Links und Senf #2
Digital macht Schüler doof? Aber Alte und Junge nutzen dieses Netz trotzdem. Heute gibt’s ein paar Links zu einem etwas bizarren Bildungsstreit, Nutzungsstudien zum Web und Lesetipps für Webworker und Onlinekommnunikatoren.
Beginnen wir fundiert — mit einer Studie. Die ARD/ZDF-Onlinestudie ist in der aktuellen Ausgabe erschienen. Dabei handelt es sich um eine der wenigen repräsentativen Studien zur Onlinenutzung in Deutschland. Und sie bringt eine Überraschung: Während die Internetnutzung in den letzten Jahren immer nur ein bisschen zugenommen hat, gab es im vergangenen Jahr einen Sprung, und zwar um vier Prozentpunkte auf 84 Prozent. Und für die ist das Smartphone das meistgenutzte Gerät für den Internetzugang. Insofern lässt sich gut nachvollziehen, dass Google diese Woche bekannt gegeben hat, dass der mobile Index künftig den Desktop-Index als Hauptindex ablöst. Für Website-Betreiber und SEO-Verantwortliche heisst das u.a., dass sie prüfen sollten, ob wirklich alle wichtigen Inhalte ihrer Sites problemlos mobil auffindbar sind — und natürlich die gesamten Seiten mobil problemlos dargestellt werden.
Nochmal zurück zur ARD/ZDF-Onlinestudie: Die Nutzung von Video und Audio im Netz ist wieder gestiegen, und Facebook und WhatsApp sind die beliebtesten Online-Dienste in Deutschland. Aber auch Instagram und Snapchat sind weiter attraktiv. Ähm, Kinder, tut mir leid, da müsst Ihr jetzt stark sein, denn Ihr seid nicht mehr unter Euch: Bereits 20 Prozent der Nutzer dieser Bilderdienste weltweit sind über 55. Sagt jedenfalls die internationale Connected Life-Studie.
Wenn das nur Manfred Spitzer wüsste. Der Neurowissenschaftler und Buchautor hatte diese Woche mit starken Worten Überlegungen von Bildungsministerin Johanna Wanka zu einer stärkeren Digitalisierung von Schulen niedergemacht: Er spricht von einem Skandal — schließlich führe Digitales an der Schule zu einer Verdummung der Schüler, einer Bildungskatastrophe. Das freut den obersten Lobbyisten von 160.000 Lehreren, Josef Kraus. Ganz in Spitzers Sinne plädierte er zuvor schon dafür, endlich mehr Geld in Schulbibliothken zu stecken anstatt in überflüssige WLANs. Denn, so ist sich Kraus sicher:
„Schule muss die jungen Leute von der Vorstellung abhalten, mit Hilfe moderner Medien könne man sich mühelos und punktuell die gerade gebrauchten Informationen einholen.“
Well, vielleicht wäre ja auch Medienkompetenz ein erstrebenswertes Lernziel? Für mich klingt das jedenfalls, als ob da jemand das Internet vom Hörensagen kennt und über zeitgemäße Bildungskonzepte nicht nachdenken mag. Oder wie die Kommentatorin von Deutschlandradio Kultur formuliert:
„Pädagogen, die das Netz als Lebenswirklichkeit von Heranwachsenden verleugnen, handeln daher aus meiner Sicht nicht nur realitätsverweigernd, sondern schlicht verantwortungslos.“
Statt eines „njet“ wünscht man sich da doch gerade von einem Lehrerverband eine differenzierte Position. Denn dass zukunftsfähiger Unterricht nicht automatisch entsteht, wenn mal WLANs installiert und mobile Geräte in den Händen der Schüler erlaubt werden, dürfte jedem klar sein.
Huch, jetzt bin ich doch wieder abgeschweift. Also wie versprochen noch ein paar unsortierte Links zu PR und Kommunikation:
Was sind die aktuellen Trends rund um Intranets? In Kürze: Es geht von der Informationsverteilung weg zur Vernetzung und Kommunikation (z.B. per Messenger) — und es muss natürlich auch mit mobilen Geräten funktionieren. Klingt banal, aber wenn man sich die Realität in vielen Unternehmen anschaut, ist das oft noch ein sehr weiter Weg.
Newsletter als persönlicher Kommunikationskanal: Wie wichtig Newsletter im Content Marketing sein können, ist vielen klar. Schließlich werden sie (so soll es zumindest sein) von den Empfängern bewusst bzw. freiwillig abonniert und können so ein Baustein zu einer Beziehung zwischen Anbieter und Empfänger sein. Im Content Strategist arbeitet Noah Waldman noch eine andere Perspektive heraus: Newsletter müssen nicht zwingend so konzipiert sein, dass sie einfach nur News, die auf der Website publiziert wurden, bündeln und distribuieren. Statt dessen könnten Newsletter mit einem eigenen und gern auch persönlichen Konzept — man denke an frühere Mails an den Bekanntenkreis — für die Leser eine ganz eigene Erfahrung darstellen. Ein Beispiel wäre ein persönlich gehaltener Newsletter eines CEO (oder einer anderen Person aus einem Unternehmen). Hier könnten Exklusivität, Personalisierung und Storytelling sehr gut zusammenkommen.
Passend dazu: Mike Connery von Weber Shandwick hält in einem Artikel ein flammendes Plädoyer für die Einbeziehung von Mitarbeitern in die Kommunikation. Seine Argumentation: Meinungsführerschaft (thougt leadership) entsteht am besten, wenn man unabhängig von Abteilungen und Hierarchien denkt. Diese Überlegung ist nicht ganz neu (ich glaube, Heinz Wittenbrink und ich haben vor etwa sieben, acht Jahren schon in unseren Blogs diskutiert, dass Kommunikationsabteilungen zu Ermöglichern von Kommunikation werden sollen), aber wenn die Berater großer Marken nun ähnlich argumentieren, ist das ja recht spannend
Und zum Abschluss noch ein recht junges Corporate Blog für alle, die immer mal ein Fallbeispiel suchen: Seit 21. September bloggt Aldi Süd. Da ist sogar der „stern“ verblüfft und stellt verwundert fest, dass beim Discounter offenbar die Zeiten vorbei sind, als das Unternehmen für Kunden und Presse kommunikativ ein Schwarzes Loch war. Zwar wird im stern-Artikel betont, dass das Blog bisher noch nicht der große Wurf, aber doch Zeichen für einen Paradigmenwechsel sei: Geheimniskrämer haben’s eben schwer heute. Es wird bestimmt spannend zu sehen, wie sich die Kommunikation des Handelsriesen entwickelt — mit einem Kommunikationschef auf Geschäftsführerebene wurden vor ein paar Monaten sicher wichtige Weichen gestellt.
Originally published at thomaspleil.de on October 16, 2016.
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