So überwinde ich meine Angst als Selbstständiger

Dominic Franck
5 min readDec 11, 2015

Meine ersten Wochen als selbstständiger Familypreneur habe ich mir anders vorgestellt. Die erste Krise liess nicht lange auf sich warten. MEIN Projekt wollte ich aufgeben. Ich verspürte das erste Mal Angst vor dem Unbekannten, das vor mir lag. Es fühlte sich an wie eine nichtendende Talfahrt auf der Achterbahn.

Du kennst diese Erfahrung sicherlich. Jeder Selbstständige geht regelmässig durch solche Täler. Ich ermutige dich, diesen Artikel weiter zu lesen, falls du dich ab und zu auch in einem Tal befindest oder du dich erst vor Kurzem auf den Weg in die Selbstständigkeit gemacht hast.

Die ersten Wochen als Familypreneur

Vor 4 Wochen habe ich meinen sicheren Angestellten-Job aufgegeben. Voller Motivation und Ideen stürzte ich auf MEIN Projekt. Ich machte mein Hobby-Projekt zur Berufung.

Zugegeben. Es ist ein grandioses Gefühl! Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich komplett selbst bestimmen, wohin die Reise geht. Kein Abstimmen mit einem Vorgesetzten, kein Verteidigen meiner Ideen und Taten. Ich bestimmte von nun an, woran ich arbeite und wie ich Vertrieb und Marketing gestaltete.
Und das Beste für den Familypreneur: um 16 Uhr beende ich die Arbeit ohne schlechtes Gewissen und hole ich meine Kinder aus der Kita. Ich verbringe Zeit mit ihnen. Das ist Lebensqualität pur. So wie ich es mir vorgestellt hatte.

Alles in Butter? Nicht ganz! Die erste Krise als Nicht-Angestellter liess nicht lange auf sich warten. Gefühlt war gestern noch alles Friede, Freude, Eierkuchen und heute bricht die Welt zusammen. Innerhalb von wenigen Tagen ergab MEIN Projekt keinen Sinn mehr. Wichtige Einzelteile zerplatzten wie Seifenblasen und ich will MEIN Projekt beerdigen.

Mist! So hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Die Angst als Selbstständiger

Da war ich also, in der ersten Krise. Sie erwischt früher oder später jeden. Niemand warnte mich davor; nirgends konnte ich darüber etwas lesen. In dieser Situation setzte auch das rationelle Denken aus. Und ich liess ausser acht, dass Phasen von hoher Motivation und Tatendrang zyklisch auftreten. Das heisst, Phasen der Demotivation und Ziellosigkeit folgen nach jedem Hoch. Ich befand mich auf der rasanten Talfahrt in der Achterbahn: Die Talfahrt wollte nicht enden. Es klappte und funktionierte nichts mehr. Mein Kopf war leer. Alles, was ich bisher getan hatte, ergab keinen Sinn.

Phasen der Demotivation und Ziellosigkeit folgen nach den Hochs

Angst kam auf, wenn ich in das Ungewisse schaute, das vor mir lag. Die Ungewissheit nagte an mir: Wann wirft das Projekt Geld ab? Bringt es überhaupt Geld? In den Gedanken gefangen, stellte ich mir die Frage: Wie ernähre ich meine Familie? Wie kann ich die Wohnung bezahlen. Bis vor Kurzem war das Gehalt pünktlich am Ende des Monat auf meinem Konto. Jetzt nicht mehr.

Was sollte ich tun. Mein Projekt aufgeben? Mich einem anderen Projekt widmen? Beratungstätigkeit aufnehmen? Einen Teilzeitjob suchen?

Das sind alles Optionen, die zu dem Zeitpunkt erfolgsversprechender schienen als MEIN Projekt. Ich erkannte, dass Geld mein Antreiber war (was denn sonst?!). Dann erinnerte ich mich an ein Zitat aus dem Buch Die 4-Stunden-Woche. Die Angst definieren heisst, die Angst überwinden.

Ich musste also definieren, wovor ich Angst hatte. Dem Unbekannten einen Namen geben. Es folgten drei Schritte, um wieder klar denken zu können und den einzelnen Baum vor lauter Wald wieder zu sehen.

Die Angst definieren

1. Ich fing an die Angst in Sätze zu formulieren. Ich nahm ein Blatt und Stift und schrieb alles auf, was mir gerade in den Sinn kam. Dann passierte etwas Komisches. Beim Schreiben formten sich Fragen. Woher kommt das Geld? Wie kann ich die Krankenkasse und die Versicherung bezahlen? Woher bekomme ich Kunden? Was ist, wenn das alles nicht klappt?

2. Dann nahm ich einen roten Stift und lass mir das Geschriebene nochmals durch. Ich markierte die Fragen und übertrug sie auf ein separates Blatt. Im nächsten Schritt ging es um das Finden von Lösungsoptionen zu den Fragen.

