Wie organisiert man sein Unternehmen sinnvoll?

Katharina We
Die Sinnsucher
Published in
4 min readDec 24, 2018

Die Digitalisierung verändert unsere Wirtschaft radikal. Um als Unternehmen diesen komplexen Zeiten Stand halten zu können sind Umdenkprozesse nötig, die auch Veränderungen der Organisationsformen nach sich ziehen.

Eine Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist die zunehmende Komplexität. S. Borgert beschreibt diese in ihrem Buch „Die Irrtümer der Komplexität“ als dynamische Systeme mit hohen Vernetzungsgrad. Die einzelnen Bestandteile der Komplexität sind laut S. Klabunde Varietät, Konnektivität und Dynamik. Mit Varietät ist die Art und Anzahl von Elementen in einem System gemeint. Konnektivität umschreibt wie viele und welche Art von Relationen zwischen den Elementen des Systems bestehen. Die Unbestimmbarkeit sowie die Unvorhersehbarkeit des Verhaltens von komplexen Systemen wird als Dynamik des Systems geschildert. Ist demnach die Rede von komplexen Sachverhalten, werden Zusammenhänge gemeint, die aus mehreren Teilen bestehen, welche möglicherweise nicht ausnahmslos bekannt sind, die miteinander vernetzt sind und sich somit wechselseitig beeinflussen. Zudem können sich die jeweiligen Eigenschaften jederzeit verändern und dadurch eine Eigendynamik entwickeln, die Zusammenhänge und Ergebnisse erneut verändern so W. Schröder. Diese komplexen Wirkungsgefüge machen es unmöglich, zuverlässige und nachhaltige Ursache-Wirkung-Beziehungen herzustellen.

Um als Unternehmen trotzdem entscheidungsfähig zu bleiben, ist es wichtig die Organisationsform anzupassen, denn komplexe Aufgaben können am ehesten gemeinschaftlich und interdisziplinär in flachen Hierarchien gelöst werden. Wo die Entwicklung hingehen könnte, beschreibt Frédéric Laloux in seinem Buch „Reinventing Organizations“. Die Vorgehensweisen von Organisationen teilt er in fünf Typen ein, die roten, bernsteinfarbenen, orangefarbenen, grünen und petrolfarbenen Organisationen.

by Rod Collins, Director of Innovation at Optimity Advisors

Die roten Organisationen gibt es heute nur noch bei Straßengangs bzw. in Mafiastrukturen, denn es handelt sich um kleine gewaltbereite Gruppen, die ihren „Anführer“ angreifen sobald dieser Schwäche zeigt.

Aus geschichtlicher Sicht folgten auf die roten, die traditionellen bernsteinfarbenen Machtorganisationen. Plötzlich wurden stabile Strukturen wichtiger. Diese wurden durch die Einführung strikter Hierarchien gewährleistet was zu strengen Regeln und einem geordneten Miteinander führte. In der Wirtschaft wurde lange nach dem Bernstein-Prinzip gehandelt, ein weiteres greifbares Beispiel ist die katholische Kirche mit ihren strengen Machtstrukturen.

Als man merkte, dass eigene Gestaltungsfreiräume zu höherer Produktivität und mehr Kreativität führen, reduzierte man die Hierarchien. Daraus haben sich die moderneren orangefarbenen Organisationen entwickelt, in denen das Leistungsprinzip dominiert. Wichtig sind hierbei die wirtschaftlichen Ziele, messbare Erfolgskennzahlen und Profit stehen im Vordergrund. Dies trug zur erheblichen Steigerung des Lebensstandarts bei, was zu Wohlstand und einer höheren Lebenserwartung in den industrialisierten Ländern führte. Die kurzfristige Profit-Orientierung der orangefarbenen Organisationen fördert aber nach wie vor die rücksichtslose Ausbeutung unseres Planeten. Laut Laloux ist dies heute die weitverbreiteste Perspektive unter Führungskräften in Wirtschaft und Politik.

