Drei Feuer brennen auf dieser Welt: Gier, Hass und Angst

…und sie werden uns verzehren, wenn wir es zulassen!

Wir wissen, dass wir die Welt zerstören. Wir wissen, dass wir eine Hölle auf Erden schaffen, mit der unsere Nachkommen tausende von Jahren leben werden müssen. Wir wissen, dass wir die Ressourcen des Planeten exponentiell und nicht nachhaltig verbrauchen. Wir wissen, dass uns bald die Grundlagen ausgehen werden, von denen unser Leben abhängt: atembare Luft, sauberes Wasser, nahrhaftes Essen, fruchtbarer Boden, Ackerland, Energie, Strom.

Wir wissen das alles seit über 50 Jahren. Wir kennen auch die wahrscheinlichen Folgen, wenn wir weiter auf diesem Weg weitergehen: unaussprechliches Leiden für Milliarden von Menschen, wahrscheinlich sogar das Aussterben aller gesamten Spezien.

Und trotzdem machen wir weiter wie bisher.

Wir reden viel. Wir zahlen ganze Heerscharen und Armeen von Wissenschaftlern, um uns dann sagen zu lassen, wie schlimm es um den Zustand dieses Planeten steht. Wir machen Versprechen und verpflichtungen uns zum Wandel, zur Transformation. Trotz aller Gespräche; trotz allem, was wir gelernt haben, lassen wir weiterhin die CO2-Emissionen steigen und beobachten weiter die verheerende Auswirkungen unserer Untätigkeit: sich unaufhaltsam erhitzende Meere, überschrittene Kühlgrenztemperaturen und humanitäre Hyperkrisen auf der ganzen Welt. Doch unsere Staatsoberhäupter bleiben irgendwie seltsam selbstgefällig und passiv: verzögern, ablenken, heucheln.

Warum können wir nicht aufhören, uns und unseren Planeten zu töten? Welch äußerst merkwürdige, irrationale und komplett wahnsinnige Kreaturen wir doch eigentlich sind, die im Angesicht unseres eigenen Untergangs einfach den Kopf zur Seite drehen und weg blicken?

Ich glaube, dies ist die entscheidendste Frage unserer Zeit, der wirkliche Zeitgeist dieses neuen Zeitalters. Es ist die Frage, die wir beantworten müssen, wenn wir als Spezies weiter auf diesem Planeten leben wollen. Irgendwie überleben wollen. Es ist die Frage, die wir uns ein halbes Jahrhundert lange mit allem in unserer Macht stehendem vermieden haben zu stellen. Warum handeln wir auf diese irrationale, selbstzerstörerische Art und Weise?

Wenn wir nach Gründen suchen, neigen wir oft dazu, uns zuerst auf die unmittelbare Ursachen zu konzentrieren. Wenn etwas nicht passiert, fragen wir hingegen “Warum nicht”? Wir suchen nach Hindernissen und Barrieren, die direkt dieser Entwicklung oder diesem Fortschritt im Wege stehen. Zum Beispiel habe ich mich früher auf der Suche nach der Antwort auf die abscheuliche amerikanische Republikanische Partei konzentriert. Ich habe sie mit einem Haufen Müll verglichen, der den einzigen Ausgang aus einem brennenden Hochhaus blockiert — und darin die Ursache gesehen. Andere wiederum sehen den Grund im Endzeit-Raubtier-Kapitalismus, in den Folgen des Neo-Kolonialismus, in der sich rapide erweiternde Schere der Ungleichheit oder im weltweit aufsteigenden Autoritarismus.

Aber sind das wirklich die Ursachen, warum wir weitermachen wie bisher? Ich glaube nicht, weil sie nur zu tieferen kausalen Fragen führen: Warum haben wir eigentlich Kapitalismus, diese extreme Ungleichheit und beobachten überall auf der Welt erstarkenden Autoritarismus? Und warum haben wir eine Republikanische Partei?

Meines Erachtens aus folgendem Grund.

Drei Feuer lodern in uns — Gier, Hass und Angst.
Diese drei Feuer haben — bedauerlicherweise — die Entwicklung unserer Spezies hin zur heutigen Zivilisation erst ermöglicht und befeuert, seitdem wir zum ersten Mal über die Savannen Afrikas gestrichen sind. Seit Jahrtausenden waren sie adaptiv und erhöhten die Wahrscheinlichkeit, in einer feindlichen, unvorhersehbaren und leeren Welt zu überleben. Aber heute, in einer vollen Welt, mit über acht Milliarden Menschen und mehr von Menschen erschaffener Masse als Biomasse auf dem gesammten Planeten, sind sie schlecht an unsere heutigen Bedüfnisse angepasst und ermöglichen uns keinen Vorteil beim Überleben mehr, sondern sie behindern es sogar.

