Kirgisistan 🇰🇬 – im Zentrum

Daniela
divebuddies
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7 min readAug 26, 2023

Song Kul

Der See Song Kul ist nicht nur ein beliebtes Touristenziel sondern auch die Sommerweide Hunderter Pferde und Kühe. Der Gebirgssee liegt auf 3.016 m Seehöhe und ist auf allen Seiten von Steppe und Bergketten umgeben. Unser Weg dorthin startete am Kyzart-Pass – zu Fuß und nicht wie die meisten Touren hoch zu Ross (uns waren drei Tage am Pferd zu gefährlich für unsere Hinterteile). Da wir einmal falsch abgebogen sind, haben wir auch die ganze Strecke bis zum ersten Quartier keine Menschenseele zu Gesicht bekommen. Zielstrebig sind wir nach 15km zum ersten Stopp gekommen – ein nettes Jurtcamp mit einer großen Familie. Wir waren begeistert von allem – wir hatten sogar eine heiße Dusche – haben wir uns noch gewundert, dass der Preis etwas billiger war, aber danach als glücklichen Zufall abgetan. Erst am nächsten Tag, als wir die weitere Wanderung geplant haben, ist uns aufgefallen, dass wir nicht im eigentlich geplanten Camp gelandet sind. Tja.

Die Steppe am Weg zum Song Kul
Die Reise fordert die ersten Opfer: Phils Brille
Aussicht vom Jurtcamp
Unsere Gastfamilie – man beachte den traditionellen Hut
Am Pass

Der zweite Tage führte uns bis auf den Pass und weiter zum See. Kaum in der Nähe des Sees angekommen, startete auch der Wind. Zwar Rückenwind, aber so viel und kalt, dass wir die letzten 10km eingemummt und schweigend nebeneinander herspaziert sind.

Erste Camps am See
Der riesige See, dessen Ende man nur erahnen kann
Die nationalstolzen Kirgisen montieren ihre Flagge gern und überall

Auch dieses Jurtcamp wurde von einer netten Familie bewirtschaftet, die den Sommer am Song Kul verbringen und im September zurück ins Tal siedeln.

Sonnenuntergang im Camp
Frisch gebackenes Naan und selbstgemachte Schlagsahne und Butter
Eines der vielen Pferde wartet auf seinen Reiter

Am dritten Tag ging es mit dem Auto zurück zum Ausgangspunkt in Kochkor und von dort weiter in den Süden: Naryn.

Die Bergstraße zurück ins Dorf

Kel Suu

In Naryn mussten wir unser unsere „Border Permit“ abholen, die notwendig ist wenn man sich einer der südlichen Grenzen nähert. Unser Ziel, der See Kel Suu liegt nur 20km von China entfernt. Das Permit zu bekommen ist ein Hindernislauf à la Asterix „Passagierschein A 38“ und obwohl wir das Permit bereits 10 Tage zuvor beantragt und bezahlt haben und Phil seit 5 Tagen mit CBT in WhatsApp Kontakt war, wurde unsere Erlaubnis erst von Bishkek nach Naryn im Taxi versandt, als wir IM Büro standen. Am nächsten Tag um 9 Uhr konnten wir es dann auch tatsächlich abholen und mit unserem privaten Chauffeur starten. Leider gibt es keine öffentlichen Verkehrsmittel zum See und da wir kein Leihauto hatten, war dies die einzige Möglichkeit über die 4h Schotterstraße nach Kel Suu zu kommen. Aufgrund der abgeschiedenen Lage hatten wir wenige Touristen erwarte, uns aber ziemlich getäuscht. Das Tal hat sicher 20 Jurtcamps in allen Varianten und zusätzlich war bei unserem Aufenthalt gerade der zweite Checkpunkt des Silk Road Radrennens im Ort.

Canyon am Hinweg
Checkpunkt 2 des Silk Road Rennens

Nach einem kurzen Plausch mit den freiwilligen Helfern des Rennens und trotz unsicherem Wetters nahmen wir das Risiko auf uns und starteten zum See. Am Hinweg kamen uns nur Kirgisen am Pferd entgegen und wir hatten kaum unseren Schlaf-Zeltplatz ausgesucht und das Zelt aufgestellt, als auch schon ein Wolkenbruch auf uns und unser, zum Glück wasserdichtes, Zelt prasselte.

der Hinweg – mit unsicherem Wetter
Alle Hügel und Berge zeigen deutlich die Spuren der grasenden Tiere
Eines der unzähligen (domestizierten) Yaks
Nach dem Regen …
… ist vor der Sonne

Kirgisische Unwetter sind zum Glück nur von kurzer Dauer und so konnten wir nach einer Stunde im Zelt mit blauem Himmel die letzten Meter bis zum See gehen. Eine bessere Sicht hätten wir uns nicht aussuchen können – auch der See empfing und tiefblau. Phil konnte den Versuch nicht wiedersehen kurz ins Wasser zu springen – ich wäre eher für eine Bootsfahrt gewesen, aber leider war nach dem Unwetter niemand mehr da, der uns eines der Boote verliehen hätte.