3. Dieser Teil macht besonders viel Spass. Hier sind der Fantasie und Einfallsreichtum keine Grenzen gesetzt. Umso ausgefallener die Optionen, desto besser. Zu jeder aufgeschriebenen Frage notierte ich mir Lösungsoptionen. Auch hier gilt: Nicht lange nachdenken. Schreiben! Zur Frage, woher das Geld kommt, fielen mir auf Anhieb neun Sachen ein.

Wenn dir zu einigen Fragen keine (passende) Antwort einfällt, wähle den Telefonjoker! Rufe jemanden an. Einen Freund, Bekannten und Sparringpartner. Nutze dein persönliches Netzwerk. Oder lass dies bei der nächsten Mastermind-Runde das Hot-Topic sein. Ich bin immer wieder überrascht, wie einfach die Antworten und Lösungen sind. Aber alleine im eigenen Sumpf sitzend, kommt man nicht darauf.

Opportunity often comes disguised in the form of misfortune, or temporary defeat
- Napoleon Hill

Die Stossrichtung definieren

Wieder auf dem Boden der Tatsachen zurück, musste ich jetzt die Richtung definieren: Mit welcher Tätigkeit bestreite ich den Lebensunterhalt? Zur Erinnerung: MEIN Projekt hat die Krise ausgelöst und ich sah in den anderen Projekten tausend Mal mehr Potential.

Die Entscheidungsmatrix als unterschätztes Werkzeug

Ich musste jetzt die neun potentiellen “Projekte”, welche ich als Lösungsoption gefunden habe, bewerten. Das schreit förmlich nach meinem Lieblingswerkzeug, der Entscheidungsmatrix! Jede einzelne Geschäftsidee bewertete mit Punkten nach bestimmten Kriterien wie Erfolgsaussichten, aktueller Stand, Rentabilität, Skalierbarkeit, unternehmerische Freiheit, Konkurrenzsituation, etc.

Nachdem ich die Punkte zusammengezählt hatte, schlug mir die erste Überraschung ins Gesicht. Mein Favorit, einen Teilzeitjob zu suchen, erhielt die wenigsten Punkte. Schlechter war nur die Idee, in einem Restaurant arbeiten.

Der sehr überraschende Gewinner

Noch mehr überraschte mich welche Geschäftsidee nach Punkten gewann. Ich hatte versucht meine subjektive Beurteilung zu eliminieren und mit objektiven Entscheidungskriterien ein Ergebnis zu erhalten. War ich so in meinen Gefühlen und der subjektiven Betrachtung gefangen, dass ich das Naheliegenste nicht mehr sah?! Ich sass also mitten im Dschungel, direkt vor mir ein dicker Baumstamm. Ich wollte den Baum hochklettern, anstatt einen Schritt zurücktreten. Ich erkannte nicht den Weg links und rechts vom Baum, welcher unbeschwerter zu gehen war.

Die rationale Entscheidung sah ich nun auf dem Blatt stehen. Es war Mein Projekt, welches ich einstampfen wollte. Wie man sich doch täuschen kann.

Die Achterbahn und meine Angst als Selbstständiger

Ich erkannte, dass Angst mein rationales Denken beeinflusst. Angst aktiviert den automatischen Flucht-Modus. Ich wollte nur schnell wie möglich weg von der Gefahr und fand mich in den gewohnten Mustern wieder. Die Angst ist ein Schutzmechanismus, welcher unser Überleben über Jahrtausende sicherte. Ich musste lernen, eine unmittelbare Gefahr zu erkennen und darauf zu reagieren. Es lohnt sich die Angst genauer zu ergründen und zu definieren.

Wenn ich heute in das Unbekannte schaue, verspüre ich Angst. Es ist wie beim Besteigen einer Achterbahn: Das mulmigen Gefühl im Bauch. Angst vor dem Unbekannten, das mich erwartet. Ich weiss, dass es Berg- und Talfahrten geben wird, ich weiss aber nicht, wann und wie lange sie dauern. Aber dennoch steige ich ein, weil genau dieser Nervenkitzel eine Achterbahn ausmacht. Und so werde ich die nächste Herausforderung nehmen: Wie eine Achterbahnfahrt auf dem Rummelplatz. Denn das Gefühl nach der Fahrt ist bombastig. Ich steige mit weichen Knien aus mit einem überwältigendem Gefühl von Freude.

Die Angst ist verschwunden!

Beste Grüsse,
Dominic

Schau dir das Video dazu im Beitrag an, wie du die Entscheidungsmatrix verwendest.

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Dominic Franck

Value Investor, Asset Manager and Analyst, Entrepreneur, proud dad and husband.