Alexander Schill: Serviceplans weltweiter Kreativchef im Fifteen-Seconds-Interview.

Alexander Schill: „Der Kunde hat unsere Meinung verdient“

Nino Groß
Fifteen Seconds
Published in
11 min readFeb 9, 2016

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Serviceplans weltweiter Kreativchef ist einer der meistprämierten Werber unserer Zeit, 2012 listete ihn die globale Plattform PIAFYS unter 3000 bewerteten Creative Directors auf Platz eins. Binnen fünf Jahren dirigierte er die umsatzstärkste inhabergeführte Agentur Deutschlands auf die vordersten Plätze internationaler Rankings. Im Fifteen-Seconds-Interview spricht Alexander Schill über die Kernleistung einer Werbeagentur im Jahr 2016, die Rolle einer Marke in der Gesellschaft und den verloren gegangenen Glamour der Branche zugunsten von Substanz.

Ihr Jahr 2015 in der Retrospektive, bitte.

Schill: Wenn ich es negativ ausdrücken wollte, würde ich sagen, wir haben uns mit uns selbst beschäftigt. Wenn ich es positiv ausdrücken wollte, würde ich sagen, wir haben uns mit uns selbst beschäftigt. Es ging im vergangenen Jahr für mich sehr stark um die Weiterentwicklung unserer eigenen Agentur. Und weniger um das, was die Anderen machen. Unser Ziel, die erste deutsche internationale unabhängige Agenturgruppe zu werden, schwebt bei mir über allem. Insofern war das vergangene Jahr eher egozentrisch geprägt, mit einem klaren Ziel vor Augen.

Vor einem Jahr haben Sie am Deutschen Medienkongress Ihren in der Folge massiv kritisierten Affen-Sager rausgeknallt. Machen sich deutsche Agenturen in ihrer Kreativarbeit immer noch zum Affen?

Schill: Naja, mein Zitat wurde etwas falsch interpretiert. Nicht dass ich Probleme damit hätte, ein polarisierendes Statement rauszuhauen. Aber die Aussage stand im Kontext der fairen Bezahlung von Agenturen. Dass wir dafür bezahlt werden sollten, was unsere Kernleistung ist und uns unterscheidet. Nämlich im Wesentlichen die Entwicklung einer Idee. Nicht nur die Umsetzung. Dafür werden wir im Moment aber gar nicht bezahlt. Wir werden im Prinzip nach Stückpreisen in der Umsetzung bezahlt. Wie ein Schraubenhändler. Also: Was kostet bei euch eine Anzeige, was kostet bei denen eine Anzeige? Es gibt Ausschreibungen, die tatsächlich ausschließlich so funktionieren, völlig unabhängig von der Idee. Aber genau das, eine einzigartige Idee zu entwickeln, ist die Kernleistung einer Werbeagentur. Dieses Verständnis auch bei Kunden wiederherzustellen, daran müssen wir in der Gemeinschaft aller Agenturen arbeiten. Und jeder für sich, wenn wir mit Kunden Honorare verhandeln.

Haben Sie eine Formel, nach der sich diese faire Bezahlung für geistiges Eigentum berechnen lassen könnte?

Schill: Wir versuchen generell, eher vorne schon angemessene Preise zu formulieren und dafür hinten raus etwas günstiger zu werden. Das funktioniert aber natürlich nur, wenn es für die Einkäufer vergleichbar bleibt. Wir müssen beim Kunden mehr Bewusstsein dafür schaffen, was genau die Leistung ist, die er bei einer Werbeagentur einkauft. Und das ist eben nicht nur die Exekution einer Printanzeige, sondern beispielsweise die Konzeption der vielfach zitierten Big Idea. Oder es geht darum, eine Markenplattform zu schaffen, die mehrere Jahre Bestand hat. Da kann es nicht sein, dass wir uns in einem Projekt-Pitch gegenseitig die Preise um die Ohren zu hauen. Da hat die Branche zu irgendeinem Zeitpunkt die falsche Abzweigung genommen. Das heute wieder auf eine faire und nachhaltige Spur zurückzulenken, ist wahnsinnig schwer. Aber unbedingt nötig.

