Perfektionismus vs. Kröten

Rudolf T. A. Greger
Die Transformation
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3 min readDec 29, 2021

(Logbuch-Eintrag 20211227.0840) — Man muss mit Freude vor sich hinarbeiten. Es gibt kein Ziel, keinen Endpunkt, keinen Stillstand. Es gibt nur handeln — »machen« hatte uns das Otl Aicher immer geschrieben (ich hab ihn ja leider nie getroffen).

Das Machen ist der Schlüssel. Das haben wir aus seinen Texten gelesen und immer als richtig empfunden. Und zahlreiche Produktivitätsberater, die ich seit damals (also seit vor 30 Jahren) gelesen habe, bestätigten: anfangen (also machen) ist der Schlüssel für Produktivität.

Das bedeutet demnach, dass einfach loslegen 50 % der Arbeit sind. Was wiederum das oben angeführte Credo bestätigt: einfach losarbeiten.

Das Losarbeiten ist in meinem Fall … zum Beispiel diesen Text verfassen. Denn das sind die Dinge, die wir lösen müssen. Oder wollen. Produktivität steigern.

Es gibt eine Menge zu tun heute. Der große Plan für 2022 soll geschrieben sein. Eine Notiz, die mir gestern zugespielt wurde (von Matt D’Avella) sagt mir, wie ich Perfektionismus (den ich bei mir nicht entdecke) überwinden könnte: (1) die Dinge einfach halten; (2) darauf fokussieren, ein Projekt »ganz« zu machen (ich komme gleich darauf zurück); und (3) Termine für diese Fertigstellung festlegen.

Dieses »Ganz« machen ist interessant. Es knüpft an Design-Thinking, an die Denkweise der Designer an. Wir erkennen ein Problem, ahnen wie die Lösung aussehen könnte und versuchen (mit einem Prototyp) diese Lösung herzustellen. Mehr ist zunächst nicht notwendig. Es soll funktionieren!

Da ist sie wieder, diese universelle Formel: die Dinge sollen funktionieren (erstens) und dann (wir sind Gestalter) nicht-häßlich sein. Das ist der zweite Schritt, den Produkten die Häßlichkeit austreiben. Dabei muss man behutsam vorgehen. Keinesfalls darf man dadurch das Funktionieren zerstören. (Leider passiert das gelegentlich den Designern. Dann ist ein Produkt zwar schön und kommuniziert »richtig«, aber es ist nicht mehr so praktisch und nützlich wie es sein könnte. Schade!)

Jetzt weiß ich nicht, wie ich fortfahren soll. Du, liebe Leser, mögest es mir mit passenden Signalen andeuten (Daumen rauf/runter oder klatschen). Soll ich diesen Gedanken hier schriftlich fortführen. Diese Gedanken, müsste ich sagen, denn es ist ein Dialog, den ich da mit mir führe und zur Belustigung oder Information schriftlich für dich protokolliere.

Ein produktivitätshemmendes Thema ist die Entscheidung über die als nächstes auszuführende Tätigkeit. Es gibt für gewöhnlich zig Dinge zu tun. An alle denke ich zugleich (glaube ich) und jedes scheint, konzentriert man sich auf dieses, als wichtig oder schnell zu erledigen. Also überlege ich, wie ich damit loslegen könnte. Aber da ist dann schon der Gedanke an die nächste Aufgabe, die ist doch auch wichtig, und vermutlich zügig zu erledigen. Aber so wichtig nun auch wieder nicht, als dass man dafür den Vormittag verwenden will. Daher doch lieber die erste Aufgabe? Nein, wirklich wichtig ist die (nennen wir sie) dritte Aufgabe. Aber zu der hab ich überhaupt keine Lust. Doch ist genau diese Aufgabe jene, die das ungute Gefühl beseitigen würde. Es ist, wie es Mark Twain ausdrückte, die Kröte, die man als erstes am Morgen schlucken soll. Dann sind alle anderen Aufgaben ein Kinderspiel.

Das leuchtet ein und hab ich oft schon gemacht. Tatsächlich ist man enorm erleichtert, wenn man die unangenehme, schwierige, aber entscheidende (scheinbar entscheidende, denn was passiert denn tatsächlich, wenn man sie nicht erledigt?) Aufgabe als erstes erledigt. Man hat dann das Unangenehme, das meist nur als unangenehm eingeschätzt wird, weil es komplex oder kompliziert erscheint, aus den Weg geschafft. Danach fühlt man sich befreit. Meist ist dann aber auch ein Großteil des Tages verstrichen und auch ein Großteil der Schaffensenergie.

Ist es denn nicht so, dass wenn man immer diesem Maxim folgt, man nur Aufgaben macht, die einem unangenehm sind? Das sind immer die Kröten und die macht man als erstes mit dem Endergebnis, dass man zwar diese Aufgaben erledigt hat, aber zu den freudvollen nicht mehr kommt, weil die Zeit verstrichen oder die Schaffensenergie verbraucht ist?

Daher die Idee zu diesem »Dahin-Arbeiten«, einfach eins nach dem anderen, jenes, das einem gerade Freude bereitet, abarbeiten. Die Gefahr dabei ist allerdings, dass man sich mit Nebensächlichkeiten befasst, weil es schön ist, Häkchen auf den Todo-Listen zu setzen. Also die schnell zu erledigenden Dinge schnell erledigen und sich das Dopamin für das Häkchen holen. Das ist auch nicht gut.

Die Lösung scheint wieder einmal die des Stundenplans zu sein. Die Orte in der Zeit. Für einen definierten Zeitraum in ein Thema abtauchen, alles, das möglich ist, erledigen und dann das nächste Thema angehen. Termine (Meetings) mit sich und seinen Themen vereinbaren und (so machen es angeblich die großen Erfolgreichen) in den Kalender eintragen!

Ein Versuch wäre das heuer wert. (Also doch Neujahrsvorsätze?)

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Rudolf T. A. Greger
Die Transformation

Management Designer and Design Philosopher; a Business-Coach for Design-Thinking & Service Design; a Writer, Facilitator, and Public Speaker in Vienna, Austria