Blockchain: Mehr Freiheit für den Einzelnen
Hype oder vielversprechende Zukunftstechnologie?
Mittlerweile liest man fast täglich in den Medien über Bitcoin und über die Blockchain-Technologie, die dahinter steht. Alle reden davon, dass die Blockchain das nächste große Ding in der Tech-Industrie ist und unser Leben revolutionieren wird. Aber im Grunde ist das Ganze doch ein sehr abstraktes “nerdiges” Thema, das nur die wenigsten richtig verstehen. Verfechter der Blockchain glauben, dass in ihr derart großes disruptives Potenzial steckt um ganze Wirtschaftszweige umzukrempeln. Aber wird das auch wirklich geschehen und wenn ja, wie?
Maja hat euch in ihrem letzen Blogbeitrag über technologische Prophezeihungenerzählt, im Bezug auf die Blockchain-Technologie prognostizieren Experten einen langfristigen Erfolg. Bis zur Etablierung wird es ihnen nach allerdings noch fünf bis zehn Jahre dauern.*
Wir von Liechtenecker haben das Thema schon länger auf dem Schirm und möchten nun auch gern unseren digitalen Senf dazu geben. Mitten in der Recherche zu dem Thema, über das ich mir mit voller Motivation vorgenommen hatte zu berichten, kamen starke Zweifel. Immerhin bin ich weder Wirtschafts- noch Finanzexpertin sondern Designerin mit zugegeben — eher unterirdischem Wissen — über das Thema. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, hat es mich immer gestört, dass man Blockchain nur so schwer verstehen kann, da sie nichts greifbares, nichts visuelles ist. Daher werde ich versuchen das Thema in einfacher Sprache, möglichst simpel, zu erklären.
Worum geht’s eigentlich?
Konkret versteht man unter der Blockchain eine Liste an Datensätzen, in der Transaktionen gespeichert werden. Die Liste wird von einer Vielzahl an Rechnern verwaltet, gehört also keinem Unternehmen und keiner Behörde, der Mittelsmann wird also komplett weggelassen. Jeder Rechner besitzt eine Kopie der verschlüsselten Daten, sie sind für alle nachvollziehbar und nicht veränderbar.
Aha. Aber wie funktioniert das jetzt genau?
Am einfachsten erklärt man die Funktionsweise anhand des Blockchain Paradebeispiels — Bitcoin. Bitcoin verhält sich zur Blockchain wie das WWW zum Internet — eine konkrete Anwendung vs. die gesamte Plattform.
Angenommen Person X sendet Person Y 1 Bitcoin. Diese und alle weiteren Transaktionen werden in der Blockchain aufgezeichnet. Die Namen der Personen werden dabei umgewandelt und anonymisiert. Außerdem erhält die Transaktion einen Wert, der Auskunft über die Herkunft und Reihenfolge gibt, einen Zeitstempel und die Angabe wieviele Iterationen es gebraucht hat um den Block zu finden.
Ob die Transaktion gültig ist, überprüfen sogenannte Miner. Der Miner, der als Erstes den Block verifizieren kann, bekommt als Belohnung dafür eine bestimmte Anzahl an Satoshis (kleine Einheit an Bitcoins, ähnlich Cent). Wird der Block als gültig erklärt erhält er einen Hash-Wert. Dieser Wert enthält auch immer die Information über den vorherigen Block, die ganz klar angibt wo er zu stehen hat. Die Blöcke ergeben somit eine unveränderbare Aneinanderreihung, eine Kette.
Die Haupteigenschaften einer Blockchain sind:
- Dezentralität: Das System ist auf viele einzelne Rechner verteilt und hat kein Zentrum.
- Nicht manipulierbar: Dadurch, dass jeder Block auf den vorherigen aufbaut, ist es nicht möglich die Daten zu verändern. Sobald ein Eintrag als valide von den Parteien freigeschalten wird ist er nicht mehr editierbar.
- Transparenz: Die Liste mit den Einträgen ist für jeden einsehbar. Es können zum Beispiel keine Überweisungen mehr verschleiert werden, da alle Angaben irreversibel in der Liste eingetragen sind.