Der Abfluss des Sees
Kel Suu zeigt sich von seiner schönsten …
… und glasklaren Seite

Die Nacht im Zelt war sternenklar und dementsprechend kalt. Phil hat sein bestes gegeben und versucht mich zu wärmen, indem er möglichst nahe bei mir blieb – für mich blieb dadurch nur mehr 1/4 unseres sowieso schon kleinen Zeltes übrig. Beim Aufwachen habe ich dann auch bemerkt, warum es etwas kalt war: wir hatten Minusgrade und so war nicht nur das Trinkwasser im Freien mit einer 2cm Eisschicht zugefroren, sondern auch das ganze Zelt innen von einer Eisschicht umgeben.

Da war es in der Nacht doch etwas kälter: Eis auf der Zeltinnenseite ..
… und natürlich auch außen

Mit etwas Kaffee und Sonne konnten wir jedoch die Kälte abschütteln und zurück zum Dorf aufbrechen.

Aber ein traumhafter Ausblick – man beachte unser Zelt links mittig im Bild

Tash Rabat

Die „Karawanserei“ Tash Rabat ist eines der wenigen Relikte der Seidenstraße in Kirgisistan. Laut Führer ist es allerdings nicht klar, in welchem Jahrhundert das Gebäude gebaut wurde: entweder im 15. Jhd für die Seidenstraße oder eventuell schon im 6. Jhd, als der Buddhismus die überwiegende Religion war.

Tja, aber ab dem 15 Jahrhundert wurde das Gebäude als Raststation für durchziehende Karawanen verwendet und bot um den 100 Leuten Platz zum Stärken und Übernachten.

Tash Rabat ist abseits von allem: bis zur nächsten Stadt sind es 1.5 Autostunden – dafür ist die chinesische Grenze nur ca. 15 Kilometer entfernt.

Tash Rabat – von außen …
… und von den innen
Die unfreiwillige Rauchsauna in der Jurte: die Gastgeber waren etwas zu motiviert beim einheizen und haben beim Versuch die Holzstücke aus dem Ofen zu holen einmal alles geräuchert

Eines der angrenzenden Jurtlager war der Ausgangspunkt unserer Reittour auf den „Panda-Pass“, der bei schönem Wetter einen Ausblick auf den See Chatyr Kul und China bietet. Wir hatten leider kein schönes Wetter und wurden wir am Gipfel mit Wolken, eiskaltem Wind und wenig Aussicht empfangen. Unsere Pferde nahmen das stoisch hin, uns hingegen war einfach nur kalt. Der Rückweg war dafür noch unangenehmer: dank eines Hagel-Unwetters beim Abstieg waren wir zwischenzeitlich komplett durchnässt. Für uns ungeübte Reiter eine weitere Erschwerung – die Pferde reagieren so schon sehr wenig auf Signale und zugerufenes „Tschu-Tschu“, mit nasser Hose fällt aber selbst das Anspannen der Oberschenkel schwer.

Im Tal gen Panda-Pass
Die letzten Meter zum Pass
Mein braves Ross
Am Panda-Pass war es natürlich eiskalt und windig – den folgenden Hagel konnten wir hier noch nicht erahnen
Panorama à la Rohan in Herr der Ringe
Sogar Phil war nach Jahren und traumatischen Erinnerungen wieder hoch zu Ross

Apropos Oberschenkel: wahrscheinlich werde ich morgen auch einen blauen Fleck haben; die „Sattel“ die hier genutzt werden sind mehrere Decken (teilweise Wolle, teilweise Fell), bei mir ein Holzgerüst um die Form anzudeuten und mehreren Riemen. Um diese Riemen festzuziehen gibt es ein Metall-Ding, dass genau in der Mitte des Oberschenkel-Druckpunktes platziert ist.

Der eher provisorische Sattel mit besagtem Metallstück und Knoten
Mein braves Pferd

Trotz allem aber ein cooler Ausflug – für bis zu drei Tage können wir uns nun eine Reittour vorstellen – alles darüber wäre Mord.

Und nun weiter nach Osh, in den Südwesten des Landes.

Bis bald,

Daniela

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