Wie treten Sie persönlich in der Arbeit mit dem Kunden für dieses Selbstverständnis ein? Halten Sie in Briefings härter dagegen als andere?

Schill: Ich höre mir das Briefing immer sehr genau an, denn dafür hat sich der Kunde ja intensiv Gedanken gemacht. In vielen Briefings wird aber gar nicht klar, was das eigentliche Problem ist und was das Leistungsversprechen dessen ist, was das Unternehmen anbietet. Man muss sich am Ende ganz einfach fragen: Was haben unsere Kunde davon? Warum ist das relevant für sie? Haben wir eine Alleinstellung, eine Differenzierung im Produkt? Wenn es noch drei andere gibt, die das gleiche Produkt zum gleichen Preis mit der gleichen Botschaft anbieten, wie soll das dann funktionieren? Soll sich das Produkt jetzt nur durch lustigere Werbung besser verkaufen? Das wird nicht passieren. Diese Zeiten sind definitiv vorbei.

Durch den großen Margendruck haben sich viele Agenturen leider angewöhnt, mit der Kernfrage in einen Pitch zu gehen: Wie gewinnen wir den Pitch? Und nicht: Was ist die beste Lösung? Dabei hat der Kunde eine ehrliche Meinung verdient. Dafür bezahlt er schließlich auch. Und sei es nur das Pitchhonorar. Seine eigene Meinung kennt er ja. Er will unsere hören. Und das ist am Ende auch das, was eine Agentur von einer anderen unterscheidet, ihre individuelle Sicht auf die Dinge. Dazu müssen wir als Agenturen wieder stehen. Wenn jeder immer nur versucht, das abzuliefern, von dem er glaubt, dass es dem Kunden gefällt, dürfen wir uns nicht wundern, wenn der Kunde nicht nach dem besten kreativen Ergebnis entscheidet, sondern am Ende nach dem günstigsten Preis. Weil die kreativen Produkte einfach viel zu selbstähnlich sind.

Es gibt so viele Agenturen — und so viele Kunden. Es muss ja nicht jeder zu jedem passen. Man darf auch mal einen Pitch verlieren, weil dem Kunden einfach nicht gefällt, was man präsentiert. Oder weil er nicht mag, wie eine Agentur die Dinge sieht. Das ist keine Schande. Unter dem Strich gibt es für jeden Topf den richtigen Deckel, und für jeden Kunden die richtige Agentur. Mit der dann auch eine langfristige Beziehung möglich ist. Sofern der erste Schritt authentisch und ehrlich den Charakter und die Meinung der Agentur widerspiegelt. Und nicht versucht, die Meinung der Kunden zu wiederholen. Auch wenn man selber das Gefühl hat, dass ein anderer Weg besser wäre. Sonst kauft der Kunde sich ja quasi selber ein. Das ist Blödsinn und wird langfristig zu keiner guten Partnerschaft führen.

Ist der gute Werber von heute der bessere Produktmanager?

Schill: Es versucht ja heutzutage jeder zu vermeiden, sich Werbeagentur zu nennen. Wir sind plötzlich alle Kommunikationsspezialisten, Content Manager oder mindestens doch Strategen. Ich scheue mich persönlich nicht davor zu sagen, dass ich gerne schnöde Werbung mache. Vielleicht sogar welche, die auch meine Mutter versteht. Dabei möchte ich mich nicht so sehr damit beschäftigen, ob das Shampoo jetzt gut riecht oder samtig genug über die Hände rutscht. Das ist nicht meine Aufgabe. Dafür gibt es Marketingabteilungen beim Kunden. Wenn Sie das mit Produktmanager meinen, dann nein. Wenn Sie damit meinen, sich mit dem Marketing hinzusetzen und sich das Produkt mal genauer anzuschauen und zu sagen „Was ist denn das überhaupt, was ist gut und was schlecht daran, wo kommt das her und warum sollen Leute das kaufen?“, dann ja. Aber ich möchte definitiv nicht in die Produktentwicklung eingreifen. Das ist Aufgabe des Unternehmens.

Ihr ganz persönlicher Ansatz: Wie bindet man Kunden an eine Marke und baut eine Beziehung auf?

