Die Bombe

Kai Schmidt
Das Sonar
Published in
2 min readNov 24, 2014

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Eine politische Waffe

Militärische Fähigkeiten eines Staates wirken sich direkt auf dessen Position im internationalen System aus. Und wie der Neorealismus beschreibt, ist diese entscheidend für das politische Geschehen auf dieser Ebene. Moderne Armeen verfügen über eine Vielzahl von Waffensystemen, die es den Staaten in unterschiedlichem Maß erlauben, Macht auszuüben. Einfach gesagt: Je weiter entwickelt die militärischen Möglichkeiten sind und je größer die Zahl dieser Waffensysteme, desto stärker wirken sie sich auf das Mächtegleichgewicht aus.

Dabei gibt es eine Ausnahme: Nuklearwaffen. Dieses Waffensystem, selbst in seiner technisch einfachsten Ausführung, ist so mächtig, dass allein die Existenz eines einsatzfähigen nuklearen Waffensystems die Machtstellung eines Staates radikal verändert. Andere Massenvernichtungswaffen, wie Kampfgase oder Viren, haben nicht dieselbe Wirkung. Sie sind viel schwieriger einzusetzen, sind ungenau, wirken oft zeitverzögert und das Ergebnis eines Einsatzes ist schwer im Voraus zu kalkulieren.

Nuklearwaffen hingegen garantieren eine sofortige, punktuelle und nahezu totale Zerstörungswirkung, wenn man von einem globalen Maßstab ausgeht. Kritische Infrastrukturen und Flächenziele, wie Städte, kann man auch ohne hochentwickelte Zielsysteme treffen, oder man kann Systeme, wie Interkontinentalraketen, mit großer Reichweite einsetzen und gleichzeitig eine ausreichende Genauigkeit garantieren. Auf einen Nenner gebracht, garantiert eine Atombombe die Auslöschung einer Stadt.

Die unvergleichbare Zerstörungswirkung schlägt direkt auf die Machtstruktur des internationalen Systems durch. Den Verlust auch nur einer Stadt kann sich faktisch kein Staat leisten. Dies führt dazu, dass Staaten, die im Besitz solcher Waffensysteme sind, Staaten ohne Nuklearwaffen militärisch überlegen sind, ungeachtet der anderen militärischen Fähigkeiten.

Ein Staat ohne Nuklearwaffen kann nicht riskieren, einen Staat mit diesen zu attackieren, denn damit würde er einen Einsatz der Nuklearwaffen gegen sich riskieren. Die Verluste durch einen solchen wären so groß, dass selbst ein kompletter konventioneller Sieg diese nicht ausgleichen könnte.

Ausgleichen lässt sich diese Unterlegenheit nur, wenn man selbst solche Waffen besitzt. Dies führt dazu, dass eine Atommacht selten alleine bleibt, wie man am Beispiel Indiens und Pakistans erkennen kann. Zwei Atommächte wiederum sind ein völlig neues Gefahrenpotential, das zunächst allerdings stabilisierend wirkt.

Keiner kann den anderen angreifen, da die Möglichkeit eines nuklearen Gegenschlags besteht. Jedoch kann durch irrationales Verhalten oder fehlerhafte Wahrnehmung jede Situation zu einem nuklearen Schlagabtausch führen. Solch ein scheinbar stabiles System kann also jederzeit zusammenbrechen, mit vernichtenden Folgen. Wir sehen, dass diese Waffensysteme durch ihre bloße Existenz das Machtgefüge komplett verändern.

Das Machtpotential von Nuklearwaffen ist in der Tat so groß, dass alleine der Versuch, in den Besitz dieser Waffen zu gelangen, politische Verwerfungen nach sich zieht. Ja schon die Fähigkeit, solche Systeme zu bauen, ist ein Machtfaktor, umso mehr, da sie mit der zivilen Nutzung von Atomenergie zusammenhängt. Der Konflikt mit dem Iran illustriert dies deutlich.

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