uber-linsen-wissen-solltest, abgerufen am 16.08.2020

https://www.naehrwertdaten.ch/de/, abgerufen am 16.08.2020

Kim SJ, de Souza RJ, Choo VL, et al. Effects of dietary pulse consumption on body weight: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Am J Clin Nutr. 2016;103(5):1213–1223. doi:10.3945/ajcn.115.124677

Kohlenhydrate in der Ernährung, Stellungnahme und Empfehlungen der Eidgenössischen Ernährungskommission (EEK) 2009

Marinangeli CPF, Curran J, Barr SI, et al. Enhancing nutrition with pulses: defining a recommended serving size for adults. Nutr Rev. 2017;75(12):990–1006. doi:10.1093/nutrit/nux058

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