Wochenendlektüre #9
24. Juli 2015
Laura Poitras ist Oscar-Gewinnerin — und eine Vertraute von Whistleblower Edward Snowden. Die US-amerikanische Filmemacherin mit Wohnsitz in Berlin reiste in den letzten Jahren immer wieder in ihre Heimat USA und wurde dabei exzessiv observiert und kontrolliert. Deswegen hat sie nun eine Klage gegen die amerikanische Regierung eingereicht. Ursula Scheer von der FAZ hat Laura Poitras dazu interviewt.
Staat versus Meinungsfreiheit: Das hatten wir bereits in der letzten Ausgabe. Den wunderbaren Medium-Artikel des iranischen Bloggers Hossein Derakhshan über “The Internet we have to save” gibt es nun auch auf Deutsch bei der ZEIT. Wer ihn noch nicht gelesen hat — jetzt aber los!
Nicht nur soziale Netzwerke wie Facebook verändern das Internet nachhaltig und nicht immer zum Besseren (Stichwort: unabhängige Inhalte). Auch Ad Tech (zu deutsch: Werbetechnologien) unterhöhlen unser Treiben im Netz. Was da genau passiert, beschreibt Felix Salmon im Guardian.
Zu den Zeiten, als Hossein Derakhshan noch fleißig die iranische Bloggerszene als “Blogfather” promotete, war klar: “In the Internet, nobody knows you’re a dog.” Sind die Zeiten der Anonymität im Netz der Netze langsam vorbei? Und was bedeutet das für unsere digitale Identität, wenn Unternehmen wie Facebook eine der Kernaufgaben des Staates übernehmen, nämlich die Identität seiner Bürger festzustellen? Teresa Keil geht diesen Fragen bei politik-digital.de nach.
Identität, die Zweite: Schon heute analysieren Privatfirmen wie 23andMe auf Wunsch unser Erbgut. Wie Eike Kühl in der ZEIT berichtet, zeigt nun ein gruseliges Projekt, wie auf Basis der so erfassten DNA neue digitale Türsteher entstehen könnten: Wenn Login-Dienste auf genetische Daten zurückgreifen, um Nutzer zu verifizieren. So wird blitzschnell nachvollzogen, ob sich nun doch der besagte Hund oder ein Mensch anmeldet — und ob er den Ansprüchen des angepeilten Dienstes genügt: “Ungültig! Du trägst nur 22,72 Prozent der erlaubten europäischen Herkunft in dir.” Die oben besungene Egalität des Netzes wird so ausgehebelt — Dystopia lässt grüßen.
Beim Gedanken an DNA sind Kinder nicht weit entfernt: Im Blog der New York Times gab es in dieser Woche einen interessanten Beitrag von Jane E. Rody zur Auswirkung des Konsums digitaler Medien auf unseren Nachwuchs. Surprise, surprise: Ohne Folgen bleibt nichts, auch wenn dieser Diskurs ja bekanntlich recht kontrovers geführt wird.
Wir hatten es bereits angekündigt: Unser Co-Autor André Wilkens war im Rahmen des Tech Open Airs in Berlin letzte Woche bei Offtime zu Gast. Eine schöne Dokumentation des Abends rund um das Thema “Why analog counter-culture will disrupt technology” gibt’s in deren Blog.
Das sieht nach einem tollen Abend aus, finden wir! Wer darüber hinaus auf der Suche nach guter Unterhaltung ist, dem sei YouTube einmal mehr ans vergnügliche Herz gelegt: The Associated Press stellt gemeinsam mit British Movietone mehr als eine Million Minuten historischen News-Content online: Vom Erdbeben in San Francisco 1906 über exklusives Material des Angriffs auf Pearl Harbor bis hin zu Filmmaterial von 60er-Ikone Twiggy. Was das Herz begehrt, es findet sich in diesem einmaligen Archiv — Gänsehaut-Feeling garantiert.
Wir wünschen unterhaltsame Erkenntnisse und ein entspanntes Wochenende!
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