„Ein gutes Beispiel dafür, dass der Mensch die Natur nicht stören würde“

Birgit Unger
DELUXE Mallorca
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6 min readJul 10, 2017

Prof. Dr. Michael A. Popp lancierte Ende 2016 europaweit den verbesserten Wirkstoff für Bionoricas Bestseller Sinupret. Auf seinem Weingut Castell Miquel in Alaró arbeitet das neue Team an lokalen Produkten mit Bio-Label.

Das Weingut Castell Miquel in Alaró ist für prämierte Weine und seine Lage mit Weitblick bekannt.

Seine Forschungen im Bereich Phytopharmaka wurden mehrfach ausgezeichnet — zuletzt erhielt Prof. Dr. Popp 2016 den bayerischen Verdienstorden für sein nachhaltiges unternehmerisches Engagement und ehrenamtliches Wirken. Und auch insgesamt liegt ein Rekordjahr hinter der Bionorica. Das Unternehmen mit Sitz in Neumarkt in der Oberpfalz erzielte bereits 2015 einen Netto-Umsatz von 244,3 Mio. Euro–ein Plus von 5,1 Prozent zum Vorjahr. „Wir wollen weiter wachsen“, kommentiert Popp. Deluxe traf den Unternehmer auf seiner Event-Finca Sa Canova zwischen Llubi und Sa Pobla zum Gespräch über Landwirtschaft, fairen Wettbewerb und seine Unternehmensführung.

Prof. Dr. Popp, Ihr Weingut Castell Miquel lancierte nach dem Teamwechsel eine Produktlinie mit Marmelade, Olivenöl und Mandeln. Wie gelingt hier der Schulterschluss mit der Bionorica?

Wir setzen auf Qualität. Wir wussten, dass der Absatz gut funktionieren würde, weil ich aus eigener Erfahrung kenne, dass man zu Weihnachten oft unnütze Geschenke bekommt. Für unsere Kunden wollte ich einen guten Wein produzieren, damit wir immer ein schönes Präsent parat haben. So bin ich zum eigenen Weingut gekommen. Unsere Ärzte und Apotheker begannen dann, den Wein nachzukaufen, die damit den Großteil der Produktion abnehmen. Wir sind Marktführer in Russland und in der Ukraine im Segment pflanzliche Arzneimittel, dorthin geht auch unser Wein. Auf der Finca Sa Canova gibt es eine Show-Apotheke, wir bilden zum Phyto-Apotheker aus, viele Gruppen besuchen uns, über den Absatz des Weines muss ich mir wenig Sorgen machen. Wir produzieren zudem Kräuter-Salz und Mandeln als Werbegeschenk, das gehört zum Gesamtmarketingkonzept der Bionorica. Nun haben wir gerade eine eigene Marmelade aufgelegt, denn es hat mir leidgetan, dass wir 14 Tonnen Orangen liegen lassen. Also habe ich meinen Koch gebeten, ob er Marmelade daraus machen kann. Meine Mutter kam zur Verkostung und kocht nun nicht mehr selber ein. Das heißt schon was. Dieses Jahr produzieren wir 35.000 Gläser Marmelade, die hat gleich mein Marketing abgenommen.

Mallorca ist für meinen Wein gut, weil hier viele Deutsche leben. Ins Nikki Beach bin ich auf Druck der deutschen Gäste gekommen, die dort nach meinem Wein gefragt haben. Boden ist allerdings ein Problem, weil das Land so teuer ist. Landwirtschaft lohnt hier fast nicht. Wenn man Land zukaufen muss, ist das sehr teuer, fast alles ist Bauland, ab drei Hektar kann man Boden meist bebauen. Ich möchte gerne weiter Land zukaufen, aber zu vernünftigen Preisen. Sollte eine Währungsreform kommen, ist Landwirtschaft das richtige Geschäft. Essen müssen die Menschen immer.

Castell Miquel bietet neben der Weinprobe mit Besuch der Produktion auch die Mitarbeit bei der Weinlese an.

Seit 1995 bestellt die Bionorica extracts S.L. 100 Hektar Inselboden mit Heilpflanzen. Sehen Sie in diesem Bereich Wachstumspotenzial für junge Unternehmen?

Meine Grundeinstellung zu Mallorca ist schon, dass das Geld auf der Straße liegt, davon träumen auch viele Deutsche. Es gibt Geschäftsmöglichkeiten ohne Ende, weil man eben die deutsche Qualität, die man sucht, nur selten findet. Ich fliege meine Schreiner ein. Aber Mallorca ist kein Schlaraffenland. Im Gegenteil. Viele erwarten das, aber scheitern. Man hat mit Widrigkeiten zu kämpfen, die man nicht erwartet. Grundstoffe sind nicht zu bekommen und daher teuer. Es gab Phasen beim Weingut, da wussten wir nicht, wie es weitergeht. Gelieferte Ware war teils nicht brauchbar, dennoch wurden die Rechnungen gezahlt, weil der Lieferant ein Landsmann war. Es ist ein schwieriger Prozess.

Wo liegen die Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit spanischen Behörden?