Schill: Was Kunden langfristig hält, ist schlicht und ergreifend die Relevanz. Wenn ich als Kunde merke, das Produkt oder die Marke hilft mir. Dahinter stehen dann wiederum zwei grundlegende Ansätze: Entweder kauft der Kunde ein Produkt, das etwas kann, das andere nicht können und deshalb relevant ist in seinem Leben. Quasi als akuter Problemlöser. Oder, die andere Richtung, es geht gar nicht in erster Linie ums Produkt, sondern um die Marke als Lebensbegleiter. Dafür muss die Marke dann eine relevante Position in der Gesellschaft beziehen, mit der man sich gut identifizieren kann. Das ist gerade ein großer Trend. Alle großen Marken suchen aktuell nach so einer Plattform. Wie ein Spielplatz abseits ihres Produkt- oder Leistungsangebots.

Das klappt manchmal ganz hervorragend und manchmal leider gar nicht. Entscheidend ist die Glaubwürdigkeit, also ob das Engagement zur Marke passt. Coca-Cola stand bis vor Kurzem für Happiness. Darauf aufbauend gab es dann weltweit viele Initiativen, die Freude im Kern, aber nichts mit dem Produkt an sich zu tun hatten. Die Marke Always hat im vergangenen Jahr zusammen mit der Agentur Leo Burnett einen ganz herausragenden Case geschaffen: Like A Girl. Einer meiner Lieblingscases. Da schafft es eine Marke, mit einem exzellenten Statement, weltweit ein großes Thema zu besetzen und es zur Diskussion zu machen. Ohne dabei über die Qualität von Binden zu reden.

Von der gesellschaftlichen Relevanz einmal abgesehen: Was macht eine herausragende Marke in einer durch und durch digitalen Welt aus?

Schill: Die große Veränderung durch die Digitalisierung ist die kontinuierliche Erreichbarkeit. Nicht nur die der Menschen, sondern auch jene der Marken. Eine Marke ist für ihre Kunden permanent abrufbar. Die Haltung der Marke wird nicht nur durch TV-Spots im Vorabendprogramm sichtbar, wie vor 15 Jahren, sondern ist allgegenwärtig. Ein einziger Post eines unzufriedenen Kunden auf Facebook erreicht heute im Zweifel mehr Konsumenten und verbreitet sich schneller im Netz als die Pressekonferenz des Vorstandvorsitzenden. Das bedeutet für Marken einen ganz anderen Umgang mit sich selbst. Marken müssen heute viel authentischer sein als früher. Und sich mehr damit beschäftigen, wer sie eigentlich sind. Um in allen Kanälen ohne groß darüber nachzudenken immer die gleiche Sprache zu sprechen.

Sie bezeichnen „Storyliving“ des Öfteren als essenziellen Bestandteil der Markenbildung. Müssen Werbeagenturen heute mehr Einfluss auf die Haltung, auf die Kultur eines Unternehmens nehmen, damit die große Idee, man für die Marke erarbeitet hat, auch wirklich gelebt wird?

Schill: Ich glaube nicht, dass wir als Agenturen die Haltung oder die Kultur eines Unternehmens verändern können. Was wir aber zum Beispiel tun können, ist, eine verloren gegangene Identität wieder freilegen. Und dann Parameter festlegen, die Relevanz schaffen. Wenn man beispielsweise auf ein konservatives Unternehmen trifft, das über sich sagt „Mensch, wir sind aber ganz schön konservativ. Und das seit hundert Jahren. Das müssen wir ändern“, dann ist es vielleicht gerade auch mal die Aufgabe einer Agentur, genau hier zu sagen „Mensch, aber vielleicht ist dieses Konservative ja genau eure Stärke und die Differenzierung zur Konkurrenz. Denken wir doch mal darüber nach“. Gelebte Haltung ist immer glaubwürdiger als eine ausgedachte. Zweitere klingt nur vielleicht gerade ein bisschen mehr sexy.

Die digitale Transformation hat auch die Grenzen zwischen den Branchen verwischt. Sie sagten bereits, keiner wolle mehr eine Werbeagentur sein. Aber ganz egal ob in der Werbung, der Kommunikation oder im Marketing: Großartige Inhalte sind das Ding der letzten Jahre gewesen. Gibt es in der Methodik, im Handwerk überhaupt noch Unterschiede zwischen Content Marketing und Journalismus?

