10 Ratschläge an mein jüngeres Ich

Philipp Steuer
6 min readOct 28, 2015

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Ich schreibe ja sonst eher über Dinge wie Snapchat, Twitter und Social Media im Allgemeinen. All diese Dinge, die unser digitales Leben bestimmen. Dieser Text hier ist jedoch privater und intimer Natur. Der Grund dahinter: Ich bin heute Nacht gegen 3 Uhr ein viertel Jahrhundert alt geworden. Auch wenn ich sonst nicht viel auf Geburtstage gebe, so hat mich diese Zahl nachdenklich gemacht.

Die Älteren unter euch werden lachen. Es sind ja “nur” 25 Jahre. Der Junge hat doch keine Ahnung. Das mag sein. Für mich hingegen ist es ein viertel Jahrhundert voller Erfahrungen, die ich nicht missen möchte. Beim Nachdenken über die bisherigen Erlebnisse fielen mir einige Dinge ein, die ich gerne schon mit 15 gewusst hätte. Bevor ich sie jedoch vergesse, habe ich sie nachfolgend lieber aufgelistet. Vielleicht kann ich damit dem ein oder anderen von euch ebenfalls weiterhelfen.

Das ist ein Brief mit 10 Ratschlägen an mein 15 jähriges Ich.

Von Philipp (2015) an Philipp (2005)

1. Die Welt wartet nicht auf dich.

Auch wenn es hart für dich klingen mag, aber diese Tatsache wirst du noch sehr oft feststellen dürfen. Niemand wird von sich aus auf dich zukommen und dir die Dinge schenken, die du möchtest. Du wirst dir deinen Platz erkämpfen müssen. Immer und immer wieder.

2. Jede Arbeit verdient Respekt.

Du wirst deine Handwerkerfamilie zum Glück niemals leugnen können. Papa wird auch noch mit fast 60 Jahren jeden Tag als Dachdecker auf den Dächern Frankfurts unterwegs sein. In deinem Alter wirst du die körperliche und stumpfe Arbeit am Wochenende hassen. Du wirst ihm aus Wut auf einer Baustelle auch sagen, dass du nur studieren gehen wirst, um später nicht so eine Scheiße wie er machen zu müssen. Doch irgendwann wirst du feststellen, dass das eine Aussage war, für die du dich schämen solltest. Denn jede Arbeit verdient Respekt. Egal ob körperliche oder geistige.

3. Geld alleine macht nicht glücklich.

Noch so eine abgedroschene Phrase, ich weiß. Aber es stimmt. Du wirst Lebensabschnitte haben, in denen du gutes Geld verdienst. Du wirst dich freuen, wenn du dir direkt eine neue Playstation 4 kaufen kannst. Aber: Egal was es ist, das gekaufte Produkt wird dich nur für eine kurze Zeitspanne glücklich machen. Oder es deinem Kopf vorgaukeln. Klar, ohne Geld geht es auch nicht. Und du wirst deinen Mittelklassestandard nicht mehr missen wollen. Aber: Das dickste Konto nützt dir nichts, wenn der Rest deines Lebens nicht funktioniert.

4. Achte auf deine Gesundheit.

Womit wir bei einer weiteren wichtigen Erkenntnis wären: Der Gesundheit. Du bist jung und denkst dir, was schon passieren soll. Krank wird man schließlich erst im Alter. Doch eine sehr gute Freundin wird 2015 plötzlich Krebs bekommen. Mit 28. Das ist kein Alter, in dem man sich mit dem Tod befassen sollen muss. Doch keine Angst, sie wird den Kampf gewinnen und alles wird gut. Aber es wird dir zeigen, wie viel Angst du davor hast, krank zu werden. Es wird dir verdeutlichen dass, egal wie viel Geld du hast, egal wie viel Ansehen und Ruhm du genießen darfst — ist deine Gesundheit kaputt, hilft dir nichts mehr. Also achte auf dich. Geh mit allem meinetwegen schludrig um. Aber nicht mit deiner Gesundheit.

5. Internetruhm ≠ Real Life Ruhm

Dieser Punkt dürfte für dich, liebes 15 Jähriges Ich, besonders wichtig sein. Viele Abonnenten auf YouTube bedeuten nicht, dass du da draußen in der großen weiten Welt eine dicke Nummer sein wirst. Im Gegenteil. Als YouTuber wirst du sogar eher noch belächelt, weil du ja nur Videos machst und keine Ahnung vom wahren Leben hast. Haben die wenigsten der großen Videokünstler auch nicht, wie du mehrfach feststellen wirst. Natürlich gibt es auch Fälle wie Felix Kjellberg. Aber das sind Einzelfälle. Deshalb lautet meine Empfehlung: Jage nicht den Followern und Klicks hinterher. Denn Internetruhm ≠ Real Life Ruhm.

6. Auch Google macht nicht glücklich.

Du sitzt vielleicht wieder in deinem Zimmer und stellst dir vor, wie toll es doch sein muss, für einen Weltkonzern wie Google zu arbeiten.