Dies sind die wirklichen Ursachen unserer Lähmung, unserer Schreckstarre angesichts der Hyperkrisen und Klimakatastrophen. Um auf diesem Planeten zu überleben, müssen wir diese drei uralten inneren Triebe und Instinkte, die uns bis hierher gebracht haben, erkennen und uns von ihnen lösen. Wir müssen diese Feuer löschen bevor andere ihnen noch Luft zufächern um diese zu Großbränden zu entfachen. Wir müssen diese Feuer löschen bevor diese uns vollends zu verzehren drohen!

Aus diesem Grund ist es auch so schwierig, den Klimawandel, unseren Überkonsum (auf englisch: Overshoot) und den nicht nachhaltigen Verbrauch der natürlichen Ressourcen zu beheben. Unser Problem geht weit über das einfache Entfernen des Müll, der die Tür des brennenden Hochhauses blockiert hinaus. Selbstverständlich müssen wir den Müll, der mittlerweile selbst lichterloh brennt entfernen, aber wie können wir verhindern, dass er sich dort wieder anhäuft damit wir endlich anfangen können das Hochhaus zu löschen und die eingeschlossenen Bewohner zu retten?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns mit den Ursachen befassen, die in erster Linie den Müll produzieren: diese drei zutiefst inneren Werte und Triebe — Gier, Hass und Angst.

Gier
Die Gier hat ihre Wurzeln eigentlich in einem positiven menschlichen Aspekt: Wir sind natürlich Streber. Wir wollen mehr. Wenn wir eine Lücke zwischen dem sehen, was wir wollen und dem was wir haben, entwickeln wir automatisch Ziele, um diese Lücke zu schließen. Und dann verfolgen wir diese mit Plänen und Handlungen. So erreichen wir Dinge: vom Kratzen eines unerreichbaren Juckreizes mit Hilfe eines Stocks bis zum durchtunneln eines ganzen Berges.

Eine kurze Historie der Gier
Aus unseren frühesten Überlegungen über die menschliche Natur und die soziale Ordnung haben wir Menschen erkannt, dass unser Wunsch nach “immer mehr” komplett außer Kontrolle geraten kann. Während unser Trieb zum Besitz, Erwerb und Konsum irgendwie angeboren erscheint, scheinen wir keine ebenso angeborene Fähigkeiten zu haben, uns zu bremsen. Wir haben uns seit vielen Jahrhunderten auf religiöse und moralische Ermahnungen verlassen, um unsere Besitz- und Konsumimpulse einzudämmen. Gier taucht zum Beispiel in zwei der zehn Gebote auf. Sie erscheint in fast jeder Liste der „Todsünden“. Die Bibel nennt sie “die Wurzel aller Übel” (1. Timotheus 6:10). Die negativen Folgen der Gier werden in populären Geschichten wie “The Story of King Midas” illustriert. Dante gibt in seinem Inferno den Gierigen in den vierten Kreis der Hölle, wo sie die Ewigkeit verbringen, schwere Gewichte, welche sie auf Ewigkeiten hinter sich herziehen müssen und die ihre immer noch unersättlichen und unstillbaren Wünsche und Phantasien darstellen.

Um Mitte des 18. Jahrhunderts entdeckte ein Schotten namens Adam Smith eine kluge Möglichkeit, mit der menschlicher Gier umzugehen, die es nicht erforderte, Menschen mit ewiger Verdammnis zu drohen. Dies war die Idee, dass wenn Menschen ökonomischen Handel betreiben, die Gier des Einzelnen (welche Smith als Eigeninteresse definierte), in eine für beide Seiten vorteilhafte Transaktion münden würde, welche auch das bestmögliche wirtschaftliche Resultat hervorbringt. Smith beschrieb diese Idee in einer berühmten Passage aus dem The Wealth of Nations (1776):

“It is not from the benevolence of the butcher, the brewer, or the baker that we expect our dinner, but from their regard to their own interest. We address ourselves, not to their humanity but to their self-love, and never talk to them of our own necessities but of their advantages”
(Quelle, S. 26–27).

Smith argumentierte im Wesentlichen, dass die individuelle Gier, das Eigeninteresse für das Wohl der Gesellschaft als Ganzes arbeiten könnte. Er sagte nicht, dass „Gier gut ist“, wie einige es heute behaupten würden, sondern nur, dass sie in positive Ergebnisse geleitet werden kann. Vorausgesetzt, sie wurde innerhalb eines moralischen und rechtlichen Rahmens eingeschränkt und regelmentiert, der sicherstellte dass die Rechte und Bedürfnisse anderer nicht eingeschränkt werden (Quelle).