Schill: Wir haben gerade für unseren Kunden Saturn eine große Content-Kampagne gemacht. Dafür brauchten wir plötzlich ein Redaktionsteam, das kontinuierlich das Netz nach Trends und Fragen screent, um relevante Überschneidungen mit dem Marketingplan zu finden. Und dann zusammen mit den Kreativen entsprechenden Content zu kreieren. Das ist in der Methodik, in der Recherche sehr ähnlich wie beim Journalismus. Wobei eine Agentur dabei immer im Auftrag und mit einem ganz klaren Kundenziel im Hinterkopf arbeiten muss. Was dazu führt, dass wir individuell und subjektiv selektieren. Der Journalismus ist da generell viel stärker der Neutralität verpflichtet. Die Herausforderung beim Content-Marketing ist dabei aber generell nicht, irgendwelchen Content zu schaffen. Das ist einfach. Die Herausforderung ist, auch hier wieder, relevanten Content zu schaffen. Der idealerweise auch an anderer Stelle in Zusammenhang mit der Marke steht und sich in allen Touchpoints in unterschiedlicher Ausprägung wiederfindet. Bei Saturn ist das beispielsweise das Thema Technik und die Technikbegeisterung. Das Netz ist leider voll mit Content, der keinen Menschen interessiert.

Nehmen wir relevante Inhalte gleich nochmal als Stichwort: Welche deutschen Zeitungen lesen Sie am liebsten?

Schill: Ich lese mehrmals täglich Spiegel Online.

Kommen wir zu einem Mann, den wir letztes Jahr hier zum Gespräch gebeten hatten: Amir Kassaei. Sie haben im Herbst mit ihm in einem gemeinsamen Interview über den Sinn und Unsinn von Kreativwettbewerben und -rankings debattiert. Dabei haben Sie unter anderem festgestellt, dass die Agenturen am Haken der Cannes Lions hängen würden. Was können Werber tun, um sich von diesem Haken zu lösen?

Schill: Der Haken, an dem wir hängen, sind nicht die Cannes Lions oder die Wettbewerbe als solche. Wir hängen am Haken der Rankings. Das ist das Problem. Den Cannes Lions kann man gar keinen Vorwurf machen. Das würden wir doch genauso machen. Wenn alle Agenturen und Networks auf der ganzen Welt nach Punkten lechzen, die sie in Rankings nach vorne bringen, dann würde ich doch auch unendlich viele Kategorien machen, um noch mehr Geld zu verdienen. Das ist nur legitim.

Ich glaube, dass wir ein Problem mit den Medien haben, die die Rankings erstellen. Da muss man ansetzen. Es wäre wichtig, dass wir es schaffen, einen aussagekräftigen Index zu erstellen. Oder ein anderes System bei der Erstellung der Rankings anwenden. Zum Beispiel könnte man für ein Ranking pro Arbeit nur jeweils die drei höchsten Auszeichnungen des Jahres werten. So würde man zumindest sehen, ob eine Agentur auch in der Breite punktet. Oder ob es ein einmaliger Lucky Punch war. Was allemal unsere Anerkennung verdient. Aber im Moment kann man mit einer einzigen Arbeit auf Platz eins im Jahres-Ranking landen. Das ist absurd und bildet natürlich nicht die Realität ab. Unabhängig davon, wie gut diese eine Arbeit ist. Dasselbe gilt für das Cannes-Ranking. Hier reicht eine einzige gute Arbeit, die zwei Grands Prix gewinnt und ein paar Mal Gold und Silber, dann ist man plötzlich unter den Top-3-Agenturen der Welt.

Nochmal zurück zu Amir Kassaei. Sie und er sind die beiden meistprämierten deutschsprachigen Kreativen, haben so ziemlich alles an Auszeichnungen umgehängt bekommen, was die internationale Kreativszene herzugeben hat. In der Vergangenheit gab es gerne mal ein paar Ansagen gegeneinander, auf beiden Seiten. Wie stehen Sie heute zu seiner Person?

