Die Gestaltung des Unternehmens

Ein Gespräch über Creative Leadership und die Rolle des Design in Organisationen, mit Jan-Erik Baars, Designmanager, Hochschulprofessor und Autor von „Leading Design”.

Steffen Vogt
Creative Leadership Salon Journal
11 min readJan 13, 2021

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Derzeit leitet Jan-Erik Baars den CAS in Designmanagement an der Fachhochschule Luzern (HSLU), wo er bis März 2019 einen Bachelorstudiengang in Designmanagement leitete. Mit seiner Publikation „Leading Design“ hat er eine Referenz in der Anwendung des Designs in Organisationen geschaffen, das ihn als führenden Experten in der Designstrategie und -Entwicklung bestätigt. Vor seinem Wechsel an die Hochschule Luzern im Jahre 2011 war er zwei Jahre bei der Deutschen Telekom in Bonn für das Designmanagement verantwortlich. Zuvor war er über 19 Jahren bei Philips beschäftigt, zuletzt als Design Officer für den Geschäftsbereich Peripheriegeräte und Zubehör. Seine Designarbeiten erzielten zahlreiche Designauszeichungen, darunter den Rotterdam Design Award und den IF-Award in Gold.

Das Buch „Leading Design” von Jan-Erik Baars zu Lesen geschah bei mir im richtigen Moment. Als ich vor einigen Jahren auf den Titel stieß und eintauchte, fügten sich plötzlich viele lose Gedankenstränge zum Themengebiet Design. Das Gefühl tiefer Resonanz blieb bis heute bestehen. Und umso naheliegender war der Wunsch nach einem geneinsamen Gespräch. Hier folgt es nun.

In Ihrem Buch Leading Design“ beschreiben Sie Design als eine der Kernkompetenzen von Unternehmen. Ich frage mich, ob man nicht noch einen Schritt weiter gehen und Design als Plattformdisziplin verstehen sollte. Also als die Disziplin, die alle anderen Disziplinen in einer Organisation miteinander verbindet und in Beziehung setzt. Im Sinne der vierten Ordnung von Richard Buchanans Four Orders of Design“, also als die Kompetenz die Systeme gestaltet. Und damit die Rolle einnehmen sollte, die in Unternehmen heute oft die Betriebswirtschaftslehre innehat.

Eine spannende Frage, die mich genauso umtreibt, daher habe ich auch zum Beispiel in meiner Hochschultätigkeit 2019 die Fakultäten gewechselt, von der Design- in die Wirtschaftsfakultät. Es ist seit Langem bekannt, dass es für die Betätigung im Design ebenso eine Kompetenz im Management benötigt. Gestaltungsleistungen bzw. Designkompetenz lassen sich in einer Organisation nicht entwickeln, ohne dabei mit dem Management in Berührung zu kommen, also mit der Betriebswirtschaft.

Was zeichnet dann Ihrer Meinung nach einen guten Designer aus?

Diese Person sollte als eine Querkompetenz Managementfähigkeiten besitzen, denn er oder sie muss sich verbinden können, in andere Prozesse integrieren können und in der Lage sein, die eigene Arbeit verständlich zu beschreiben. Dafür werden Ressourcen, Zeit, Menschen und Geld benötigt.

„[Es ist] sonnenklar, dass gute Managerinnen, spätestens wenn sie in Führungspositionen geraten, auch Gestaltungskompetenzen benötigen.“

Umgekehrt stellt sich die Frage, wie viel Gestaltungskompetenz sollten Betriebswirtinnen besitzen?

Es ist klar, dass Managementkompetenzen zu den Kernfähigkeiten gehören sollten: das Planen, das Strukturieren, das Beschaffen sowie die Verwaltung und Absicherung. Doch sucht man nach der Gestaltung als Kompetenz, merkt man leider oft, dass diese nicht vorhanden ist. Dabei ist es sonnenklar, dass gute Managerinnen, spätestens wenn sie in Führungspositionen geraten, auch Gestaltungskompetenzen benötigen.

Warum?

Neben dem Verwalten dessen, was da ist, müssen sie Sinn und Zweck, Zielsetzungen und Strategien entwickeln. Dafür ist Gestaltungskompetenz notwendig — Strategien fallen nicht aus der Luft, auch sind sie keine logischen Konstrukte, sondern es sind Konzeptionen. Sie sprachen von Richard Buchanans Four Orders of Design. Das Entwerfen von Visionen und Strategien, also auch Aufgaben von Betriebswirten, ist Teil der vierten Ordnung.

