Leben 1.0

Zurück zu den Ursprüngen

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2 min readMay 26, 2014

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Es ist 7 Uhr morgens. Der Wecker klingelt. Die Augen sind noch ganz klein, aber routiniert wandert die Hand wie ferngesteuert zum Smartphone. Es liegt in Griffweite direkt neben dem Bett — und es ist die Kommandozentrale für das „digitale Leben“.

In den vergangenen 20 Jahren haben wir die Technisierung des Alltags miterlebt. Widerstandslos, ja sogar bereitwillig, sind wir zu Sklaven des digitalen Zeitalters geworden. Das Smartphone bestimmt unser Leben, Online-Chats sind die Stammtische des 21. Jahrhunderts, ein Haustier hält man sich per App, Beziehungen lassen sich am Bequemsten über Skype führen … und beenden per SMS. Alles geht schnell und unkompliziert. Ein Blick, ein Klick. Bereit für die nächste Aufgabe.

Unser Alltag ist zum Verdrängungswettbewerb von Informationen geworden. Von allen Seiten werden wir mit Daten bombardiert: Auf dem Weg zum nächsten Termin schnell E-Mails checken, kurz die WhatsApp-Einträge überfliegen und in der Schlange beim Bäcker die aktuellen Facebook-Postings lesen. Bei 600 virtuellen Freunden kommt da einiges zusammen. Doch was bleibt hängen? Lassen sich die Botschaften bei einer Wahrnehmung von wenigen Sekunden überhaupt erfassen? Gibt es überhaupt eine Botschaft? Ist jeder „Furz“ eine Nachricht wert?

In den letzten Monaten konnte ich eine Rückbesinnung auf „traditionelle“ Kommunikationswege beobachten. Ein WhatsApp-Verweigerer verschickt handgeschriebene Briefe, Grüße aus dem letzten Urlaub gehen nicht als Twitter-Nachricht, sondern auf einer Postkarte in alle Welt, Verabredungen erfolgen nicht per SMS, sondern wieder am Telefon, und man trifft sich pünktlich — ohne kurz vorher per Kurznachricht um Terminverschiebung zu bitten. Schließlich kommt man persönlich, statt seinen Avatar zu schicken. ;-)

Es ist ein stückweit ungewohnt … und im ersten Moment vielleicht auch etwas unbequem. Doch alles ist viel intensiver, nicht so flüchtig. Ein Brief fasst viel mehr Zeichen als eine Twitter-Nachricht, ein handgeschriebener Text kann nicht einfach wieder verändert werden, eine Postkarte lässt sich nicht an 600 „Freunde“ gleichzeitig adressieren, Verabredungen pünktlich wahrzunehmen zeigt Respekt für sein Gegenüber und erfordert nicht zuletzt auch ein gutes Zeitmanagement. Genau wie früher, als es noch kein Handy und kein Smartphone gab. Man kann all das nicht nebenbei oder gleichzeitig machen. Doch es lohnt sich!

Der Blick in den Briefkasten zaubert ein Lächeln auf die Lippen, wenn es zwischen Werbung und Rechnungen auch wieder persönliche Botschaften zu entdecken gibt. Ein Spieleabend mit Freunden ist viel kommunikativer, als in der Quiz-App alleine gegen Highscores anzutreten. Echtes Leben statt virtuelle Realität. Gemeinsam statt einsam. Nicht im Social Network, sondern im eigenen Wohnzimmer oder im Biergarten. Die modernen Kommunikationsmittel haben ganz sicher Ihre Existenzberechtigung. Aber ist deswegen automatisch alles überholt, was noch vor 20 Jahren unseren Alltag bestimmt hat?

Foto: bildaspekt.de / pixelio.de

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