Schill: Ich mag Amir sehr gerne. Ich mag generell Menschen, die eine Meinung haben und die nicht sofort umkippen, wenn es Gegenwind gibt. Dazu gehört er auf alle Fälle. Er sagt seine Meinung. Meistens sogar ziemlich laut. Und spontan. Was gelegentlich dazu führt, dass er für eine gute Headline auch mal übers Ziel hinaus schießt. Als er zum Beispiel sagte „Die deutschen Kreativen haben kein Talent“, war klar, dass er dafür eine Headline bekommt. Aber die Aussage an sich ist natürlich völlig absurd. Da ist er manchmal ein bisschen zu sehr auf Headlines gestellt. Trotzdem ist er ein Mann, der die Branche gut vertritt und der der Branche ein markantes Gesicht gibt. Davon bräuchten wir mehr. Wenn er dann hin und wieder noch ein bisschen besonnener in seinen Statements wäre, würde das vermutlich auch nicht schaden. Aber das muss er selbst wissen. Wir frotzeln uns ja ab und an gerne untereinander. Er versteht das schon.

Hat die Serviceplan-Gruppe eine Snapchat-Strategie für ihre Kunden?

Schill: Nein.

Warum nicht? Seit Jänner ist in den USA beispielsweise das Weiße Haus auf Snapchat vertreten, spüren sie da nicht den Drang, in absehbarer Zeit eine Strategie dahingehend für ihre Kunden zu entwickeln oder das zumindest mitzudenken?

Schill: Wenn wir das Gefühl haben, dass Snapchat für einen unserer Kunde ein relevanter Kanal ist, werden wir uns damit beschäftigen.

Ich finde Sie auf Facebook, aber nicht auf Twitter und Instagram. Welche sozialen Kanäle nutzt Alexander Schill?

Schill: Auf Instagram bin ich tatsächlich, da haben Sie mich scheinbar übersehen. Aber ich nutze das nicht so intensiv wie viele der Kollegen, die sich mehrmals täglich produzieren. Vielleicht bin ich nicht so mitteilungsbedürftig wie andere. Ich höre lieber zu, als dass ich selber rede. Ich lehne soziale Medien weder ab noch liebe ich sie oder könnte ohne sie nicht leben. Sie begleiten mich. Aber ich bin sicherlich keiner, der Sonnenaufgänge, Buchtitel oder Frühstückseier postet. Was der Werber Alex Schill morgens zum Frühstück isst oder mit welchen Leute er gerade Golf spielt? Ich weiß nicht, ob das die Welt wirklich weiter bringt.

Sie wollten ursprünglich selbst nie in die Werbung, wollten Arzt werden. Warum soll ein junger, talentierter Mensch im Jahr 2016 in die Werbung gehen? Was erwartet ihn dort?

Schill: Heute gibt es inhaltlich viel mehr gute Gründe, in die Werbung zu gehen als zu meiner Zeit. Vor zwanzig Jahren ist man in die Werbung gegangen, weil man dachte, das ist ein cooler Beruf. Da gibt es viel Geld, schöne Frauen und tolle Reisen. Das war ein bisschen Glamour und Verrücktheit, die man sich da selber eingekauft hat für sein Leben. Das ist heute nicht mehr so. Den Glamour hat die Branche verloren. Was ich gut finde. Ich möchte keinen weißen Anzug tragen müssen, um als Kreativer anerkannt zu werden. Heute ist alles substanzieller.

Was für mich entscheidend ist, was ich auch in Bewerbungsgesprächen immer wieder sage, wenn ich mit jungen Leuten zusammensitze: Es fasziniert mich, wie viel wir mit Werbung heute wirklich bewegen können. Tatsächlich und unmittelbar. Wir können eine echte Kraft entwickeln und Millionen von Menschen in kürzester Zeit erreichen. Und tatsächlich etwas verändern. Deswegen war ich auch so beeindruckt von Like A Girl. Das war sofort weltweit in allen Nachrichten. Und hat eine globale Debatte über das Bild von Mädchen beziehungsweise Frauen in der Gesellschaft ausgelöst. Großartig. In welchem Beruf ist das sonst noch möglich?

Originally published at fifteenseconds.co on February 9, 2016.

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