Passiert eine neue Transaktion wird diese in einen neuen Block geschrieben. Dieser Block ist mit dem vorherigen verknüpft und für immer in der Kette gespeichert. Da dies nicht auf einem, sondern auf vielen auf der Welt verteilten Rechnern passiert, ist das Manipulieren der Daten fast unmöglich.
Die Dezentralisierung ist unausweichlich
In Zeiten der Globalisierung ist es naheliegend, dass Menschen ihr eigenes Geld und ihre eigenen Daten selbst besitzen und kontrollieren möchten. Gerade die jungen, digital affinen Millennials verspüren derzeit den Wunsch nach Veränderung und Innovation. Das eigene Kapital wird nicht mehr bei Mittelsmännern, sprich Banken, sondern im eigenen Wallet aufbewahrt und verwaltet.
Anwendungsbeispiele
Als mögliches Anwendungsbeispiel kann jedes System herangezogen werden, das auf einer zentralen Autorität basiert, wie zum Beispiel soziale Netzwerke, Online Dating, Wahlsysteme, staatliche Dokumente oder Lieferketten von Lebensmitteln. Fehlervermeidung, Effizienzsteigerung und eine Senkung des Bürokratieaufwands sind hier die Hoffnungsschimmer.
Was bringt die Blockchain für Design?
Die Blockchain sieht sich auf viele Arten mit den selben UX-Herausforderungen als digitales Design generell konfrontiert. Wie bietet man Usern die Informationen, die sie brauchen am besten und intuitivsten an und schafft dabei ein positives Erlebnis?
Coinbase zum Beispiel macht in dieser Hinsicht einen fantastischen Job. Es ist eine Handlesplattform, über die FIAT-Währungen in Kryptowährung getauscht werden können. Die User Experience erinnert stark an Banking Apps, die User schon gewöhnt sind. Sie verwenden also eine bereits gelernte Interaktion um Menschen einfach an das neue Thema heranzuführen. Das Ganze wirkt zudem sehr transparent und seriös. Mit dem technischen Aspekt, der dahinter steckt, muss sich der User nicht beschäftigen; er kann sich ganz auf das Wesentliche (in diesem Fall das Kaufen und Verkaufen von Kryptowährungen) konzentrieren.
Die erste Welle an Startups mit dem Fokus auf Blockchain hat sich hauptsächlich auf die Eigenschaft als Aufbewahrer eines Wertes in Form von digitalem Geldkonzentriert. Mining Farmen, Handelsbörsen, Wallets etc. sind entstanden. Nun sind wir bei der zweiten Welle angelangt, bei der es darum geht Anwendungsmöglichkeiten zu finden bei denen es um mehr geht, als “das Geld neu zu erfinden”.
Da die Blockchain einen massiven Einfluss auf Banken, Versicherungen und die persönliche digitale Identität haben wird, werden im Laufe der Zeit viele neue Applikationen dafür entstehen. Power to the people! Diese werden womöglich ganze Industriezweige (zum Beispiel: Finanzwesen, Wirtschaft, Gesundheitswesen) umgraben und Neuerungen sowohl für die Technologie als auch für die User Experience bieten.
Generell kann man sagen, dass die Welt der Blockchains eine sehr technische ist und daher noch nicht viel Eye-Candy vorhanden ist. Das wiederum ist eine große Chance für Designer, in dieser noch sehr jungen Industrie mitzuwirken und sie mit zu gestalten. Ich persönlich werde mich auf jeden Fall weiter mit dem Thema beschäftigen um herauszufinden, ob es sich im Endeffekt nur um einen Hype handelt, oder sich die Blockchain doch als die bahnbrechende Technologie unserer Zeit herausstellt. Fakt ist, man kann es derzeit noch nicht sagen.
Weiterführende Lektüre: Kritische Notizen zur Blockchain von Johannes Klingebiel
*Quelle: https://t3n.de/news/blockchain-jobs-neuer-trend-deutscher-arbeitsmarkt-914515/