Fernsehen: Das unbeliebteste Medium bei den Jungen

Lineares Fernsehen wird von vielen Kindern mittlerweile als Strafe angesehen

Iwona Laub
3 min readAug 12, 2015

Es ist eigentlich jammerschade, dass Universal und andere Riesen in der Film- und Fernsehbranche nicht schon eher draufgekommen sind: Anstatt eine große Online-Mediathek mit dem Repertoire der Produktionsgrößen für eine monatliche Flatrate anzubieten, hat man sich stattdessen für den anderen Weg entschieden: Leute zu verklagen, die sich Filme runterladen (das gleiche gilt übrigens für die Musikbranche). Vielleicht ist es einfach Frust, denn wer hätte Ressourcen für so ein Projekt gehabt wenn nicht Hollywood? Man stelle sich vor: Man zahlt 20 Euro pro Monat, um auf die Filme zwischen 1990 und 2014 zu zahlen, weitere 10 Euro für Filme zwischen 1980 und 1990 und einzelne Filme kann man auch ganz einfach streamen. Das wäre doch der Hit gewesen. Und dann kam Netflix.

Netflix hat sicher in vielen Haushalten das Fernsehverhalten massiv verändert, auch bei mir und meiner Familie. Wir waren nie große Fernsehfreaks, aber mit Netflix hat sich einiges geändert: Als Eltern habe ich die Kontrolle darüber, was meine Kinder schauen. Jederzeit kann ich online nachsehen, welche Filme sie zuletzt gesehen haben. Außerdem kann ich ihr Profil auf bestimmte Altersgruppen festlegen, sodass sie gar nicht die Wahl eines Erwachsenenfilms haben. Ich habe das zwar noch nie genutzt, aber ich könnte. Jederzeit. Auch am Smartphone, wenn ich unterwegs und nicht bei meinen Kindern bin.

Mit meiner Tochter spreche ich viel über Internet, Technologien usw. Sie ist interessiert daran und sagt mir ihre Meinung. An Netflix gefällt ihr besonders, dass es sich merkt, wo sie aufgehört hat zu schauen. Dass sie immer und überall selbst entscheiden kann, was sie schaut, auch. Lineares Fernsehen gabs bei uns schon seit Monaten nicht mehr. Keiner nutzt es. Ich nutze die TVThek von ORF, wenn ich eine Nachrichtensendung nachsehen möchte und auch viele andere Fernsehsender haben eine Mediathek, wenn man etwas schauen möchte. Und was es nicht online gibt, interessiert mich eigentlich eh kaum mehr, weil es einfach nicht wichtig genug ist.

Wenn man Kinder im Alter zwischen 8 und 12 Jahren kennt und mit ihnen über solche Sachen spricht, gibt es kaum ein Kind, dass wirklich noch fernsieht. Also bewusst. Kein Kind setzt sich um 10.15 vor den Fernseher, weil da eine bestimmte Folge einer bestimmten Serie läuft. Die Kinder schauen das auf YouTube, auf Netflix oder bitten ihre Eltern, es irgendwie anders zu organisieren, damit sie es am iPad schauen können. Und da sind wir auch schon beim nächsten Thema: Das Tablet hat eigentlich den Fernseher abgelöst. Es ist mobil. Man kann im Zimmer, auf der Terrasse, in der Küche, ja sogar am Klo seinen Film weiterschauen. Ob das gut oder schlecht ist, möchte ich nicht beurteilen, aber es gibt den Kindern auch eine gewisse Art von Freiheit.

Ich wurde auf einen Artikel aufmerksam gemacht, der genau das beschreibt, was ich erlebe: Lineares Fernsehen wird von vielen als Strafe angesehen. Aus dieser Studie geht sogar hervor, dass der Fernseher nicht nur second, sondern in vielen Fällen mittlerweile der third screen ist. Also recht weit hinter Tablet und Smartphone. 57% aller Eltern geben an, dass ihre Kinder mittlerweile das Tablet gegenüber dem Fernseher bevorzugen, um Videos zu schauen. 58% aller Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren besitzen mittlerweile ein Tablet (n=800).

Besonders bei Kindern mit Geschwistern ist das Tablet ein individueller Gebrauchsgegenstand. Man muss nicht mit dem Bruder streiten, was man anschaut, weil dieser ganz einfach auf seinem eigenen Tablet sein Zeug ansehen kann. Kein Streit also bezüglich Fernsehprogramm.

Ich bin also wirklich sehr gespannt, wie sich das Fernsehen als solches entwickeln wird. Vor allem, wenn diese Kinder irgendwann eigenes Geld verdienen und ihren Medienkonsum selbst bezahlen und wählen können. Es liegt irgendwie nahe, dass das lineare Fernsehen als solches nicht wirklich beliebt sein wird. Möglicherweise ein Nischenprodukt. Aber in der Masse wird es sich definitiv nicht durchsetzen.

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Iwona Laub

Food practitioner. Lifelong writer. Certified troublemaker. Future teen idol. Wine lover.