Richard Buchanan — The Four Orders of Design

In unserer Zusammenarbeit mit Organisationen und Unternehmen erlebe ich nicht selten, dass Menschen mit einem betriebswirtschaftlichen Hintergrund sich sehr schwer damit tun.

Dahinter steht für mich die Frage, wie wird dies bereits bewusst im Studium entwickelt und wie wird es gelebt. Reden Betriebswirte auch vom Gestalten? Ja, das tun sie, doch verstehen sie es als eine Form des Design? Eher nicht. Und vor allem: Sind sie in der Lage, dieses Design von Mentefakten in Verbindung zu setzen zu der Gestaltung von Artefakten oder Soziofakten — also dem Design von Objekten und dem Design von Prozessen und Interaktionen? In der Regel nicht.
Ich glaube, es gibt bereits in der Ausbildung die große Problematik, dass die Gewichtigkeit von Gestaltung als integrierter Bestandteil der Verwaltungsarbeit nicht erkannt wird.

Ich würde also nicht behaupten, eine der Ausprägungen — also die Gestaltung oder die Verwaltung — wäre wichtiger als die andere. Es sind beides gleichgewichtige Elemente in einer Organisation, allerdings ist dies ist in der Realität meistens nicht der Fall.

Wieso lässt sich diese Disparität noch immer so häufig beobachten?

Womit beginnt die Gründung eines Unternehmens? Fangen die Gründerinnen an zu verwalten oder zu gestalten? Zuerst gibt es immer eine Vorstellung davon, wie die Welt aussehen würde, wenn sie etwas täten und erst danach beginnt die Verwaltung. Der Initialfunken einer Organisation liegt also jedes Mal in der Gestaltung. Doch sobald ich dies einem klassischen Betriebswirten erzähle, herrscht meistens Unverständnis. Dann benötigt es immer Erklärung was Gestaltung wirklich ist.

Wie wichtig Gestaltung gesehen wird, steht leider im diametralen Kontrast im Vergleich zum Blick auf die Verwaltung.

„Der Initialfunken einer Organisation liegt jedes Mal in der Gestaltung.“

Ich kann dies aus meiner Erfahrung bestätigen. Verstärkend hinzukommen, meiner Meinung nach, die unterschiedlichen Perspektiven der beiden Disziplinen. Die klassische Betriebswirtschaftslehre schaut im Kern auf die Zahlen, also den Profit. Das Design hingegen blickt in erster Linie auf den Menschen und seine Bedürfnisse.
Und ich vermute diese menschenzentrierte Perspektive wird in der Zukunft noch entscheidender werden für den wirtschaftlichen Erfolg. Ohne die Betriebswirtschaftslehre negieren zu wollen, stellt sich daraus resultierend die Frage, welche Disziplin führt in der Zukunft Organisationen?

Ich glaube, die erfolgreichsten Unternehmen sind jene, die Gestaltung und Verwaltung gleichgewichtig betrachten und sie als solches auch perfekt einsetzen im Dialog untereinander. Die dialogische Führung ist ein gesetzter Begriff, eine Management- bzw. Führungskultur, die von einigen Firmen eingesetzt wird.
Führend in einem Unternehmen kann meiner Meinung nach nur die Sinnstiftung sein, also für einen Kunden zu agieren. Hierfür ist Gestaltung essenziell, denn am Ende muss die Kundin etwas bekommen, das für sie gedacht ist. Unabhängig davon, ob es sich um ein Produkt oder eine Dienstleistung handelt, ob es bezahlt wird oder nicht.

Unerheblich, ob For Profit oder Non Profit, die Dynamik ist in jeder Organisation gleich, seien es Unternehmen, NGOs, Schulen, Universitäten oder Krankenhäuser. Alle müssen ihren Sinn und Zweck verstehen und dann darauf hinarbeiten. Je besser eine Organisation dies schafft, umso erfolgreicher wird sie. Erfolg misst sich immer am Kundenzuspruch.
Der große Fehler, den viele Firmen machen, ist, dass sie diesen Dialog verpassen und nicht verstehen, dass es bei Unternehmen nicht um Geld geht, sondern — wie sie richtig sagen — um Menschen. Um die Kunden, die Mitarbeiterinnen, die Stakeholder, Lieferantinnen et cetera. Diesen Personen muss erzählt werden, wofür eine Organisation antritt. Die Sinnstiftung kann nicht nur aus dem Profit bestehen.
Auf der anderen Seite ist offensichtlich, dass ohne Ressourcen, ohne erfolgreiches Wirtschaften nie die Möglichkeit besteht, gewisse Werte zu erzeugen. Es bedarf also zwingend einander und zwar in einer bestmöglichen Abstimmung.

