Leonard Nimoy als Mr. Spock. NBC Television 1967.

Faszinierend

Die Philosophie des Mr. Spock

Kai Schmidt
Das Sonar
Published in
3 min readMar 3, 2015

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Der Erfolg der Serie „Star Trek“ hängt wäre ohne die Figur des Mr. Spock kaum denkbar gewesen. Dieser war mit Abstand der interessanteste Charakter auf der Enterprise, was vor allem an der unvergleichlichen Schauspielkunst des Leonard Nimoy lag, durch den der Halb-Vulkanier zum Leben erweckt wurde. Nimoy schaffte es die so abstrakt wirkende Philosophie, welche die bestimmende Charaktereigenschaft von Mr. Spock und später aller Vulkanier werden sollte, in seine Rolle zu übersetzen und dem Zuschauer diese Idee praktisch vor Augen zu führen.

Diese Philosophie, die Ethik, welche in der Serie meist mit den Begriffen „Logik“ und „logisch“ verbunden ist, lehrt ein emotionsloses Leben und Handeln. Es handelt sich dabei um keine ausformulierte philosophische Denkschule, dennoch ist es eine selten klare Darstellung einer philosophisch/ethischen Idee, wie man sie in der Popkultur selten findet. Umso faszinierender (!) wenn man die zahlreichen Parallelen zur Philosophie Immanuel Kants erkennt.

Sowohl die Vulkanier als auch Kant sind Rationalisten. Gefühle sollen keinen Einfluss auf den Entscheidungsprozess haben. Was bei den Vulkaniern die Logik, ist bei Kant die Vernunft. Beides sind Methoden der rationalen Entscheidungsfindung ohne den Einfluss von Gefühlen. Die Vulkanier treiben dies mit ihrer Unterdrückung jeglicher Gefühlsregung sehr anschaulich auf die Spitze. Aber Kant ist nicht weniger extrem, wie man an seinem Kategorischen Imperativ erkennen kann.

Dieser wurde von ihm in verschiedenen Versionen ausformuliert, zur Erklärung soll hier eine ausreichen:

„Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“

Man soll so Handeln, dass das Motiv, die Begründung, die Idee welche der Handlung zugrunde liegt ebenso für alle anderen Menschen gelten kann, ohne dass daraus Chaos resultiert.

Verständlich wird diese mit einem Beispiel:

„Das Wohl vieler ist wichtiger als das Wohl eines Einzelnen.“

dürfte eines der bekanntesten Zitate Spocks sein.
Spock opfert sein einzelnes Leben um das der Besatzung der Enterprise zu retten. Er begründet sein Handeln mit dem eben zitierten Satz. Dieser „logische“ Grundsatz ist nichts anderes als eine Maxime im Sinne Kants, die für jeden ohne Ausnahme als Handlungsgrundsatz gelten kann.

Kant nennt das Lügen als Beispiel. Die Wahrheit zu sagen ist für das Funktionieren einer Gesellschaft wichtig, da sich die Menschen auf das Wort des anderen verlassen können müssen, um miteinander kooperieren zu können. Lügen stören die Kooperation und verhindern so menschliches Zusammenleben. Also muss man immer die Wahrheit sagen, will man dem Kategorischen Imperativ Folge leisten. Selbst wenn ein axtschwingender Irrer nach dem Freund fragt, den man in seinem Haus versteckt so muss man die Wahrheit sagen und den Aufenthaltsort des Freundes offenbaren.

Auch wenn dies seinen Tod bedeutet. Laut Kant trägt man dann an diesem aber keine Schuld. Im Gegenteil, wenn man lügt und der Mörder den Freund auf der Flucht durch die Hintertür überrascht, weil man ihn nicht ins Haus gelassen hat, so trägt man hierfür die volle Verantwortung. Man erkennt an diesem Beispiel gut, wie radikal Kants Anforderungen sind.

Der Emotionslosigkeit der Vulkanier sind diese sicher ebenbürtig.
Die Vulkanier folgen ebenfalls der Maxime nicht zu lügen, um einen weiteren Hinweis auf ihre enge Beziehung zu Kant zu liefern.

Nicht zu lügen ist eine wichtige kantsche Maxime, aber eine solche ist auch, dass das Leben von Menschen geschützt werden muss. Der Schutz jedes menschlichen Lebens kann ohne weiteres Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung sein. Im Beispiel des Axtmörders wiedersprechen sich nun diese Maximen. Ist es wichtiger den Freund, das menschliche Leben, zu schützen oder die Wahrheit zu sagen?

Das geniale an der Figur des Spock ist, dass Kants Ideen von ihr in die „Realität“ geholt werden. Spock und alle Vulkanier sind die perfekten Kantianer. Ihre Disziplin rational zu Entscheiden und zu Handeln ist übermenschlich. Diese Figuren werden nun in der „Realität“ der Episoden und Filme von Star Trek damit Konfrontiert, dass verschiedene Maximen sich widersprechen können. Wie kein Zweiter veranschaulichte die Figur des Mr. Spock und der Schaupieler Leonard Nimoy die Faszination und die Probleme des kantianischen Denkens.

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