5 Tipps für ein gutes Mission-Statement

Rudolf T. A. Greger
Design Thinking Tank Magazine
5 min readJun 25, 2024

Ein Mission-Statement ist ein wirksames Mittel, um Energien in sich selbst, im Unternehmen, im Team, in der Organisation zu aktivieren und zu bündeln. Mit deinem Mission-Statement erklärst du, was du machst, um den Menschen zu dienen, und warum diese Bemühung wichtig ist. Es ist kurz, interessant und anregend formuliert und vermittelt Dringlichkeit; ansonsten ist es wertlos.

Stell dir vor: Es ist kurz vor einem Kampf. Die Krieger versammeln sich am Hügel. Auch der Feind bringt sich in Stellung. Vorne sitzt Prinz Eugen hoch zu Ross, zieht sein Schwert und brüllt den Kriegern zu, kurz bevor sie auf ihren Pferden in die Senke donnern: »Unsere Mission ist, Menschen mit klimafreundlichen, innovativen Energielösungen zu begeistern und zu vernetzen, die Nutzung erneuerbarer Energien zu steigern und die Energieeffizienz in allen Bereichen zu erhöhen. Neue Technologien — von künstlicher Intelligenz bis zur Blockchain — verstehen wir als Chance, um die Lebensqualität unserer KundInnen noch weiter zu erhöhen. — Und jetzt: Attacke!!!«

Klingt lächerlich, nicht wahr?

Aber Organisationen feuern so ihre Mitarbeiter an: Mit so komplexen Mission-Statements, mit so allgemeinen Aussagen und Worthülsen.

Freilich gibt es auch kürzere Versionen, die aber leider ähnlich wenig auszusagen haben: »Wir wollen die Stadt mit effizienter, leistbarer und zukunftsweisender Mobilität versorgen und unser Unternehmen noch klimafreundlicher und innovativer machen.«

Was geht mich das an? Soll mich das »als Krieger« anfeuern? Und überhaupt: Wann soll das erledigt sein? Wie kann ich (als städtischer Mitarbeiter), erkennen, dass wir unsere Mission erfüllt haben? Woher weiß ich, dass ich einen guten Job gemacht habe?

1. Ein Mission-Statement gibt Orientierung — und Kraft.

Ein Mission-Statement feuert nicht nur die Mitarbeiter an, es ist auch für Ein-Personen-Unternehmer (EPU), für Selbstständige, für Kleinunternehmer nützlich und wichtig.

Die Mission bei Klein-Strukturen ist meist implizit, das heißt, aus dem Verhalten der Chefin oder des Chefs ableitbar und spürbar. Häufig ist aber bloß ein »Lasst uns durchkommen« oder »Last uns die Löhne und Steuern bezahlen können« erkennbar. Damit bleibt es unkonkret und schwächt die Wirksamkeit als Gruppe — beim EPU die Selbstwirksamkeit.

Eine konkrete Ausformulierung deiner Mission richtet deine Kräfte aus. Damit werden die Vektoren der Begeisterung deiner Mitarbeiter parallelisiert und die Wirkung nach innen und außen verstärkt. So wie es wohl auch dem echten Prinz Eugen gelungen ist, die Energien seiner Kämpfer zu bündeln und auf ein Ziel auszurichten.

2. Das Mission-Statement ist nicht der Purpose, nicht das Why.

Die etymologischen Hinweise des digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache erklären »Mission« mit »ein gottgewollter oder ein bedeutsamer Auftrag.« Also etwas, das erfüllt sein soll. Somit etwas, das einen Termin hat.

Es ist aber auch in der Bedeutung »eine Bestimmung« genutzt. Eine Bestimmung ist etwas, das immer gilt. Peter Drucker nutzt »Mission« wohl in dieser Bedeutung. Das ist das, was wir modern mit dem »Purpose« oder dem »Why« (nach Simon Sinek) bezeichnen. So ein Purpose ist etwas Stabiles, immer Gültiges.

Ein Mission-Statement, das keinen Zielzeitpunkt hat, ist ein Wunsch, ein Traum. Dann ist es das, was wir immer und ewig machen wollen, dann ist es unser Purpose. Eine Mission hingegen ist ein »bedeutsamer Auftrag« — etwas, das innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfüllt werden soll.

