Wie Alphabet Google neue Wege eröffnet Geld zu verdienen

Jannis Kucharz
5 min readAug 12, 2015

Lange hat Google einen Großteil seiner Einnahmen über Werbung erzielt. Das wird in naher Zukunft auch so bleiben, aber die neue Unternehmensstruktur um Alphabet Inc. gibt Google die Möglichkeit neue Geschäftsmodelle auszuprobieren.

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Google: Von der Suchmaschine zur Werbemaschine

Ich weiß noch wie enttäuscht ich war, als ich während meines Studiums die Möglichkeit hatte, Google zu besuchen. Zwar trugen die Angestellten das Mantra “die Informationen der Welt zu organisieren und für alle zugänglich zu machen” wie eine Monstranz vor sich her, aber alles was sie von ihrer Arbeit berichten, erzählte eigentlich von Google als einer einzigen große Werbefirma. Im täglichen Geschäft ging es dann eben doch nur darum, möglichst viele neue Werbekunden an Land zu ziehen. Natürlich war die Erfindung des AdSense Systems genial und hat Google lange Zeit zu einem der profitabelsten Internetfirmen der Welt gemacht. Aber seither ist, was Kernprodukt und die Anzeigen angeht, nicht mehr wirklich viel passiert.

Larry Page will mehr sein als ein Werbeverkäufer

Anscheinend bin ich nicht der Einzige dem das für Google — und für sich selbst — zu wenig war: Auch Larry Page will mehr sein als ein Werbeverkäufer. Er betont immer wieder wie wichtig es ihm ist die Welt zu verbessern und die Gesellschaft zu verändern. Auch in seiner Ankündigung, Google unter der Dachfirma Alphabet auszugliedern, spricht er von der Aufregung noch ambitioniertere Dinge zu tun und das Leben von so vielen Menschen wie möglich zu verändern.

Interessanterweise bekommen die Gründer Larry Page und Sergey Brin nicht nur die Möglichkeit jetzt wieder viele neue Firmen zu gründen (oder zu kaufen) und zu versuchen das Leben der Erdenbürger zu verlängern, sondern sie können dabei auch wieder über neue Geschäftsmodelle nachdenken. Ein zweites Google Adsense erfinden. Denn Geschäftsmodelle spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufspaltung der Firmen im neuen Alphabet Konglomerat.

Die neue Konzernstruktur von Alphabet Inc. soweit bislang bekannt

Warum Youtube keine eigene Firma wird

Ich habe mich zunächst sehr gewundert, dass ausgerechnet YouTube nicht als einzelne Firma in Alphabet gelistet wird, sondern weiterhin Teil von Google bleiben soll. Es sind zwar noch nicht alle Details bekannt, welche Produkte ausgegliedert werden, aber Android, Google Maps und eben YouTube bleiben Teil von Google.

Dabei ist YouTube sicherlich das Produkt, das bei Konsumenten unabhängig von Google am bekanntesten ist. Zunächst dachte ich, dass man so verstecken will, dass YouTube alleine noch immer nicht profitabel ist und weiterhin Zuschuss von der Google-Mutter braucht.
Ein anderer Ansatz ergibt aber mehr Sinn. Wie Ben Thompson bemerkt, verläuft die bisher bekannte Trennung zwischen den Firmen innerhalb von Alphabet anhand derer die sich über Werbung finanzieren und solchen, die andere Geschäftsmodelle verfolgen. Alles was Geld über Werbung verdient bleibt Teil von Google. Alles andere ist frei sich neue Einnahmequellen zu suchen.

Und YouTube finanziert sich eben in erster Linie über Werbeeinnahmen, insofern ist es sicher sinnvoll das gesamte Know-How zur Werbevermarktung in einer Firma zu belassen und so höhere Synergie-Effekte zu erzielen. Matthew Ingram sammelt bei Fortune weitere Gründe, weshalb YouTube Teil von Google bleibt. Spannend noch der Hinweis, das YouTube, als zweitwichtigste Suchmaschine der Welt, natürlich auch zu einem Großteil auf Suchtechnologie beruht. Aber auch Ingram hält die Theorie der Trennung anhand der Geschäftsmodelle für die plausibelste. Auch die GoogleAdsense Einheit bleibt dieser Logik folgend natürlich Teil von Google.

Google verlangt jetzt auch Geld für Produkte

Unabhängig agieren zum Beispiel Calico, die sich um Gesundheitsforschung bemühen oder die Investitionsfirmen Google Capital und Google Ventures, die auf ganz andere Weise wirtschaften.

Prominentestes Beispiel, wie Unabhängigkeit von Google funktioniert, ist bislang wahrscheinlich Nest. Nach dem Kauf durch Google wurden Nest als eigene Firma weiterbetrieben und erwirtschaftet seine Einnahmen durch den direkten Verkauf von Heizreglern.

Ein Ausbrecher aus der strengen Trennung nach Erlösmodellen ist Google Play, Googles digitaler Store für Filme Musik und Apps. Schließlich verdient Google hier direkt 30% an jedem Verkauf. Hier lässt sich argumentieren, dass Google Play eng mit Android verknüpft ist und gleichzeitig das mobile Werbebusiness immer wichtiger wird, so dass der Verbleib in der Google Familie essentiell ist.

Gleichzeitig bedeutet es für diverse Projekte, die aus dem Forschungslabor Google X herausfallen, dass sie neue Wege finden müssen selbst Einnahmen zu erwirtschaften.

Ein Beispiel ist Google Fiber, die ebenfalls als eigene Firma in Alphabet gelistet werden. Mit Fiber hat man es geschafft in jedem Markt, den man betreten hat, große Welle unter den Internetprovidern zu schlagen. Und natürlich verlangt hier Google auch direkt Geld von seinen Kunden.

Alphabet: Eine Firma für Heißluftballons und selbstfahrende Autos

Die Frage ist was mit anderen Moonshot Projekten ist. Zum Beispiel Google Loon, das Projekt bei dem Heißluftballons so eingesetzt werden, dass auch entlegene Ecken mit Internet versorgt werden können. Bislang herrschte häufig die Annahme, dass Google all das nur tun würde, um mehr Leute online zu bringen, dadurch mehr Leute an ihre Suchmaschine heranführt und so wiederum auf mehr Einnahmen hofft.

Nun würde es sich wahrscheinlich anbieten, Google Loon als Teil von Google Fiber zu betreiben und tatsächlich einfach Geld zu verlangen. Vielleicht ist die Zeit vorbei in der uns Google gratis mit neuen Produkten wie Google Maps, der eigenen Office-Suite Google Docs und GMail versorgt.

Natürlich muss man noch ein bisschen abwarten wie genau die endgültige Struktur von Alphabet aussehen wird. Aber die Öffnung und Ausgliederung in unterschiedliche Geschäftsmodelle zeigt, dass wir für das selbstfahrende Auto von Google vermutlich nicht nur mit unseren Daten bezahlen werden, sondern zusätzlich auch hart verdiente Euros auf den Tisch legen müssen.

Eigentlich habe ich diesen Artikel für netzfeuilleton.de geschrieben. Falls er dir gefällt freue ich mich, wenn du ihn empfiehlst. Ich schreibe außerdem regelmäßig einen Newsletter über Medien und ihre Geschäftsmodelle, den kann man hier abonnieren.

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