Innovation!

Konstantin Hondros
Creativity across Borders
3 min readMay 3, 2017

Die große, reiche Schwester der Kreativität zu Gast im Audimax der Universität Duisburg-Essen

Am 02. Mai besuchte ein Mann die Universität in Duisburg, dessen Anwesenheit und damit verbundener Vortrag seit Wochen auf Plakaten gleich dem Auftritt eines Politikers oder Popstars angekündigt worden war. Naturgemäß reichte das aus, mich von einer Teilnahme zu überzeugen und für einen Sitzplatz anzumelden. Angenehmes Zubrot, dass es sich bei Dr. Frederik Pferdt — ein Name, der in Erinnerung bleibt — nicht nur um einen Innovationsfachmann, sondern um einen echten Google-Mitarbeiter handelt. Eine Lehrstunde quasi aus der Ursuppe der Innovation war zu erwarten.

“Willkommen in Ihrer Zukunft”

ließ Dr. Pferdt den beinahe gefüllte Raum früh wissen, in welche temporäre Richtung sich innovatives Denken richtet. Nach vorne, in die Zukunft, dorthin, wo wir alle hinmüssen, aber selbst bei der Gestaltung derselben mitbestimmen können. Um die Mitbestimmung dieser eigenen Zukunft jedes und jeder Einzelnen war nun der geschickte Vortrag gestrickt, der zum Ziel hatte, sieben Denkweisen für Innovationen zu vermitteln. Hoffnungsfrohe sozial-psychologische Stehsätze, ein paar nett animierte Mitmachspiele auf bunten Zetteln und ziemlich viel “Google” machten — unterstützt von humorvollen Aussetzern der Technologie, ein Mikrophon wollte nicht, ein Alarm dafür ununterbrochen — den knapp 45-minütigen Vortrag kurzweilig.

Kurz skizzieren möchte ich den vorgestellten Zusammenhang zwischen dem Fortschritt von Technologie (also im Grunde Innovation) und dem Fortschritt des Menschen: während sich Technologie exponentiell “bewege” oder “voranschreite”, bewege sich der Mensch und vor allem sein Vorstellungsvermögen “nur” linear vorwärts. Diesen Zusammenhang habe ich in zwei Doodles festzuhalten versucht:

Die Menschheit bewegt sich linear, die Technologie exponentiell. Nach Dr. Pferdt besitzen wir Menschen mittlerweile 8,6 Milliarden Mobiltelefone. Damit gibt es zum ersten Mal in der Geschichte des Menschen mehr Einzelstücke einer Technologie als Menschen auf dem Planeten.

Diese Interpretation ist sicherlich übertrieben und vermutlich gewagt. Herr Dr. Pferdt hat dergleichen nie so gesagt, allein die Gegenüberstellung von Linearität und Exponentialität legte diese Zukunftsaussicht für mich nahe.

Zum Glück also haben wir unsere Zukunft in den eigenen Händen und können sie mit unseren eigenen Innovationen gestalten, anstatt sie von Innovationen anderer gestalten zu lassen. Mit Dr. Pferdts Worten: “Technologien bringen uns in die Zukunft, aber Sie entscheiden, wie diese Zukunft aussieht.” Ein beruhigender Gedanke.

Wie nun auf Innovationen kommen? Dafür sind die angesprochenen Denkweisen gut. Wie zu sehen sein wird allesamt keine “radikalen Ideen”, aber zusammengenommen eine ansprechende und leicht verdauliche Anleitung, um (zumindest irgendwelche) Ideen zu haben.

Inklusion ist das erste Schlagwort, das mit der Geschichte gewürzt wurde, wie eine Gruppe von rechtshändigen Entwicklern eine Youtube-Application entwickelten, die für 5–10% der Menschheit nur “kopfüber” funktionierte, nämlich die Linkshänder. Inklusion erlaubt an alle zu denken und Innovationen zu schaffen, die für alle zu gebrauchen sind. Eine weitere Denkweise steht damit in Zusammenhang: den Menschen (also den Kunden) immer im Blick zu haben und seine Bedürfnisse zu verstehen. Fragen zu stellen und noch viel mehr das Infragestellen sind für den Innovation — Evangelist Pferdt-so seine Berufsbezeichnung auf den campusweit platzierten Plakaten — weitere “Denkweisen” die zu Innovation führen.

Ideen sollen in Umlauf gebracht werden und nicht in der Schublade verschwiden, weshalb von Dr. Pferdt eine optimistische Kultur gefordert wird, die Visionen zulässt. Aus einem “Ja, aber…” solle ein “Ja, und…” werden, das Ideen aufgreift, sie weiter entwickelt, um schließlich zu Innovativem zu gelangen. Zentral für eine derartige Kultur sei die “psychological safty” von Mitarbeitenden, die dazu führt, Routinen hinter sich zu lassen und Innovatives zu entwickeln. Zuletzt wird noch der Mut zum Experimentieren und der generelle Forschergeist angesprochen.

Sieben Denkweisen also (vielleicht ein paar weniger oder ein paar mehr, ich habe nicht genau mitgezählt), die verhindern, dass etwas Innovation im Weg steht. Mir selbst hat der Vortrag schon geholfen: heute am Morgen schaute ich als aller erstes auf die Homepage von Nature, schnurstraks auf der Suche nach Fragen und Ideen, die innovativ sein könnten.

Die bunten Zettel wurden schließlich zu Papierfliegern gefaltet und nach einem Countdown Dr. Pferdts wie Raumschiffe gestartet. Kurz wimmelte es leuchtend über all den Köpfen, dann landeten die Flugblätter — manche beim Nachbarn, andere etwas weiter weg.

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