In Spanien ist es noch wichtiger als in Deutschland, dass man Einheimische kennenlernt, denen man vertrauen kann und die gut vernetzt sind. Der Markt unterliegt anderen Gesetzen. Man sucht den Weg in die Politik, in meinem Fall zum Beispiel zum Bürgermeister in Sa Pobla oder Alaró. Natürlich sollte man auch mal örtliche Vereine unterstützen. Man muss sich integrieren. Ich habe Glück, dass die Familie, die früher auf meiner Finca aufgewachsen ist und heute Es Verger betreibt, mich als zur Familie gehörig behandelt. Man findet schon die richtigen Leute in den richtigen Kreisen. Mit dem früheren Landwirtschaftsminister entwickelte sich eine echte Freundschaft. Es ist aber schon schwer, nach Mallorca zu kommen und etwas aufzubauen, von dem man dann schnell leben kann. Insbesondere, wenn es um ein Weingut geht. Hier braucht man ein Durchhaltevermögen von zehn Jahren, bis man guten Wein produziert. Das geht natürlich nur, wenn man seine Wurzeln in Deutschland hat. Im Wettbewerb sind die Mallorquiner klar im Vorteil, weil sie schon durch die Schule vernetzt sind und einem das Leben schwermachen können und das auch tun. Manchmal wird mit harten Bandagen gekämpft, mit denen man nicht rechnet. Mein Prinzip war immer: Leben und leben lassen.

Auf Sa Canova können die Schulen der Insel Kurse über Heilpflanzen abhalten.

Planen Sie weitere Projekte auf Mallorca?

Landwirtschaftlich werden wir auf jeden Fall im Heilpflanzenanbau weiter wachsen, weil wir einen größeren Bedarf an Pflanzen haben, die hier wachsen. Wir konnten die Kostenstruktur deutlich optimieren. Wir exportieren Weine, Marmelade, Mandeln. Es gibt immer neue Produkte. Die mediterrane Küche liegt ja im Trend. Meine Kunden finden es toll, ökologisch angebaute Mandeln von hier zu bekommen oder unser Olivenöl.

Der Hauptsitz von Bionorica im oberpfälzischen Neumarkt gilt als eines der nachhaltigsten Gebäude der Welt. Welche der dort angewendeten Maßnahmen könnte man breiter nutzen?

Wir sammeln Regenwasser und wir produzieren Energie mit unserem eigenen Kraftwerk, das wir mit Pflanzenöl befahren. Neben elektrischer Energie entsteht Wärme, die wir zum Heizen und Kühlen nutzen. Auf Sa Canova reinigen wir das Wasser in einem Pflanzenbecken. Das Wasser wird so sauber, dass wir damit die Felder gießen können. Das kostet fast gar nichts. Wir zeigen das gerne, wenn jemand Interesse hat. Das gibt es sonst eigentlich nirgends. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Mensch die Natur nicht stören würde, sondern dass beide nebeneinander existieren können.

Prof. Dr. Michael A. Popp wurde bereits mehrfach mit Unternehmerpreisen ausgezeichnet.

Gibt es neue Projekte?

Das Spannendste ist die Zulassung für Sinupret extract. Das war eine große Nummer für die Bionorica, wir haben Millionen investiert und Jahre gebraucht. Es ist ein ganz neuer Wirkstoff geworden, und zwar aus den bestehenden fünf Pflanzen. Das weltweite Patent haben wir bis 2032 erhalten, so dass wir es hoffentlich auch bald in Spanien anbieten können. Früher war es in Spanien sehr schwer, echte Zulassungen zu bekommen, weil pflanzliche Arzneimittel hier als Nahrungsergänzungsmittel eingestuft werden. Da die Bionorica viel forscht, passte das nicht für uns. Mittlerweile sind die Spanier offen. Einige Zulassungen haben wir bereits erhalten, ständig kommen weitere dazu. Der einfache Weg führt über europäische Verfahren, die Timelines vorgeben, die von den Behörden eingehalten werden müssen und auch werden. In Polen warte ich auf eine Zulassung üblicherweise vier bis fünf Jahre. Über das europäische MRP-Verfahren bekomme ich innerhalb eines Dreivierteljahres eine Zulassung in Polen und gleichzeitig in weiteren Ländern.

Wir bedanken uns für das Gespräch mit Prof. Dr. Popp.

Fotos: Castell Miquel | Interview: Birgit Unger
Informationen unter bionorica.de

Das Weingut Castell Miquel liegt in ma­le­ri­scher La­ge in Alaró. Der Blick über das Tal geht ge­gen Os­ten, in Rich­tung der auf­ge­hen­den Son­ne. Der Le­gen­de nach war hier einst ei­nem mal­lor­quinischen Bauern ein En­gel er­schie­nen. Der En­gel empfahl ihm, an die­ser Stel­le ei­nen Wein­stock zu pflan­zen. Dies tat der Bau­er, und die Re­ben ent­wi­ckel­ten sich zu den bes­ten der In­sel. Aus Dank­bar­keit stell­te der Bau­er in einer na­he­ge­le­ge­nen Höh­le eine Ma­don­nen-Fi­gur auf. Hin­wei­se auf die Höh­le fin­den sich in den al­ten Plä­nen des Castells. Als Pro­fes­sor Michael A. Popp das Wein­gut er­warb, mach­te er es sich zur Auf­ga­be, das Ge­heim­nis zu lüf­ten. An den genannten Hän­gen re­kul­ti­vier­te er die al­ten An­bau­flä­chen der mal­lor­qui­nisch­en Bau­ern und tauf­te die Ter­ras­sen­flä­chen „Stair­way to Heaven“. Für den Fall, dass er die Höhle ent­deckt, soll da­rin ein Wein ausge­baut wer­den, der „Cueva Madonna“ heißen soll.

Die Besichtigungszeiten sind montags bis freitags von 12 bis 19 Uhr und am Samstag von 11 bis 14 Uhr, zudem werden Weinproben angeboten.

Mehr über Mallorca auf www.deluxemallorca.com.

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Birgit Unger
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PR & Content Creation. Fifteen years ago, Birgit took on the travel magazine DELUXE Mallorca as editor-in-chief. Her background is in advertising.