Aus der Reihe: Dorothea und Andreas Hatzl

Auf dem Kartoffelhof der Familie Hatzl trifft der Besucher auf ein unterschiedliches und sehr erfolgreiches Paar.

Fürstenfelder
Fürstenfelder Magazin
4 min readNov 20, 2019

--

Dorothea und Andreas Hatzl | © Toby Binder

»Es wird ein guter Jahrgang,« sagt Andreas Hatzl wie ein Winzer über seine Trauben. Doch statt Trauben befühlt der bedächtige Mann in seinen schmalen Händen einige frisch geerntete Kartoffeln. Winzer gelten als die Intellektuellen unter den Landwirten, Kartoffelbauern eher nicht.

Kartoffel-Enthusiast Andreas Hatzl | © Toby Binder

Fachwissen…

Dabei ist das mit dem dümmsten Bauern und den dicksten Kartoffeln eine Gemeinheit. Die Kartoffel ist schließlich eine Zimperliese. Ihre weltweit mehr als 4.000 Arten haben individuelle Eigenheiten. Baut man sie zudem biologisch an, wie hier auf dem Hatzlhof in Esting bei Fürstenfeldbruck, braucht es Geduld und Erfahrung. Regnet es zu viel, droht die Kraut- und Knollenfäule. Gibt es zu wenig Sonne, können mehlige Sorten nicht ausreichend Stärke bilden, um ihre typische Kocheigenschaft zu entwickeln. Andreas Hatzl hat Geduld und er weiß genau, was seine Feldfrüchte brauchen — auch ohne chemische Hilfsmittel. Er ist der eine Teil, der für den Erfolg dieses großen Betriebs verantwortlich ist.

… und kluges Wirtschaften

Der andere Teil steht derweil im Hofladen. »Bobby, jetzt is’ Schluss! Da kommst’ her!« pfeift Dorothea Hatzl den großen Hund draußen zurück. Der aufgeregte Labrador folgt sofort. »Ich mache alles, was mit Organisation, Personal und Geld zu tun hat«, sagt die studierte Betriebswirtin, die sich ein Dasein als Bäuerin eigentlich gar nicht vorstellen konnte.

Seit mehr als 20 Jahren wirtschaftet das Ehepaar Hatzl auf dem Hof nach den Richtlinien von Bioland. Kartoffeln waren hier schon immer wichtig. Die Schotterböden der Amperauen rundherum sind für ihren Anbau besonders geeignet. Schon Andreas Hatzls Vater fuhr mit dem Traktor zu den Pfanni-Werken nach München und lieferte dort die Ernte ab. Doch als der Großfabrikant für Kartoffelgerichte in den 90er Jahren schloss, war das ein wirtschaftliches Desaster für den Hatzlhof.

Grünes Licht für gelbe Kartoffeln

Die Knollen lagern in besonderem Licht | © Toby Binder

Aufgeben war für den jungen Andreas Hatzl keine Option. »Als Kind bin ich beim Kartoffel-klauben über das Feld gegangen und hatte viel Zeit zum Nachdenken«, sagt er. »Damals war mir schon klar: ich werde mal Bauer.« Die Liebe zur Knolle war früh gesetzt.

Auch die Eltern von Dorothea Hatzl waren Landwirte. Sie bauten Zuckerrüben und Weizen an. »Kartoffeln hatten bei uns keine besondere Aufmerksamkeit«, sagt sie lachend zwischen Zentnern von Kartoffeln, die hier im Hofladen lagern und gesteht: »Ich war nie der Kartoffel-Typ.«

Ihr Mann geht durch die riesige Lagerhalle, in der sich links und rechts im grünen Schein Kartoffelkisten voll Musica, Anuschka und Allians bis unter die Decke stapeln. Selbst die Lagerung der empfindlichen Knollen ist eine Wissenschaft. Sie werden grün, wenn sie dem Licht ausgesetzt sind. Dann bilden Kartoffeln das natürliche Gift Solanin aus, das sie vor Fressfeinden schützt. Auch für Menschen ist Solanin ungesund. Spezielle Lampen filtern daher alle roten Nuancen aus dem Lichtspektrum heraus. »Die Kartoffel ist ein Lebewesen«, sagt Andreas Hatzl im erdigen Duft der Halle, »so muss man sie auch behandeln.« Es wäre ihm schwergefallen, sich von den Knollen zu verabschieden.

Doch in den turbulenten Jahren der Pfanni-Pleite begegnete dem jungen Bauern die richtige Partnerin. Eine, die den organisatorischen Weitblick hatte. Sie sahen sich das erste Mal auf einem Hoffest, das Andreas Hatzl ausrichtete. Sie übernahm damals die Kinderbetreuung auf dem Fest. Und wer eine Horde Kinder im Zaum halten konnte, der wüsste wohl auch einen Hof zu führen. Acht Monate später heirateten die beiden.

Ein gemeinsamer Neuanfang

Gemeinsam stellten sie das bis dahin breit aufgestellte Geschäftsmodell aus Bullenmast, Getreideanbau und etwas Kartoffelproduktion ein, um sich ganz auf die Bio-Kartoffel zu konzentrierten. Ein Neuanfang, der sich auszahlte. Heute bauen sie auf 180 Hektar bis zu 12 Sorten gleichzeitig an und bringen bei Betriebsführungen Kindern und Erwachsenen den pestizidfreien Bio-Anbau der Kartoffel näher. Neulich war sogar die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber auf dem Vorzeigebetrieb zu Gast.

Ab in den Sack: Nach der Ernte sortieren Mitarbeiter die Kartoffeln | © Toby Binder

Als sich die Wege des geschäftigen Ehepaars auf dem Hof für einen Moment kreuzen, streicht sie ihm den Staub von den Schultern. Dorothea Hatzl ist froh, dass sie ihre Meinung zum Leben als Landwirtin änderte. »Ich kann mir heute nichts Schöneres vorstellen.«

Ihre Lieblingskartoffel ist die Purple Rain mit ihren kleinen violetten Knollen. Andreas Hatzl bevorzugt dagegen die Allians, eine große, tiefgelbe Knolle. Gegensätze ziehen sich eben an und sie ergänzen sich selten so gut wie auf dem Hatzlhof. Und neben allen Unterschieden verbindet die beiden ihre offene Herzlichkeit.

»Wir sind halt wie das Engelein und das Teufelein«, sagt Dorothea Hatzl — auch, wenn man ihr das Teufelein nicht so recht abnimmt. Der Labrador behält seine Chefin vorsichtshalber im Blick.

Den Hatzlhof mit seinem Hofladen findet Ihr hier: hatzlhof.de

--

--