Mach’s erlebbar: Über die Rolle von Prototyping im Digital Product Design

Joris Rigerl
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Published in
3 min readFeb 4, 2016

by Joris Rigerl, Designer at Work & Co. NYC
Originally published at
fifteenseconds.co on February 4, 2016.

Die Digitalisierung von Unternehmen und ihren Dienstleistungen hat Design-Agenturen in den letzten Jahren im rapide zunehmenden Ausmaß vor die Frage gestellt, wie man dem Kunden komplexe Entwicklungsprozesse in der Konzeptionsphase simpel veranschaulichen und die Lösungsvorschläge dadurch besser erlebbar machen kann. Die Antwort darauf bildet einen Trend der vergangenen Monate ab, der 2016 zum essenziellen Skillset von Agenturen zählt: Prototyping.

Facebook tut es, Adobe ebenso und Google sowieso. Die meisten großen Player arbeiten an ihren eigenen Prototyping Tools, aus mannigfaltigen Gründen. Work & Co. ist keiner dieser Riesen, vielmehr eine Design-Agentur mit Hauptsitz in Brooklyn sowie Büros in Portland und Rio de Janeiro, die Prototyping seit ihrer Gründung 2013 forciert wie wenige andere in der Branche. Und es erfolgreich in der Zusammenarbeit mit Kunden wie Virgin America, YouTube oder der NBA einsetzt. Joris Rigerl, Exil-Grazer in New York und Designer bei Work & Co., schildert im folgenden Gastbeitrag, warum sich sein Arbeitgeber darauf spezialisiert hat, wie Prototyping in der Praxis angewandt wird und welche Vorteile sich für Agenturen und Kunden daraus ergeben.

Früh testen, rechtzeitig scheitern

Prototyping beschreibt die Praxis, in einer frühen Phase der Produktentwicklung bereits testbare Ergebnisse zu produzieren, auf Basis jener iterativ weiterentwickelt werden kann. Statt Millionen Dollar zu investieren, nur um später am Markt zu scheitern, wird es ausgehend von Silicon Valley usus, anhand von Prototypen früh zu testen, gegebenenfalls zu scheitern und dann weiterzuentwickeln. Diese Prototypen können so einfach ausfallen wie ein paar aneinander geklebte Papierseiten oder auch so komplex sein wie bereits an funktionale Systeme angebundene Programme oder ausführliche Motion Studies.

Work & Co. setzte von Beginn an auf diese Praxis. Durch unseren kollaborativen Prozess agieren wir nahezu als Erweiterung des Kundenteams und sind darauf spezialisiert, innerhalb von vier Wochen nach Kick-off den ersten Design-Zyklus mit einem Prototypen abzuschliessen. Eine Rolle dabei spielt auch unser Fokus auf Motion Design als integraler Bestandteil von modernen Apps. Wir sehen Animation als einen Enabler, der komplexe Zusammenhänge für den Benutzer intuitiv verständlich macht.

Radikale Ideen, breitere Prozesse

Um eben diese Zusammenhänge und Konzepte zu präsentieren, wird bei Work & Co. auf eine Reihe von Animations- und Prototyping Tools gesetzt. Dabei entstehen in der Regel bereits in der Konzeptphase interaktive Skizzen, die zusammen mit Kunden erforscht werden können. Das erlaubt uns, in unseren Check-Ins die Diskussion schnell auf das erwünschte Verhalten und Gefühl der App zu lenken, was in Folge zu einer besseren Brand Expression führt. Ein gutes Beispiel dafür ist der digitale Relaunch von Virgin America. Die extrem vereinfachte Experience, in der sich der Booking-Prozess stückweise in einem langen Scroll entfaltet, konnte erst mit animierten Prototypen wirklich vermittelt werden. Schlussendlich hat dieses Element zu einer revolutionären Website beigetragen, die Virgin nicht zuletzt zu einem erfolgreichen Börsengang geführt hat.

Wenn man es schafft, Prototyping bereits früh in den Design-Prozess zu integrieren, ergeben sich daraus eine Reihe von Vorteilen für Agentur und Kunden. Es wird möglich, radikale Ideen schnell zu testen und nötigenfalls auch wieder zu verwerfen, bevor Unmengen an Geld in deren Entwicklung gesteckt wird. Gleichzeitig erlaubt Prototyping, den gesamten Prozess weit breiter anzulegen und möglicherweise auf geniale Konzepte zu stoßen, die im traditionellen Prozess als zu gewagt gelten würden. Für den Kunden heißt das, dass bereits früh abschätzbar wird, wie sich das Endprodukt anfühlen wird und wo potenzielle Herausforderungen liegen könnten. Ein Prototyp macht es auch möglich, Feedback von Kunden bereits im Laufe des Entwicklungsprozesses zu sammeln und zu integrieren. Genau diese Informationen sind im Jahr 2016 essenziell für eine erfolgreiche Markteinführung.

Den Kinderschuhen entwachsen

Was vor ein bis zwei Jahren noch in den Kinderschuhen steckte, ist heute aus dem Design-Prozess nicht mehr wegzudenken. Während im vergangenen Jahr einfache Prototyping Tools wie Invision, Marvel oder Flinto bereits den Einzug in den Mainstream schafften, arbeiten in der Zwischenzeit so gut wie alle großen Player an eigenen Tools: Facebook mit Origami, Google mit Form, Adobe mit Project Comet und diverse andere mit CSS/JS Frameworks. So wie digitale Produkte unseren Alltag mehr und mehr bestimmen, wird auch Prototyping zum unverzichtbaren Bestandteil der täglichen Arbeit von Agenturen und Startups.

Originally published at fifteenseconds.co on February 4, 2016.

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