Blockchain — Beyond the Hype

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3 min readNov 15, 2021

Von Janina Traue

Im letzten Artikel der Blockchain@DATEV Reihe ging es um die Grundlagen zum Thema Blockchain und dezentrale Identitäten (SSI). Diese beiden Technologien sind die Basis für unser derzeitiges Projekt, das durch diese Artikelserie beschrieben und erklärt werden soll.

Bereits seit einigen Jahren befassen wir uns bei Blockchain@DATEV mit der Optimierung ökosystemübergreifender Geschäftsprozesse und den dazugehörigen Belegen.

Vernetzte Ökosysteme gewinnen zunehmend an Relevanz, da Unternehmen durch sie ihr Ziel erreichen können, gemeinsam Werte für Kunden zu schaffen und um ihre Angebote attraktiver zu gestalten.

Besonders im vergangenen Jahr konnte ein erheblicher Aufschwung in der Digitalisierung von Prozessen erkannt werden und damit einhergehend der zunehmende Verzicht auf papierbasierte Dokumente innerhalb von Unternehmen. Lediglich im Bereich der unternehmensübergreifenden Prozesse werden Dokumente wie Auftragsbestätigungen, Liefernachweise, Rechnungen und andere steuerrelevante Unterlagen weiterhin auf Papier erstellt oder ausgetauscht. Dies führt zu hohen Ineffizienzen.

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben wir dieses Problem mit unserem Partner SAP adressiert. Daraus ist ein Proof of Concept entstanden, mit dem Unternehmen die Identität einer Person anhand ihrer digitalen dezentralen Identität verifizieren können. Dies garantiert, dass alle relevanten Transaktionen aller Parteien automatisiert und digital notarisiert werden und als Grundlage für die Rechnungsprüfung dienen. Gleichzeitig stellen die dezentralen digitalen Identitäten sicher, dass die Stammdaten der Dokumente immer korrekt sind und Unternehmen nur mit den jeweils richtigen und vertrauenswürdigen Partnern im Ökosystem kommunizieren.

Den Kunden „kennenlernen“

Im Proof of Concept digitalisieren wir zunächst den sogenannte Know Your Customer (KYC) sowie den Dokumentenprüfprozess. KYC ist der obligatorische Prozess, bei dem die Identität eines Kunden überprüft wird — etwa bei der Eröffnung eines Bankkontos. Ziel des Prozesses ist es, die finanzielle Situation des Kunden zu ermitteln.

Bisher sind diese KYC- und Dokumentenprüfprozesse zeitaufwändig, fehleranfällig und kostspielig, da die Informationen manuell überprüft werden.

Diese Prozesse beschleunigen wir und erhöhen deren Effizienz durch die sichere digitale Übermittlung von Belegen.

Alle am Prozess beteiligten kleine und mittelständische Unternehmen, sowie große Firmen und Steuerberater:innen erhalten eine verifizierbare digitale Identität (SSI), um eindeutig identifizierbar zu sein. Sowohl die Anmeldung in einem Webshop, die Bestätigung des Erhalts von Waren aus einer Bestellung als auch das Auslösen einer Bezahlung können mit unserem Proof of Concept durchgeführt werden.

Gleichzeitig werden die einzelnen Schritte automatisch in einem unveränderlichen verteilten Ledger notarisiert. Dadurch wird ein vollständiger und kryptografisch gesicherter gepflegter Prüfpfad erzeugt. Es kann jederzeit ein Dokument abgeglichen werden, um festzustellen, ob es sich um das Originaldokument handelt.

Digitalisierung des Steuer-Prozess

Nehmen wir als Beispiel einen Order-to-Cash Geschäftsprozess:

Ein kleines oder mittelständisches Unternehmen bestellt Waren bei einer großen Firma aus einem anderen EU-Land. Die Lieferungen von Waren und/oder anderen Dienstleistungen auf dem EU-Binnenmarkt sind im Herkunftsland mehrwertsteuerfrei, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Im Empfängerland muss der Käufer die Mehrwertsteuer auf diese Lieferungen entrichten. Bisher musste der Logistikdienstleister als Vermittler fungieren, um sicherzustellen, dass ein papierbasierter Nachweis über die Lieferung von Sendungen in ein anderes Land für Steuerzwecke unterzeichnet wurde. Darauf kann dank unseres Proof of Concept künftig verzichtet werden.

Ein:e Mitarbeiter:in des bestellenden Unternehmens kann sich stattdessen mit einem Berechtigungsnachweis (Credential) ausweisen, welcher von einer DATEV-Steuerberatung ausgestellt wurde und der die Person zur digitalen Unterzeichnung des Ablieferungsnachweises berechtigt.

Im Zuge dessen kann auch die Warenannahme auf Basis des digitalen Lieferscheins erfolgen, indem ein QR-Code gescannt wird, über den der Zustand/ die Vollständigkeit der Ware festgehalten wird. Schließlich wird mit diesem Schritt die Rechnungserstellung ausgelöst und die Rechnung an das DATEV-System des Empfängers übermittelt. Nachdem die Rechnung freigegeben wurde, wird die Zahlung dieser ausgelöst.

Die einzelnen Schritte erfolgen in einem wesentlich kürzeren Zeitfenster und erfordern zusätzlich keine manuellen Eingriffe. Steuerberater:innen werden frühzeitig in den Prozess eingebunden und haben die Möglichkeit, die erhöhte Transparenz für eine noch bessere Beratung ihrer Mandate zu nutzen.

Mit digitalen dezentralen Identitäten als Prozessmotor ermöglichen wir die Automatisierung und Digitalisierung des Belegflusses zwischen großen und kleinen Unternehmen, beschleunigen und verschlanken die Prozesse erheblich und machen einen großen Schritt in Richtung einer vollständig digitalen Buchhaltung. Die Notarisierungs- und Dokumententransfersysteme schaffen einen sicheren Prüfpfad und verringern den Aufwand bei der Auftragsübermittlung.

Wir verwandeln antiquierte, lästige und manipulierbare Schritte im Order-to-Cash-Prozess in moderne, überschaubare Abläufe mit nachvollziehbarer Integrität.

Freuen Sie sich auf den nächsten Artikel unserer Blockchain@DATEV Reihe, in dem es mit dem Thema DIDComm Messaging etwas technischer wird.

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