Value Proposition Canvas für Content Strategen — oder: Der Chef ist auch nur ein Kunde.

Sabine Ettema
CosARTig’s Blog
Published in
4 min readMar 6, 2017

Wie schon in einem meiner letzten Beiträge grabe ich auch heute in meiner Methodenkiste und stelle ein Modell vor, das uns helfen soll, neben unseren Kunden auch unsere CEOs besser zu verstehen.

Wir sprechen immer wieder von “userzentrierter Entwicklung”. Schön. Damit meinen wir auch meist unseren Kunden, einen Lead oder einen potenziellen Bewerber. Doch wie wäre es, wenn wir dieses Wissen einmal dafür verwenden uns Content Strategen intern zu verkaufen. Soll heißen, wir stellen einmal die Geschäftsführung (oder Abteilungsleitung) in den Fokus unseres Interesses und überlegen uns welche Ziele, aber auch welche “Pains” diese hat und wie wir diese als Content Strategen lösen können.

Der “Kunde” im Mittelpunkt

Ich arbeite nun seit gut zwei Jahren mit dem Value Proposition Canvas (VPC) in der Strategieentwicklung. Dieses Tool versteht sich quasi als Ergänzung zum Business Model Canvas, über das ich bereits in einem anderen Beitrag geschrieben habe. Es erweitert das Geschäftsmodell um eine sehr wesentliche Dimension, nämlich die Kundensicht.

Quelle: businessmodelalchimist

Wir gehen hier ab der ersten Minute weg von unserer eigenen Sichtweise und von unserem eigenen Angebot. Wir versetzen uns ganz in unseren Kunden und überlegen uns, wie sein Job, sein Umfeld, seine Position in der Firma, eventuell sogar sein Privatleben aussehen könnte. Je mehr wir über ihn wissen, desto besser.

In weiterer Folge beschäftigen wir uns mit seinen täglichen Herausforderungen, seinen “Pains” ebenso wie mit seinen Wünschen und den Themen die ihm Freude bereiten und ihn erfüllen (“Gains”). Erst wenn wir dieses Bild vervollständigt haben, kümmern wir uns darum, ob und wie WIR ihn dabei unterstützen können, seinen täglichen Job gut zu erledigen und seine Probleme zu lösen. Dabei muss es sich nicht um eine einzige Person handeln, sondern es kann durchaus eine ganze Zielgruppe sein.

Quelle: businessmodelalchimist

Hier zeigt sich vielleicht, dass einige unserer Produkte oder Serviceleistungen keinerlei Nutzen für die gerade betrachtete Zielgruppe (oder Person) darstellen. Andere sind jedoch extreme “Pain Relievers” und das war uns bis dato gar nicht klar. Damit fällt es uns leichter auf jene Dinge zu fokussieren, die auch als besonders nutzenstiftend wahrgenommen werden.

Coscamp als Impulsgeber

Vor dem letzten Barcamp für Content Strategen — dem Coscamp — wurde ich von meinen Kollegen gefragt, ob ich diese Methode vorstellen möchte. Klar … nichts lieber als das! In der Vorbereitung darauf habe ich mir lange Gedanken darüber gemacht, wie ich dieses Tool direkt an einem konkreten Beispiel durchspielen kann, so dass sich die Teilnehmer sofort damit anfreunden können. Also Learning by Doing statt Vortrag.

Die Schwierigkeit liegt hier ja nicht in der Methode selbst, sondern darin, dass man sehr genau wissen muss, wie die Zielgruppe die man hier analysiert “tickt”. Nachdem das Publikum auf einem Barcamp sehr vielfältig ist und hier Leute aus unterschiedlichsten Branchen zusammenkommen, fiel es mir schwer ein Projekt zu finden, in das sich sofort alle versetzen konnten.

Da hatte ich in letzter Minute doch noch eine Eingebung: Was war es, das alle Teilnehmer einte? Klar: Die Arbeit als Content Stratege bzw. der Wunsch als Content Stratege zu arbeiten. Warum also nicht einmal vom externen Kunden weggehen und sich überlegen, wie man den internen Kunden zufriedenstellen kann. Am Beispiel des eigenen Chefs oder des Geschäftsführers. Denn erst wenn wir verstehen, welche Herausforderungen und “Pains” er hat, wissen wir, wie wir ihn dabei bestmöglich unterstützen können. Das klingt jetzt vielleicht selbstlos. Ist es aber keineswegs, denn letztendlich geht es auch darum, die eigene Position zu verteidigen oder auszubauen. Und je genauer wir wissen, wie und wo wir hier ansetzen können umso besser und selbstsicherer können wir uns auch intern verkaufen. Der Chef wird hier zu unserem Kunden, dem wir unsere Leistung verkaufen.

Spontan improvisieren

VPC Session am Coscamp Graz — Foto von Lea Dvorsak

Mit diesem Plan konnte ich mich anfreunden. Dennoch fragte ich am Coscamp in die Runde ob jemand eine Idee oder ein Projekt hätte, das er gerne durchspielen möchte. Und siehe da, meine liebe Kollegin Anna kam mit einem tollen Beispiel aus der Gesundheitsbranche. Ein Beispiel mit dem sich wiederum sämtliche Teilnehmer sofort identifizieren konnten. Das Beispiel wurde sofort angenommen und mit vollem Einsatz durchgespielt. Die Ergebnisse waren zum Teil sehr überraschend und die Inputs einiger Teilnehmer verblüffend fundiert. Und das obwohl keiner Zeit hatte, sich mit dem Thema vorab zu beschäftigen. Die Zeit dieser Session wurde natürlich zu kurz um das Modell in der Tiefe fertigzudenken. Dennoch hoffe ich, dass es auch für Anna ein brauchbarer Start in diese Methode war und sie das Modell in Ruhe gemeinsam mit ihrem Kunden weiterentwickeln wird.

Und was meine Idee betrifft, den CEO in einem Value Proposition Canvas näher zu beleuchten, so findet sich hier ganz sicher noch eine Gelegenheit, das nachzuholen. Falls ihr vor mir die Gelegenheit habt, die Methode in diesem Zusammenhang anzuwenden, freue ich mich über eure Erfahrungsberichte.

Weiter Infos zum VPC findet ihr auf der offiziellen Seite von Strategyzer.

Eine Kurzanleitung gibt es auch auf meiner Seite der Konzeptschmiede.

--

--

Sabine Ettema
CosARTig’s Blog

marketing strategy, content strategy, konzeptschmiede