Das große Marken-Chaos im Digitalen

Vielen internationalen Marken erwuchsen unzählige Konmunikationsmöglichkeiten, aus denen der Konsument nun wählen muss. Das führt zu chaotischen Verhältnissen in der digitalen Markenarchitektur. Es ist Zeit aufzuräumen.

Michael Schmidt
Digital Brand Architecture
4 min readMar 21, 2016

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Mal ganz ehrlich: Große, globale Unternehmen haben ihre Schwierigkeiten damit, ihre eigenen digitalen Kanäle zu kontrollieren und diese Aufgabe wird immer anspruchsvoller. Nach über einem Jahrzehnt auf Entdeckungsreise in der digitalen Welt beginnt für uns nun eine Phase der Konsolidierung in der Online Kommunikation. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir mit der Komplexität unserer eigenen digitalen Strukturen überfordert sind: Dutzende Websites, hunderte Social Media Kanäle, eine unüberschaubare Zahl an Email- und Direktkanälen. Hinzu kommt natürlich noch Mobile (eigentlich schon ein alter Hut, aber bei vielen noch immer ungelöst) – und jetzt auch noch Messaging. Viele verlangen jetzt nach einem digitalen Frühjahrsputz, aber das ist eigentlich nur ein Symptom des Problems.

Unternehmen, die innovativ und schnell agieren wollen, haben monströse Gebilde aus ihren eigenen digitalen Kanälen geschaffen und können sie jetzt selbst nicht mehr managen. Und sie neigen dazu schon wieder auf den nächsten Zug aufzuspringen, ohne vorher innezuhalten und ihre Hausarbeit zu erledigen.

Jetzt haben wir den Saustall: Warum ist Markenarchitektur so wichtig im Digitalen?

Die digitale Welt – und vor allem der mobile social Teil dieser Welt – unterscheidet sich in so vielen Punkten von jenen Medien, die wir bisher kannten. Jeder kann mit jeden reden, es gibt keine räumlichen Grenzen mehr. Und alles ist zur gleichen Zeit global und regional. Außerdem schafft das Digitale Verbindungen, die andere Kommunikationskanäle nie zustande gebracht haben. Ein „Like“ oder ein „Follow“ scheinen auf den ersten Blick nicht viel wert zu sein, aber sie stehen im Kern für eine vertrauensvolle Verbindung. Eine Verbindung, deren Basis das Halten von Versprechen bildet.

Vergleichen wir es mit der guten, alten Zeitung – viele Generationen (vielleicht auch in Ihrer Familie) haben ihr Leben lang dieselbe Zeitung abonniert. Im Digitalen haben wir das gleiche grundlegende Abomodell. – aber mit viel weniger Loyalität. Das „Abo“ zu wechseln ist kinderleicht, und das ist auch gut so, weil es die Qualität hebt. Dennoch haben wir etwas Wichtiges auf dem Weg verloren. Zeitungen haben eine Beziehung mit ihren Lesern aufgebaut. Sie haben ihr Vertrauen kultiviert und ihr Versprechen gehalten, ihre Leser jeden Tag zu informieren und zu unterhalten. Eine Zeitung, jeden Tag.

Was hat sich verändert? Schaut euch den Absender an

Lasst uns einen Blick auf jenes digitale Kommunikationsmittel werfen, das der Zeitung am ähnlichsten ist: den Newsletter. Email hat einen noch nie da gewesenen Direkt-Kanal im Web eröffnet, und ist auch heute noch ein wichtiges Geschäftsfeld. Deshalb haben Unternehmen damals angefangen uns Emails zu schicken und wenig später kamen von vielen Unternehmen gleich mehrere Emails. Da gab es den Corporate Newsletter, den Vertriebs-Newsletter, den Service Newsletter und so weiter. Einen Newsletter auszuwählen war keine Option, sondern eine Verpflichtung. Die Aufgabe eine Balance zwischen Messaging und Timing zu finden, wurde den Kunden überlassen. Die Marke hat aufgegeben.

Die Zeitungen hätten es besser wissen müssen. Aber stattdessen haben sie ein Marken Durcheinander geschaffen, das seinesgleichen sucht. Die ursprüngliche Zeitungsmarke wurde nicht ins Digitale übertragen. Diese Welt war zu neu, die verantwortlichen Personen waren zu unerfahren in dieser neuen Welt. Ein neues Produkt braucht einen neuen Namen. Das Ergebnis dieser Denkweise waren haarsträubende Präfixe, Postfixe und sonstige –fixe, die die Dinge nur schlimmer machten. Bis heute haben viele Zeitungen dieses Problem nicht gelöst.

Und Websites? Die meisten Websites waren nicht in der Lage das Element des Beziehungsknüpfens aus der alten Welt zu übertragen. Bis Facebook kam. Facebook hat das Problem des digitalen Beziehungsmanagements gelöst. Und das für über eine Milliarde Menschen bisher. Und sie haben ein anderes, fest verwurzeltes Missverständnis von Marken, im Bezug auf das Digitale und vor allem Social, an die Oberfläche gebracht: Unternehmen glauben, es ist okay Kunden mit hunderten unterschiedlichen Marken Channels zu konfrontieren. Marken Channels aus unterschiedlichen Ländern, Abteilungen, Budgets, Initiativen usw. Aber dieses Vorgehen beschädigt die Marke und behindert den Beziehungsaufbau.

Ich bin Fan einer Marke – was soll ich liken?

Willkommen im Branded House of Brands…

Die Wahrheit ist: es gibt nur eine Marke, alles andere ist störender Lärm. Der Lärm und die Komplexität werden den Kunden umgehängt – weil das Problem zu schwer zu lösen ist. Das, was bei Email passiert ist, passierte wieder bei Websites und als nächstes bei Social.

Jetzt ist die Zeit, um das zu beenden. Der Einfluss von mobile hat uns dazu gezwungen zu fokussieren. Eine Nachricht nach der anderen, ein Bild, eine Marke.

Es ist Zeit die digitale Marken Architektur umzubauen und in die Zukunft zu investieren.

Das ist der erste Teil einer neuen Serie über digitale Markenarchitektur. Dranbleiben!

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Michael Schmidt
Digital Brand Architecture

Mobility Lead & Creative Director at Virtual Identity w/ 15 years XP on mobility brands in digital, blogging about #strategy, the #ClimateCrisis, and #AppleCar.