D’accord. Für mich ist das Design genau die Moderationsdisziplin, die dies herbeiführen kann, da ich es grundsätzlich als sehr eklektisch wahrnehme. Es vermag verschiedenste Ansätze, unabhängig von bestehenden Silos, in Beziehung zu setzen, zu verbinden, Muster zu erkennen und Altbewährtes zu durchbrechen. Dies ist aus meiner Sicht eine Kompetenz, welche ich in anderen Disziplinen eher seltener beobachtet habe, wenngleich ich natürlich in keiner anderen Disziplin einen derart tiefen Einblick besitze. Doch hinsichtlich der benötigten Moderationsfähigkeit zwischen der Gestaltung und der Verwaltung glaube ich, dass Design dies leisten kann und zunehmend auch leisten muss.

Wir sollten unterscheiden zwischen der formalen und der funktionalen Gestaltung. In Ersterem sind vor allem die Designer sehr aktiv, in der zweiten sind Designerinnen ebenso tätig, doch darüber hinaus auch weitere Berufsgruppen wie beispielsweise Ingenieure und Entwicklerinnen. In vielen Unternehmen haben diese Gruppen lange moderiert, gerade in den 1960er- und 1970er-Jahren, in denen Innovationen und Errungenschaften meistens technologischer Natur waren. In dieser Zeit war die Gestaltung dominant, nicht die Betriebswirtschaft. Die Verwaltung war immer schon da, doch sie diente der Gestaltung, wenn ich das einmal so ganz vereinfacht ausdrücken darf. Und dann begann die finanzdominante Zeit der Juristinnen und Betriebswirte. Spätestens ab den 1990er-Jahren wird das Phänomen des Geldes immer wichtiger. Der Shareholder Value rückt die Finanzen ins Zentrum und mit ihm die Verwalterinnen. Bis heute sind die Ressourcen, also Geld, das entscheidende Kriterium. Es geht nicht länger um die Entwicklung nützlicher Dinge, mit denen möglicherweise ein gewisser Fortschritt erzeugt wird, stattdessen folgt alles dem Ziel, das Unternehmen finanziell florieren zu lassen.

„Die Gestaltung [muss] wieder die Entscheidungen in Organisationen führen.“

Was sollte also Ihrer Meinung nach geschehen? Ist es Zeit für einen Wandel?

Ich bin damit einverstanden, dass der Verwaltungsapparat wieder in die Verwaltung zurücksollte. Sprich die Dominanz der Finanzmanagerinnen und Juristen sollte meiner Meinung nach überdacht und neu kalibriert werden. Damit einhergehend muss die Gestaltung wieder die Entscheidungen in Organisationen führen, wenngleich wir uns heute in einer Experience Economy befinden, in der Technologie eine andere Rolle spielt als vor 50–60 Jahren.
In einer Wirtschaft, in der es vermehrt um Erlebnisaspekte geht, benötigt es weniger Gestaltung durch die Ingenieurdisziplin, sondern vielmehr durch die Businessdesignerin, den Marketer oder die Gestalterin, die die Kundenbedürfnisse verstehen und beantworten. Also die Third & Fourth Orders-Designer, unabhängig davon ob sie aus dem Marketing, der Strategie, der Betriebswirtschaftslehre oder dem Design kommen.

Ich möchte betonen, dass es mir in der Sache nicht darum geht, den klassischen Autorendesigner, also den Fixpunkt, auf den alles ausgerichtet ist, zurückzuwünschen. Erst recht nicht bei weiter zunehmender Komplexität — das virtuose Zusammenspiel diverser Perspektiven und Blickwinkel in dieser Situation ist zweifelsfrei richtig. Meine Beobachtung ist: Es war früher ein Gestaltungsprozess und es ist heute ein Gestaltungsprozess. Und wer hat gelernt, Gestaltungsprozesse zu planen, zu organisieren, zu managen und abzuschließen? Diese Kompetenz findet sich im Design. Daher rührt mein Glaube an die moderativen Fähigkeiten dieser Perspektive für die unterschiedlichsten Prozesse in einer Organisation.

