Ich kann an sich nichts, ich kann’s mit Leuten, das ist’s was ich kann

Steffen Vogt
Creative Leadership Salon Journal
4 min readOct 22, 2018

Ein Abend mit Chritoph Kraller, Geschäftsleiter der Südostbayernbahn (SOB)

Christoph Kraller ist seit 2001 einer von zwei Geschäftsleitern der Südostbayernbahn (SOB), einer 100%igen Tochter der Deutschen Bahn. Seit 2012 ist er systemischer Businesscoach, 2015 hat er eine Ausbildung zum Design Thinking Coach am Hasso-Plattner Institut in Potsdam absolviert.

Christoph Kraller ist ein Pfundskerl mit scheinbar grenzenloser Energie — ein Mensch mit einer Wucht, die unaufhaltsam ansteckend ist.

Donnerstagabend, 18. Oktober 2018. Christoph Kraller ist zu Gast im Creative Leadership Salon in München. Er ist Ur-Bayer und Eisenbahner in dritter Generation, der seine gesamte berufliche Laufbahn bei der Deutschen Bahn verbracht hat. Seit 2001 ist er einer von zwei Geschäftsleitern der Südostbayernbahn (SOB), einer 100%igen Tochter der Deutschen Bahn, und damit an Konzernvorgaben gebunden. Die Fragestellung, wie sich innerhalb starrer Konzernregeln Freiräume für das eigene Team zunächst schaffen und dann dauerhaft halten lassen, bildete den thematischen Rahmen für einen nachklingenden Abend.

Der Creative Leadership Salon versammelt Menschen, die Unternehmertum, Kreativität und Führung miteinander verbinden. • Twitter: @leadershipsalon

Christoph Kraller ist Mobilitätsdienstleister, der nach eigener Aussagen nie mobil war. Von seiner Kindheit bis heute hat er sich, nur in einem Radius von 30 Kilometern bewegt, von Reisen einmal abgesehen. Wenn er von seiner internationalen Erfahrung spricht, nennt er scherzhaft das gut 80 Kilometer entfernte Salzburg. Doch dass man nicht weltweit mobil sein muss um jede Menge zu bewegen, zeigt sich eindrücklich mit seiner Persönlichkeit.

Was ist das Besondere, das diesen Beamten auszeichnet? Vermutlich ist Christoph Kraller mit seinen Fähigkeiten — „Ich kann an sich nichts, ich kann’s mit Leuten, das ist’s was ich kann“ — genau an der richtigen Position, zwischen Konzernvorgaben, neuer Arbeitswelt und alteingesessenen, bayrischen Eisenbahnern. Er ist eine Membran für Herangehensweisen die sich Lean, Agil, Design Thinking et cetera nennen. Ein „Lern-Junkie“ der alles aufsaugt, sich gezielt fortbildet und schafft, dass seinem circa 800 Frau und Mann starken Team eine erstaunlich reibungslose Evolution gelingt. Unabhängig davon, ob diese die Vokabeln Lean oder Kundenservice trägt.

Ich drücke bei uns die Verantwortung soweit nach unten wie es geht. Die Verantwortung muss vom Management zu den Mitarbeitern, die sie tatsächlich haben — im direkten Kundenkontakt und im Operativen.”

Die Kundenorientierung ist vielleicht die auffälligste Auswirkung dieses Prozesses, bei dem die Verantwortung von Christoph Kraller „soweit nach unten gedrückt wird, wie es geht“. Gedrückt, klingt nach Zwang, doch das wäre die falsche Annahme. Es ist eine Formulierung, die vielmehr seinem urbayrischen Duktus geschuldet ist, nicht seiner Denkweise. Sein Anliegen ist, dass die Verantwortung dort übernommen wird, wo der Schmerz auftritt — zum Wohle des Kunden.

Damit dies möglich wird braucht es Freiräume und das Vertrauen der Kolleginnen und Führungskräfte im Unternehmen. Christoph Krallers langjähriger Erfahrung nach, wünschen sich die meisten Mitarbeiter die Verantwortung. Seinen Beobachtungen zu Folge übernehmen 20–30% der Kolleginnen und Kollegen die Verantwortung sofort. Sobald sich Menschen, die Verantwortung tragen möchten, herauskristallisieren, müssen sie gefördert und bei etwaigen Fehlern geschützt werden. Dann „wird eine Flamme daraus und die nächsten 40–50% folgen automatisch von ganz alleine“.

Besonders wichtig hierbei sei es, dass sich das „Führungsteam für nichts zu schade ist“. Übertragen auf die Südostbayernbahn heißt dies zum Beispiel, dass jede Führungskraft auch einmal einen kompletten Doppelstockwagen von Innen und Außen reinigt, um eine Vorstellung zu bekommen, wie schwierig diese Aufgabe eigentlich ist. Natürlich galt es dann den Unkenrufen zu trotzen, dass dies die vielleicht teuerste Reinigung in der Geschichte der Deutschen Bahn war. Der Wert der direkten Erfahrung, nicht nur für die Ausführenden, sondern auch für die Menschen, deren Job besser verstanden wird, ist jedoch unschätzbar für das gesamte Team.

Wir sind dankbar für einen inspirierenden Salonabend mit vielen weiteren gelebten Beispielen, Geschichten und Anekdoten, die eindrücklich zeigen, was Führung im 21. Jahrhundert heißen kann, wenn man sich nur traut. Dabei spielt es keine Rolle, wie groß oder klein, wie alt oder jung, wie traditionell oder modern eine Unternehmung ist. Frei nach Christoph Kraller: „Es kommt auf den Mumm an.“

EEEin Rückblick auf den Creative Leadership Salon N°6 von Steffen Vogt, Mitgründer und Partner bei NAMENAME Creative Consultancy und Co-Initiator des Creative Leadership Salon.
Der Creative Leadership Salon ist ein Münchner Veranstaltungsformat, das die gegenwärtigen Entwicklungen im Bereich der Unternehmensführung in Augenschein nimmt.

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Steffen Vogt
Creative Leadership Salon Journal

Harnessing the creative disciplines to build human enterprises. Partner at NAMENAME Creative Partners and Co-Initiator of the Creative Leadership Salon.