TEDxVienna-Gründer Vlad Gozman im Portrait. © Mahir Jamal

Vlad Gozman: „Die Welt entwickelt sich zum Positiven weiter“

Nino Groß
Fifteen Seconds
Published in
5 min readMar 13, 2017

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Man muss kein Zweckoptimist sein, um Licht am Horizont zu sehen. Vielleicht genügt es ja auch, Ideen und Lösungen auf die Straße zu bringen. TEDxVienna-Gründer Vlad Gozman im Kurzgespräch zwischen Rationalismus, Fehlerkultur und österreichischem Innovationsgeist.

Wer ist Vlad Gozman eigentlich? Bitte beschreibe dich selbst in drei GIFs.

Gozman: In dieser Reihenfolge:

Womit verbringst du deine Zeit? Bitte nenne uns die letzten drei Einträge deines Google-Suchverlaufs.

Gozman: Am häufigsten findet man mich in der Gumpendorfer Straße, im Büro von stereosense. Zusammen mit einem Team von talentierten Leuten entwickle ich dort eine Content-Management- und Publishing-Plattform für VR. Wenn ich nicht vor dem Laptop bin, sitze ich in internen oder externen Meetings und mache von ziemlich allem etwas, von Produktentwicklung bis zu Sales und Admin-Tätigkeiten. Am Abend findet des Öfteren ein TEDxVienna- oder AustrianStartups-Team-Meeting statt, bei dem ich dabei bin oder das ich hoste. Meine letzten drei Google-Suchen waren: „implement spherical audio in vr“, „use cases for blockchain“ und „google search history“.

Im Oktober fand die vierte Ausgabe von TEDxVienna statt, die unter dem Credo “Out There” stand. Wie hat sich die Welt da draußen im letzten Jahr deiner Ansicht nach verändert?

Gozman: Für viele war 2016 ein Jahr voller Umwälzungen, Gewalt und Negativität. Blickt man aber über die Schlagzeilen und schaut sich geschichtliche Fakten und Datenmaterial an, so bemerkt man, dass die Welt sich generell zum Positiven weiterentwickelt. Ein Trend, der fast in allen Bereichen zu sehen ist. Kindersterblichkeit, extreme Armut und Analphabetismus haben historische Tiefen erreicht, während Grundausbildung, Impfungen und Demokratie so verbreitet sind wie nie zuvor. Es gibt einige Projekte, die Licht in dieses Dunkel bringen, indem sie Daten einer breiten Öffentlichkeit verfügbar machen. Ein tolles Beispiel findet man hier: https://ourworldindata.org/. Sicher passierten im Vorjahr einige schreckliche Dinge, die da oder dort die Demokratie bedrohen. Aber bevor man in eine allgemeine, düstere Endzeitstimmung versinkt, sollte man versuchen, spezifische Gefahren zu identifizieren, um für diese gezielt Lösungsansätze zu entwickeln. Fakt ist: Wir haben noch vieles zu lösen.

2010 hast du deine Sachen gepackt und bist ins Auto gestiegen, um deine alte Heimat Rumänien auf der Suche nach einer neuen zu verlassen. Wie würdest mit sieben Jahren Erfahrung später das österreichische Verhältnis zu Innovation und Unternehmertum beschreiben?

Gozman: In 2010 waren Startups für wenige in Wien ein Begriff und diese Personen bewegten sich üblicherweise in den immerselben Kreisen. Mittlerweile hat sich österreichweit ein Startup-Ökosystem entwickelt, mit repräsentativen Organisationen in allen möglichen Kategorien wie beispielsweise Risikokapital, Co-Working, Inkubatoren oder Networking-Events. Dank einiger Erfolge und medialer Präsenz wurde Unternehmertum in den letzten drei Jahren auch vermehrt zu einem Massenthema. Wir sehen es bei den monatlichen AustrianStartups-Events, die wir veranstalten. Da kommen immer mehr junge Leute hin, die überlegen zu gründen und uns als erste Anlaufstelle für den Anschluss an die Community sehen. Andererseits gibt es gute Ansätze und Zeichen seitens der Regierung, um Unternehmertum zu fördern. Also all-in-all eine positive Evolution, aber im internationalen Kontext bei Weitem nicht genug, um konkurrenzfähig zu sein. Von Bürokratieabbau bis hin zu investitionsfördernden Maßnahmen: Da gibt es noch vieles, wo man weitermachen muss.

Neben TEDxVienna hast du mit Adspired Technologies, The Tomorrow und stereosense mehrfach gegründet. Wie hast du bisher die unternehmerische Fehlerkultur im Land erlebt? Scheitert es sich bei uns besser oder schlechter als anderswo?

Gozman: Scheitern ist hierzulande noch ein Stigma, das man potenziell lange Jahre mit sich trägt. Fails sollten aber auch nicht unbedingt gefeiert werden, eher sollte die betroffene Person die Initiative, was zu starten, und die daraus gezogene Erfahrung als wertvoll einstufen. Aus dieser Sicht gibt es definitiv einige Länder, wo es sich besser scheitern lässt als hier. Die andere Seite davon ist, dass Österreich im internationalen Vergleich ein starkes Sicherheitsnetz hat, das Personen auffängt, die alles verloren haben und sie dabei unterstützt, einen Neuanfang zu machen. So gesehen sollten mehr Österreicher den Schritt ins Unternehmertum wagen.

Was hast du mit TEDxVienna bereits erreicht?

Gozman: TEDxVienna ist seit 2010 organisch zu einer aktiven Innovations-Community gewachsen. Die Freundschaft, die sich zwischen einzelnen Mitgliedern aus dem TEDxVienna-Organisationsteam entwickelt hat, ist auf persönlicher Ebene sicher die größte Errungenschaft. Darüber hinaus durfte ich über die Jahre mit sehr vielen prägenden globalen Persönlichkeiten aus den unterschiedlichsten Branchen zusammenarbeiten. Das war immer eine Ehre für mich. Ich mache TEDx aus der Überzeugung heraus, dass Menschen, die in einem immersiven Setting mit neuen Ideen konfrontiert werden, ihr eigenes Leben und das von anderen zum Besseren verändern können. Immer wenn jemand berichtet, dass er bei einer TEDxVienna-Konferenz den Anstoß für ein neues Projekt gefunden hat, bestätigt das unsere Bemühungen.

Was willst du mit TEDxVienna noch schaffen?

Gozman: Das große Potenzial hinter TEDxVienna ist der Community-Aspekt und die Netzwerk-Effekte. Für die kommenden Monate und Jahre streben wir eine bessere Vernetzung mit dem globalen TED- beziehungsweise TEDx-Netzwerk an. Dabei wollen wir durch engere Beziehungen und interkulturelle Anreicherungen neue Denkweisen hervorbringen, um schlussendlich als globale Community Lösungsansätze zu akuten Problemen der Menschheit zu schaffen. Die Gemeinschaft von TEDxVienna sollte die Chance haben, sich einzubringen und mit der internationalen TEDx-Gemeinde auszutauschen. Das klingt nach einer großen Verantwortung und das ist es auch. Doch ich bin überzeugt, dass wir in den fast neun Jahren, seitdem das TEDx-Programm ins Leben gerufen wurde, nur an der Oberfläche unseres Potenzials gekratzt haben.

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Nino Groß
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