Aus diesem winzigen Sämling, der im Jahr 1776 von Adam Smith gepflanzt wurde, entsprangen moderne Unternehmen und unsere heutige kapitalistische Weltordnung. Ich werde nicht versuchen, diese Geschichte hier zu erzählen. Es genügt zu sagen, dass die neue kapitalistische Ordnung zunächst großartig funktioniert hat. Die menschliche Produktivität begann zu boomen, Ineffizienzen wurden aus wirtschaftlichen Beziehungen durch den „Freihandel“ und den globalen Handelsrouten glatt gebügelt und die Menschen in und um den Städten der Kapitalisten herum (Großbritannien, Westeuropa, die USA) florierten. Die Populationen wuchsen weltweit immer schneller.

Entfesselte Gier
Der industrielle Kapitalismus hat, so wie er heute existiert, zwei wesentliche Merkmale, die zu den Bedingungen führen, die unsere Fähigkeit den Klimawandel und den Überkonsum zu beheben wesentlich beeinträchtigen. Das erste ist sein Vertrauen in das profitable Wachstum als Maß und Zweck der Wirtschaftstätigkeit. Wachstum ist in einem kapitalistischen System erforderlich, da das System auf der Grundlage der Schulden heute, Rückzahlung morgen arbeitet. In seiner reinsten Form leiht der Kapitalist dem Schuldner Geld, der dies in ein Unternehmen investiert, welches wachsen muss, um das Darlehen, zuzüglich der angesammelten Zinsen zurückzuzahlen. Wenn die so entfesselte wirtschaftliche Produktion nicht ausreichend überschüssiges Kapital erzeugt, um die Kreditgeber des Systems zurückzuzahlen, werden die Kredite gestoppt und der Motor des Wachstums kommt zum Stillstand. Der Kapitalismus ist ein System der Wertschöpfung von Wohlstand, das ohne diesem Wirtschaftswachstum nicht operieren kann.

Das zweite Merkmal des modernen Kapitalismus, der zu unserem derzeitigen Dilemma beigetragen hat, ist die Tatsache, dass er sehr ungleichmäßig Wohlstand schafft. Wenn Gier die Mutter des Kapitalismus ist und der Kapitalismus ungleichmäßig Wohlstand verteilt, ist die Ungleichheit des Wohlstands die natürliche Folge von Gier und Kapitalismus.

Niemand, der die empirische Aufzeichnung betrachtet kann leugnen, dass die Ungleichheit des Wohlstands in den letzten Jahrzehnten (Quelle, Quelle, Quelle, Quelle) regelrecht explodiert ist. Dank der Arbeit des französischen Ökonomen Thomas Piketty und anderen verstehen wir nun die grundlegende Dynamik, die diesem Effekt zugrunde liegt. Die kapitalistische Akkumulation erhöht zwangsläufig die Lücke zwischen Reichen und Armen, da die Kapitalrendite historisch schneller als die Rendite der Arbeit wächst. Mit anderen Worten, das von Anlegern angesammelte Vermögen übertrifft immer das von den Arbeitnehmern erzielte. Im Laufe der Zeit endet immer mehr des Vermögens und schlussendlich auch des Wohlstandes einer Gesellschaft in den Händen ihrer reichsten Bürger, und die Kluft zwischen den Reichen und den Armen wächst unaufhörlich weiter (Quelle).

Da diese Lücke im Einundzwanzigsten Jahrhundert enorm gewachsen ist und eine, seit dem Goldenen Zeitalter der 1920er Jahre nicht mehr gesehene Dimension angenommen hat, wurde dem Mix etwas Neues hinzugefügt. Im Gegensatz zu Adam Smith glauben die heutigen Milliardäre, dass die Gier tatsächlich von Natur aus etwas Gutes ist, und dass die Gesellschaft rund um die Bedürfnisse der Reichsten unter uns organisiert werden sollte (Quelle). Für die mutige neue Generation von Ayn Rand inspirierten modernen Milliardären ist der Weg offensichtlich: Warum also nicht einfach die Regierung kaufen, welche sie einschränkt, neue Gesetze und Vorschriften diktieren, die ihnen zugute kommen und den Rest der Gesellschaft die „Freiheit“ zu lassen, schlussendlich für sich selbst zu kämpfen? Es gab in den USA nur ein Problem: Politische Bestechung war immer noch höchst illegal.

Dieses Problem wurde dann im Jahr 2010 “gelöst”, als ein hochparteilicher Oberster Gerichtshof — seine Zusammensetzung ein Ergebnis von Milliardären, die sich in seine Nominierung und Auswahlprozesse (Quelle) einmischten — in einem Fall namens Citizens United entschied, dass politische Bestechung jetzt völlig okay und legal war. Das Oberste Gericht erklärte nun nach zwei Jahrhunderten von Bundes- und Landesantibestechungsgesetzen in einer 5–4 — Entscheidung — angeführt vom Schoßhündchen der Milliardäre Clarence Thomas — dass unbegrenzte politische Spenden nicht nur durch den ersten Artikel der Amerikanischen Verfassung (First Amendment — “Free Speech”) geschützt sind, sondern dass diese sogar noch aus der öffentlicher Wahrnehmung hinter undurchsichtige SuperPACs, ohne jegliche Verantwortlichkeit oder Berichtsanforderungen, die deren Ausgaben dokumentieren, versteckt werden können.