3. Ein Mission-Statement beschreibt einen klaren Auftrag.

»Holt in der Dunkelheit der Nacht die verletzten Soldaten aus der Kampfzone,« ist keine immerwährende Bestimmung, sondern eine Mission. Es ist ein bedeutsamer Auftrag. Und der ist glasklar beschrieben: Wir machen X bis Y, fehlt nur noch der Grund: weil Z.

»Holt in der Nacht die Kameraden aus der Kampfzone, weil wir niemanden von uns im Stich lassen und es später — bei Tageslicht — nicht mehr möglich sein wird.«

Ein anderes Beispiel aus dem Geschäftsleben. Meine Vision lautet: »Durch Designen das Leben der Menschen zu verbessern«. Das ist mein immerwährender Wunsch, mein innerer Antrieb. Meine Mission hingegen ist, bis Ende dieses Jahres sechs Selbstständige dabei zu unterstützen, ihr Geschäftsmodell bewusst zu gestalten, weil es nicht sein darf, dass diese ihr grandioses Potenzial nicht zur Entfaltung bringen. Die Menschen (der Markt) brauchen diese Produkte, ihre Wertversprechen und würden ansonsten etwas vermissen.

4. Ein Mission-Statement hat kurze, konkrete Etappen.

Ein Mission-Statement ist also kurz, prägnant, einprägsam, anfeuernd und hat ein definiertes Datum in einer nahen Zukunft. Müsste eine Mission in 10 Jahren, also bis 2034, erfüllt sein, dann ist das nicht sehr motivierend: »Da haben wir ja noch jede Menge Zeit. Heute müssen wir uns dafür noch nicht anstrengen, diese Woche, diesen Monat auch nicht, und wenn wir irgendwann in diesem Jahr mit Aktivitäten beginnen, dann ist es noch immer recht. Bis 2034 ist es ja noch lang hin.« So oder ähnlich könnten die Gedanken der Beteiligten sein.

Ich spreche bei längerfristigen Zielen lieber von Vision. »Wir wollen bis Ende des Jahrzehnts einen Mann auf dem Mond landen lassen!«, das ist eine Vision. Damit diese Vision realisiert werden konnte, brauchte es mehrere Mercury- und Gemini-Missionen, die dann in den Apollo-Missionen mündeten, die schließlich die Vision Realität werden ließen.

Das Mission-Statement beschreibt eine kurze Etappe am Weg zum großen Ziel: »In diesem Monat!«, »In diesem Quartal!«, »Bis Jahresende!«

Ein Beispiel aus dem Familienleben: Wenn wir wandern sind, erzählen wir müden Kindern, dass wir gleich da vorne, bei der nächsten Serpentine, die zu sehen ist, eine Rast machen werden. Das motiviert die Kinder: Sie haben ein klares Etappenziel vor Augen.

Als Unternehmer ist die Zukunft nicht so leicht zu sehen. Was sage ich also meinen Mitarbeitern? Ich nenne ihnen die nächste Etappe. Die ist »in Sichtweite«, also nicht länger als ein Jahr entfernt oder näher. Freilich habe ich darüber hinaus eine Vision, wie sich die Dinge entwickeln sollen (die Berghütte erreichen) und ich habe eine Strategie, wie ich dort hinkomme (der Forststraße folgen, dann den Pfad über die Alm).

Dabei achte ich darauf, dass die Aussage kristallklar verständlich ist. Wer verwirrt, verliert!

5. Ein Mission-Statement verwendet keine Worthülsen

Bei vielen Mission Statements werden den Menschen ziemlich viele Worthülsen und Allgemeinplätze zugemutet. Was genau ist »zukunftsweisende Mobilität« oder »Energieeffizienz in allen Bereichen«? »Alles« heißt konkret »Nirgends«. Klüger ist es, wenn wir »Energieeffizienz beim Stromverbrauch und beim Heizen« anstreben. Daraus kann man Aktivitäten ableiten. Aber »in allen Bereichen« kann ich mich gut verzetteln, da bin ich nicht messbar. Oder ist das vielleicht die Absicht mancher Unternehmen …?

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Rudolf T. A. Greger
Design Thinking Tank Magazine

Management Designer and Design Philosopher; a Business-Coach for Design-Thinking & Service Design; a Writer, Facilitator, and Public Speaker in Vienna, Austria