Ich denke, es gibt einige Designerinnen, die das können, ja. Ich würde nicht sagen, dass die Moderation zwingend aus dem Design heraus erfolgen muss, sondern aus der Gestaltung. Das ist für mich ein Unterschied, aber das ist vielleicht nur eine Frage der Vokabel, die jeder ein bisschen anders versteht. Hier vermischen sich auch die Bedeutungen des Wortes im deutsch- und im englischsprachigen Raum.

Der Creative Leadership Salon versammelt Menschen, die Unternehmertum, Kreativität und Führung miteinander verbinden. TwitterLinkedin

Wir sind eng beieinander in unserem jeweiligen Blick auf die Zukunft von Organisationen, denke ich.

Unabhängig der Disziplin, aus der man schöpft, bin ich davon überzeugt, dass es für eine gute Zukunftsarbeit zwingend klare Visualisierung bzw. Gestaltung von Visionen benötigt. Eine Arbeit, die all zu oft vernachlässigt wird. Stattdessen wird schnell mit der Vergangenheit argumentiert und an Sicherheit appelliert. Mir fehlt in den Prozessen zu häufig die Darstellung der Zukunft. Das führt zu Orientierungslosigkeit, welche sich wiederum auf die Beziehung mit den Kunden auswirkt. Dies lässt sich im Umkehrschluss gut erkennen an Firmen, die sich klar äußern, denn diese gewinnen an Gefolgschaft.

Gleichzeitig lassen sich immer häufiger kleinere mittelständische Marken beobachten, die in die Bedeutungslosigkeit abdriften. Blicken wir zum Beispiel in die Modebranche: Esprit, s. Oliver, Gerry Weber und wie sie alle heißen, sind Marken, die jahrelang für etwas standen und damit ihre Daseinsberechtigung hatten. Heute werden sie marginalisiert und ausgetauscht durch wenige große globale Marken. Und am anderen Ende finden sich dann noch einige kleine, oft lokale bzw. regionale Akteure.

Ähnliches lässt sich in vielen Branchen erkennen, es findet eine Art Entdemokratisierung des Marktes statt. Dadurch, dass auf die Differenzierung, also auf die Gestaltung, so wenig Wert gelegt wurde, sondern der Fokus stattdessen auf der Verwaltung und dem Geld lag — und die Kunden diesem Prozess scheinbar folgen — shoppen die Konsumenten entweder nach dem Preis oder nach extremer Differenzierung. Alles, was sich in der Mitte befindet, also dem, was einmal Vielfalt ausmachte, scheint langsam aber sicher wegzusterben. In der Folge gibt es auch für uns Designer weniger Arbeit, weniger Identitäten, weniger Varianten, weniger Gestaltungsfreiraum.

Sie glauben, die Schere zwischen den globalen Marken und den vielen kleinen Nischenanbietern wird weiter aufgehen?

Ja, ich denke, wir stehen vor einer echten Herausforderung. Ich persönlich denke, dass dies nicht unbedingt der menschlichen Natur entspricht, doch momentan vielleicht ein menschliches Bedürfnis abbildet. Die Suche nach Halt und Sicherheit in dieser Zeit wachsender Komplexität bildet sich auch im Konsum ab. Kunden suchen nach großen, überschaubaren Anbietern. In den meisten Märkten führt dies zu einem „The Winner Takes It All“ — ein Amazon, ein Facebook, ein Samsung und so weiter. Und irgendwo, ganz weit entfernt davon, auf der lokalen bzw. regionalen Ebene, gibt es dann noch kleine Nischenvarianten in einigen Märkten.

Hier sind wohl die Gestalter an sich gefordert, nicht länger der Verwaltungsdominanz zu folgen, sondern stattdessen zu agieren und in direkter Kollaboration mit allen Stakeholdern Alternativen zu entwickeln.

Es bedarf einer Eile, in der Tat. Allerdings sind die meisten Gestalterinnen in der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft tatsächlich nachgelagert beschäftigt, in der Rolle Design as Form Giving, der Gestaltung von Artefakten, also einer Beschäftigung in den ersten beiden Ordnungsstufen in Richard Buchanans Four Orders of Design.
Doch damit es in einer Unternehmung überhaupt zu der Entscheidung kommt, dass ein Artefakt entstehen soll, müssen zunächst Gestaltungsentscheidungen in den anderen beiden Ordnungsstufen getroffen werden. Ich meine, dass das Gestalten an sich und das Design als Kompetenz noch vielmehr in diese beiden Bereiche hineinwachsen muss, als es heute bereits der Fall ist. Design sollte Thema sein in der Strategie und in der Geschäftsentwicklung — Betriebswirte sollten viel häufiger mit dieser Denkweise konfrontiert werden und diese auch annehmen müssen.

