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Was macht eigentlich guten Content aus?

Judith Köck
CosARTig’s Blog
Published in
4 min readMar 26, 2017

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Wie und in welcher Form setzt man Inhalte gezielt ein und wie misst man, ob man damit tatsächlich das angestrebte Ziel erreicht?

Eigentlich hatte ich schon ein Thema für meine Masterarbeit gefunden. Es hat mich nicht gefesselt, aber es schien machbar. Doch ganz plötzlich habe ich mich umentschieden. Wie ist es dazu gekommen?

Ich besuche ganz selten Veranstaltungen der Versicherungsbranche, der Branche in der ich tätig bin. Tue ich es doch, geht es fast immer um biometrische Risiken, das sind versicherbare Risiken, die das Leben oder auch den Lebensunterhalt der versicherten Person betreffen. Es geht also darum Menschen und nicht Dinge abzusichern, was in meinen Augen schon Sinn macht.

Betroffen machen

Bei meinem letzten Veranstaltungsbesuch ging es um das Thema Berufsunfähigkeit. Es gab viele Fachvorträge von Vertretern verschiedenster Versicherungsgesellschaften, die eine Bandbreite von wirklich unterhaltsam bis geradezu einschläfernd abdeckten. Aber einer stach wirklich heraus.

Man hatte nämlich auch den Obmann des Vereins „Chronisch krank“ eingeladen, der über seine eigenen und die Erfahrungen anderer mit den Schwierigkeiten und Hürden eines Lebens als dauerhaft kranker Mensch erzählte.

Er sorgte damit für ziemliche Betroffenheit unter den Anwesenden. Der Hinweis darauf, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung vielen Kranken zumindest den finanziellen Druck genommen hätte, wäre eigentlich gar nicht mehr notwendig gewesen. Die vielen Versicherungsmakler hatten auch so verstanden, dass hier eine Absicherung Sinn macht.

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Storytelling in der Versicherungsbranche

Was mich und viele andere dabei angesprochen hat, war mit Sicherheit die Authentizität, mit der über das Thema berichtet wurde. So funktioniert gekonnt eingesetztes Storytelling, auch wenn es mir angesichts der heiklen Thematik schwer fällt, das auf diesen Aspekt zu reduzieren. Es klingt doch geradezu verwerflich das Leid anderer verkaufsfördernd einzusetzen.

Allerdings macht das persönliche Erzählen und die persönliche Empfehlung das Ganze wohl doch moralisch vertretbar.

Zumindest macht dieser Vortrag deutlich, wie gut es funktioniert abstrakte Themen über persönliche Erfahrungen zu vermitteln. Und gerade, wenn man, wie in der Versicherungsbranche, Produkte verkauft, die nicht greifbar sind und bei denen zudem oft auch kein Bedürfnis danach vorhanden ist, ist persönliche Betroffenheit zu erzeugen ein probates Mittel.

Versicherungsbranche nicht digitalaffin

Bei Veranstaltungen, also offline, weiß die Versicherungsbranche schon lange, wie man Informationen und Inhalte verkauft. Bei vielen großen Messen werden oft Prominente eingeladen, die publikumswirksam zu ausgewählten Themen erzählen. Unterhaltsam oder emotional wird so etwas in den Blickwinkel gerückt und wichtig gemacht. Im persönlichen Gespräch versuchen die Versicherungsgesellschaften dann ihr Gegenüber zu überzeugen.

Online sieht das leider noch ganz anders aus. Setzen einzelne Versicherer für manche Produkte zum Beispiel schon auf Storytelling in verschiedensten Kanälen, ist die breite Masse noch nicht sehr digitalaffin.

Webseiten sind zumeist auf rein sachliche Informationsvermittlung reduziert, Social Media Kanäle werden von vielen überhaupt nicht genutzt. Gerade in Österreich gibt es in dieser Branche noch erhebliches Verbesserungspotential, was das zur Verfügung stellen von zweckmäßigem Content betrifft.

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Wie misst man nun aber, ob der Content erfolgreich ist?

Mich hatte der Vortrag des „Chronisch krank“-Obmann also dazu gebracht mein Thema für die Masterarbeit noch einmal zu überdenken. Wäre das Ziel der Veranstaltung also gewesen, Berufsunfähigkeit als Thema für die Masterarbeit interessant zu machen, zumindest in meinem Fall hätte das funktioniert.

Nun war das offensichtliche Ziel aber, der Maklerbranche einen Berufsunfähigkeitsrechner zu verkaufen. Ein Ziel das sich klar an den verkauften Rechnerlizenzen festmachen lässt. Oder nicht?

Streng genommen könnte man der Veranstaltung nur jene Lizenzen zuschreiben, die auch tatsächlich sofort im Anschluss an die Veranstaltung oder mit Verweis darauf erworben wurden. Und selbst dabei können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob sich jemand schon vorab mit dem Gedanken eine Lizenz zu erwerben getragen hat, oder ob die Veranstaltung der Auslöser war.

Und selbst wenn wir den Verkaufserfolg auf die Veranstaltung reduzieren könnten, wissen wir noch nicht, was genau jemanden angesprochen hat.

Messbarkeit erfolgreichen Contents lässt sich also nicht auf einzelne Kennzahlen reduzieren, sondern muss immer auch im Kontext gesehen werden. Unternehmens-Content dient nie einem Selbstzweck, sondern hat immer ein erklärtes Ziel. Geht es dabei um Informationsverbreitung, Imagegewinn oder Produktverkauf, ganz gleich, was es ist, es geht immer um Zielerreichung, die auch messbar sein muss. Genau diesem Punkt werde ich in meiner Arbeit wohl besonderes Augenmerk widmen.

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Judith Köck
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