Aus der Reihe: Antonia Lenz

Warum entschiedet sich eine junge Frau heute für eine Ausbildung zur Köchin? Antonia Lenz hat uns erzählt, was ihr der Job bedeutet und wie sie ihn sieht.

Fürstenfelder
Fürstenfelder Magazin
3 min readJul 28, 2017

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Als Antonias erster Teller mit einer Vorspeise die Küche verließ, und zum Gast rausging, sah sie ihm mit einem mulmigen Gefühl hinterher. Es gab keine Beanstandung und das ist für den Anfang gut.

Essen ist Kommunikation, das merkt man auch als Auszubildende schnell. Doch die Gastro-Branche ist immer noch verschrien für ihre Ausbeutung. Viele ergänzen die Gleichung Kommunikation + Küche automatisch mit
= brüllender Chefkoch und strenge Hierarchien.

Warum entscheidet sich eine schmale 16-jährige Frau dafür, dort eine Ausbildung zu machen?

Im September beginnt ihr drittes Lehrjahr. Antonia, 18, in der Fürstenfelder Küche.

Gastronomie als Familiensache

Antonia lacht, schiebt die kinnlangen blonden Haare hinters Ohr und sagt: »Ich war mir da sehr sicher!« Schließlich ist die mittlere von drei Schwestern ein Gastro-Kind und wusste: Was mich dort erwartet, suche ich. Die Großeltern hatten ein Restaurant in Bayreuth und neben der halben Familie arbeiteten auch ihre Eltern in der Gastronomie. Mit etwa acht Jahren stand sie das erste Mal in der Küche, schnippelte Gemüse und servierte den Gästen ihr Essen. »Das war cool!«

In der Mittelschule wurde dann ebenfalls nachmittags gekocht. Wenn die anderen nicht wussten, was man jetzt mit so einem Blatt Gelatine anfängt, konnte Antonia aushelfen. Und wenn sie mal nicht weiterweiß, kann sie immer ihre Mutter fragen. 2011 stiegen die Eltern aus der Gastronomie aus und zogen ins Münchner Umland. Aber auch heute noch gehören Essen und Familie für sie zusammen. Mal kocht der Papa, mal Antonia für alle. Manchmal sitzen dann ein Dutzend Leute um den Tisch.

Kochen ist Denken

Dieses Gefühl von Zusammengehörigkeit ist Antonia wichtig. Dabei schlägt sie sich zweifelsohne auch alleine durch. Das sieht man ihr schon an, wenn sie in schwarzer Lederjacke und weißen Turnschuhen von ihrem Roller absteigt und auf einen zukommt. Aber familiäre Teamarbeit ist einfach schöner. Das schätzt sie an ihrem Ausbildungsplatz. »Wenn es bei uns in der Küche stressig wird, fallen eben die Höflichkeitsfloskeln weg«, sagt sie. »Ich weiß nicht, warum man rumschreien müsste.« Und während sie in der Berufsschule vielen anderen Azubis begegnet, die mit Tiefkühlprodukten arbeiten, ist sie über die frischen Zutaten froh, die sie in die Finger bekommt. Hier lernt sie nicht nur, wie man ein Rind zerlegt, sondern auch, welche Arbeit die Möhrenernte den Bauern kostet. »Wenn man das erlebt, lernt man den Wert der Dinge kennen. Man verarbeitet sie sorgsamer und wirft weniger weg. Man kommt einfach ins Denken.«

Zu denken gab ihr auch ein Praktikum, das sie vor Beginn ihrer Ausbildung in einer Hotelküche absolvierte. Dort bekam sie die Rückmeldung, dass sie für den Job noch zu jung sei – und übrigens auch zu weiblich. Dabei lernen in Antonias Klasse längst mehr Frauen als Männer. »Und das ist gut, weil es das Arbeitsklima positiv verändert.«

Jung ist sie zwar immer noch, aber eine Ausnahmeköchin, sagt Geschäftsführer Gerhard Kohlfürst. »Die kocht erfahrenen Köchen was vor.« Gut für das stabile Arbeitsklima in der Fürstenfelder Küche, der sie noch eine Weile erhalten bleiben will. Und gut für die Gäste, die ihre leeren Teller längst mit Lob an die Köchin zurückgeben.

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