Wie kann dies erreicht werden?

Es wäre unglaubwürdig, wenn ein rein formalorientierte Designer sich ab jetzt in den Bereichen der Strategie bewegt. Und es würde wohl nicht einmal funktionieren, da dies zwei Ebenen sind, die nicht unbedingt eine Passung miteinander haben. Vielmehr ist es elementar wichtig, dass sich einerseits klassische Designerinnen weiterentwickeln und ihr Gestaltungsgebiet der Artefakte verlassen, hinein in die Bereiche der Prozesse und Systeme. Gleichzeitig benötigen wir neue Studiengänge, die vielleicht nicht einmal länger in den Designfakultäten angegliedert sind.
Ich bin jetzt bereits jahrelang als Lehrender und Professor im Designmanagement aktiv und gerade an der Hochschule Luzern merken wir, dass das Designmanagement ein Thema ist, welches keine wirkliche fakultative Heimat hat. So bin ich an der technischen Fakultät, an der betriebswirtschaftlichen Fakultät, an der Designfakultät und sogar bei der soziologischen Fakultät aktiv. Auch mit der Informationstechnik gibt es Verbindungen und Projekte.

Wir haben es hier also mit einer Problematik zu tun, die ich das disziplinäre Denken nenne, getrieben durch die disziplinären Ausbildungen. Daher wird auch das Design als Disziplin wahrgenommen und das ist ein Problem, denn daher heißt es schnell einmal despektierlich „das sind die Designer“.
Ja, es gibt sie die Designer, doch es gibt auch noch das Design. Dass dies ist nicht zwingend das Gleiche ist, muss in die Köpfe aller Beteiligten, sowohl in die von Designern als auch in die von Betriebswirtinnen und Technologinnen.

Wo sehen Sie den Unterschied?

Ein Kollege von mir hat vor zig Jahren einmal eine Bild aufgemalt: Allerhand Disziplinen — schöne Silos — und eine davon war Design. Danach hat er das gleiche Bild genommen und einen Strich quer durch alle Bereiche gezogen. Diese Verbindung hat er als Designprozess bezeichnet. Ich fand es ein gelungenes Bild, denn es ist richtig, da dieser Prozess über alle Disziplinen hinweg verläuft.

Ich kann Ihre Gedanken schon allein anhand unseres eigenen Werdegangs von NAMENAME Creative Partners sehr gut nachvollziehen. Wenngleich interdisziplinär ausgebildet, sind wir zunächst mit der Gestaltung von Artefakten gestartet und haben uns von dort — mehr oder weniger unbewusst — in die dritte und vierte Ordnung hinein entwickelt. Es war für uns ein natürlicher Weg, das Modell von Richard Buchanan war uns lange nicht bekannt. Heute sind wir in allen Ordnungen aktiv, weshalb ich immer wieder begeistert sehe, welche Hebelwirkung wir mit unserer designgeprägten Denkweise auf den unterschiedlichsten Ebenen und in den vielfältigsten Bereichen von Unternehmungen erzeugen können.

Mit der Idee der Unterscheidung zwischen dem Designer und dem Designprozess schließt sich für mich nun die eingangs formulierte Idee, die Kompetenz des Design bzw. des Designprozesses als verbindendes, dialogisches Element in Organisationen zu denken, unabhängig davon, ob ausgebildete Designerinnen involviert sind oder nicht.

Der Dialog findet leider in vielen Unternehmen zu wenig statt, er bekommt zu wenig Raum. Dadurch kann die richtige Balance zwischen festen Strukturen und freiem Denken und Handeln nicht gefunden werden. Um dies zu erreichen, benötigt es — da bin ich ganz Ihrer Meinung — viel mehr Designkompetenz abseits der Artefakte, sondern vor allem in den Prozessen und in der Strategie.

DDDas Gespräch führte Steffen Vogt, Mitgründer und Partner bei NAMENAME Creative Partners und Co-Initiator des Creative Leadership Salon.
Der Creative Leadership Salon ist ein Münchner Veranstaltungsformat, das die gegenwärtigen Entwicklungen im Bereich der Unternehmensführung in Augenschein nimmt.

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Steffen Vogt
Creative Leadership Salon Journal

Harnessing the creative disciplines to build human enterprises. Partner at NAMENAME Creative Partners and Co-Initiator of the Creative Leadership Salon.