Mit 22 wird sich der Traum erfüllen und du darfst für Google Deutschland arbeiten. Um dann nach einem halben Jahr festzustellen, dass es nicht so ist, wie du es vorgestellt hast.

Was du lernen wirst: Google ist definitiv für viele Menschen der beste Arbeitgeber der Welt. Aber nicht für dich. Was nicht schlimm ist, denn du wirst dadurch viele wichtige Erkenntnisse sammeln. Google wird für dich sogar der Beginn einer neuen Reise sein. Eine Reise Richtung Selbstständigkeit.

7. Nicht jeder wird dich mögen.

Diese Erfahrung wird dich hart treffen, schließlich hast du ja das Harmoniebedürfnis deiner Mutter geerbt. Wenn du neben deinem Job anfängst, Artikel, Grafiken und Videos online zu veröffentlichen, wird es nicht lange dauern, bis die ersten missgünstigen Menschen auftauchen. Obwohl du ihnen nichts getan hast, wird ihnen deine Art der Kommunikation nicht gefallen. Das teilen sie dir durch Kommentare und private Nachrichten mit. Es wird dich treffen. Du wirst es nicht verstehen. Aber weißt du was? Scheiß drauf. Du kannst die doppelte Mutter Theresa sein, irgendeine Person wird dich trotzdem kacke finden. Also versuch erst gar nicht, jedem zu gefallen.

8. Die Liebe des Lebens gibt es. Ohne Arbeit aber nicht lange.

Auch wenn du es nicht glauben wirst, weil ein bisschen Herzschmerz zwischendurch folgt: Du wirst definitiv die Liebe deines Lebens finden und sie heiraten. So ekelhaft kitschig das auch klingen mag. Ich meine damit nicht, dass du dich mit ihr den ganzen Tag eng umschlungen einen nie enden wollenden Hang voller Welpen hinunterrollen wirst, nein. Ich meine damit eine Frau an deiner Seite, die deine Macken akzeptiert. Du wirst dafür aber auch einiges tun müssen, denn Liebe ist Arbeit. Nur wenn beide Partner an dem Miteinander arbeiten und sich selbst nicht immer in den Vordergrund drängen, dann klappt es mit der Liebe. Aber das wirst du ja noch feststellen dürfen.

9. Meide schlechte Menschen.

Leichter gesagt, als getan, ich weiß. Aber es gibt dort draußen genug Menschen, die dir mit ihrer Art langsam aber sicher die Energie rauben. In Form von Freunden. Chefs. Verwandten. Auch wenn es mit 15 cool ist, viele Bekannte zu haben, lass dir gesagt sein: Konzentrier dich auf deine wahren Freunde. Die, die zu dir stehen. Sie verdienen deine Aufmerksamkeit. Und nicht irgendwelche Kollegen, die deine Freundlichkeit ausnutzen wollen. Eine Person, der du noch begegnen wirst, wird folgenden schlauen Satz sagen: “Wer nicht hinter dir steht, steht dir im Weg”. Recht hat sie. Deshalb meide schlechte Menschen.

10. Mach dein eigenes Ding und werde glücklich.

Glaub mir, wenn du das hier damals schon gelesen hättest, wäre die kommende Zeit um einiges entspannter gewesen. Ein Beispiel: Deine große Schwester wird dir sagen, dass “Schreiben” ja eher nicht so dein Ding ist. Deine Dozentin in der Fachhochschule wird dir mitteilen, dass deine Reportage nicht mehr als eine 4,0 ist. Doch weißt du was? Es ist vollkommen egal, denn genau durch diese unorthodoxe Schreibweise wirst du herausfinden, dass du Informationen besonders leicht und unbeschwert vermitteln kannst. Ohne große lyrische Ergüsse, dafür mitten auf den Punkt.

Dein erstes Buch wird folgen. Du wirst dadurch bei Google landen. In meinem Alter wirst du auf großen Bühnen stehen und anderen Menschen die digitale Welt erklären dürfen. Das Durchhalten lohnt sich, denn nur du weißt am Ende, was für dich am besten ist. Lass es dir von niemand anders kaputt machen und mach dein eigenes Ding!

Soviel dazu. Ich bin echt gespannt, was ich mit 40 oder 50 über diesen Text sagen werde und wie sich die Welt bis dahin verändert hat. Bestimmt werde ich auch dann wieder feststellen, wie naiv ich doch mit 25 war. Aber hey, genug von mir. An einem Geburtstag darf man sich ja auch immer etwas wünschen. Ich wünsche mir, dass ihr alle gesund bleibt, eure Liebe des Lebens findet und euch die Möglichkeit erarbeitet, das zu tun, was euch glücklich macht.

In diesem Sinne: Prost und auf das nächste viertel Jahrhundert.

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Philipp Steuer

Marketing Liebhaber. Buchautor. Läufer. Optimist. Menschenfreund. 100% Pflanzlich. Hundevater.