Parallel zur orangefarbenen Struktur entwickelte sich der postmoderne grüne Organisationstyp. Dieser setzt auf Kooperation statt Wettbewerb. Die Etablierung von gemeinsamen Zielen sowie die abgeflachten Hierarchien laden Mitarbeiter dazu ein, die Firmenkultur mitzugestalten. Außerdem wird soziale Verantwortung in grünen Organisationen groß geschrieben. Werte wie Gleichheit, Solidarität und Toleranz erlangen einen höheren Stellenwert im Unternehmen.

Doch Geld alleine reicht heute nicht mehr aus um seine Mitarbeiter zu motivieren. Immer mehr Menschen beklagen ein Gefühl der inneren Leere und zweifeln das reine Streben nach Wachstum an. Sie suchen nach dem Sinn ihrer Arbeit. Die neuen petrolfarbenen Organisationen versuchen auf diese Bedürfnisse einzugehen.

„Der Gewinn ist wie die Luft, die wir atmen. Wir brauchen die Luft, um zu leben, aber wir leben nicht, um zu atmen.“ (Laloux)

Die Haupteigenschaft der petrolfarbenen Organisationen ist die Selbstführung in den Teams. Durch die Abschaffung der Hierarchien und eines gemeinsamen Konsens rückt die Eigenverantwortung in den Mittelpunkt. Es gibt keine Führungskräfte oder Chefs mehr, man ist lediglich sich selbst, seinen Kollegen und seinen Aufgaben verpflichtet. Die Rollen und Aufgaben entstehen erst mit ihrer Notwendigkeit und werden nur so lange erhalten wie sie für die Organisation wertvoll erscheinen.

Zudem wird Authenzität gewünscht. Die neuen Unternehmen sind an der wahren Persönlichkeit ihrer Angestellten interessiert. Diese dürfen sie in ihrer Ganzheit einbringen, ohne sich hinter Masken, wie zum Beispiel schicken Anzügen oder Arztkitteln verstecken zu müssen. Neben rationalen Fähigkeiten können Mitarbeiter in petrolfarbenen Organisationen ebenso ihre Emotionalität und Intuition sowie Spiritualität in Entscheidungsprozesse mit einbringen. Alle Mitarbeiter treffen ihre Entscheidungen selbst, in dem sie einen speziellen Entscheidungsvorgang durchlaufen. Dieser beinhaltet das Einholen von Ratschlägen der Kollegen. Stößt die eigene Meinung auf Resonanz, kann die Entscheidung getroffen werden. Für die Konsequenzen übernimmt jeder einzelne die Verantwortung. Dadurch holen die Mitarbeiter das Beste aus sich heraus und setzen ihre jeweiligen Fähigkeiten gezielter ein. Probleme können nicht auf andere abgewälzt werden, so wird er Job anspruchsvoller aber auch erfüllender. Anders als bei anderen Organisationsformen liegt der Fokus bei petrolfarbenen Unternehmen auf der Teamleistung und nicht auf Einzelleistungen. Die Beuurteilung des Einzelnen erfolgt nicht durch einen Vorgesetzten sondern durch das komplette Team, so kann Konkurrenzdenken vermieden werden. Es wird versucht eine persönliche, entspannte Arbeitsatmosphäre zu schaffen, so dass eine Einteilung in „Work“ und „Life“ nicht mehr nötig ist. Die Aufgabe der Unternehmensgründer hierbei ist lediglich das Bereitstellen von Werkzeugen und Strukturen, die diese Arbeitsweise ermöglichen.

Vorrausetzung für petrolfarbene Organisationen ist ein positives Menschenbild. Alle Beteiligten sollten davon aussgehen, dass wir Menschen von Grund auf vertrauenswürdig, zielorientiert, selbstkontrolliert und engagiert handeln wollen und fähig sind einen eigenen Sinn im Kontext der Organisation zu entwickeln.

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