Citizens United, wohl die schlimmste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs seit Dred Scott vs Sanford, hat eine moderne Befreiung der Gier aus den Anforderungen sozialer Rechenschaftspflicht oder persönlicher Verantwortung hervorgebracht, von der Adam Smith glaubte, sie würde in Schach gehalten (Quelle). Bis 2010 hatten die Republikaner im Kongress immer noch anerkannt, dass der Klimawandel real ist und durch Menschen verursacht wird, die fossile Brennstoffe verbrennen. Aber als die fossile Brennstoffindustrie begann, unbegrenztes Geld in die Kasse republikanischer Politiker (oder deren Gegner, wenn einer ihrer Wunschkandidaten deren Botschaft nicht mitbekommen haben sollte) zu pumpen, entwickelte jeder Republikaner im US-Haus und im Senat plötzlich eine neu entdeckte Skeptsis gegenüber diese neue, gefährliche, wohlstandsvernichtende sozialistische Verschwörungstheorie namens Klimawandel. Mit den Worten des dunklen Geldwächters Senator Sheldon Whitehouse:

„Ich glaube, wir haben wegen der schlimmen und bösartigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Citizens United Urteil die Fähigkeit verloren den Klimawandel auf parteiübergreifende Weise zu begegnen und anzugehen. Unser gegenwärtiges Versäumnis den Klimawandel wirklich substanziell anzugehen, ist ein Symptom der Dinge, die in unserer Demokratie Aufgrund von Citizens United schief gegangen sind. Diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs verbesserte nicht wie proklamiert die Mitsprache in unserer Demokratie. Es hat Mobbing und den extrem Wohlhabenden mit ihren Eigeninteressen erst ermöglicht, die wirkliche Debatte zu unterdrücken (Quelle).“

Aufgrund der inhärenten Dynamik der kapitalistischen Akkumulation hat die Welt, die wir auf dem Rücken fossiler Brennstoffe in den letzten 200 Jahren aufgebaut haben für eine kleine Minderheit von Menschen einen unvorstellbaren Reichtum und Wohlstand erzeugt, welcher zu tödlichen Hitzewellen und Fluten und beschleunigten Umwelt- und Gesundheitsschäden für den Rest von uns führt und so das Leben von Milliarden Menschen gefährdet. Doch diese kleine Minderheit hat nun eine eigene politische Partei gekauft, die sich so weit wie möglich auf ihre eigene politische Pro-Wachstums, Pro-Emissionen, Anti-Wissenschafts-Agenda (Quelle) konzentriert. Während einige ermutigende Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel erzielt wurden — hauptsächlich bei elektrischen Fahrzeugen und im Bereich der Wärmepumpen (Quelle) — hat keine Regierung oder internationale Instutition einen detaillierten Plan enthüllt, der fossile Brennstoffe langfristig auf null reduziert und durch Nicht-Umweltverschmutzende-Energiequellen innerhalb eines realistischen Zeitrahmens ersetzt, welches die schlimmsten Auswirkungen der globalen Erderhitzung vermeiden würde.

Bisher haben die Milliardäre und die fossile Brennstoffindustrie dieses Gespräch vom Tisch gehalten und sichergestellt, dass der einzige Ausstieg aus unserem metaphorischen brennenden Gebäude — die Reduzierung und die Beseitigung fossiler Brennstoffe — blockiert bleibt.

Die Gier ist eine der Hauptursache für unsere Unfähigkeit, echte Fortschritte bei der Bekämpfung des Klimawandels zu erzielen.

Hass
Kein Mensch wird geboren und hasst einen anderen Menschen. Hass muss gelernt werden, was natürlich bedeutet, dass er gelehrt wird. Aber wer sind eigentlich unsere Hasslehrer? Traditionell sind es unsere Eltern und Familienmitglieder, unsere Freunde und Bekannte, (ironischerweise) unsere Kirche und unsere Gesellschaft insgesamt. In den letzten Jahren haben die mittlerweise omnipräsenten Medien, die wir konsumieren, und die politischen Führer, die uns vertreten sollten eine immer größere Rolle bei der Lehre des Hasses in Amerika übernommen.

Im Dezember 2021 veröffentlichte ich eine Reihe von Artikeln, welche die “American National Election Studies” — die im Allgemeinen als der Goldstandard für Wahlumfragen (Quelle) betrachtet werden — von 2020 analysierten. Eines meiner Ziele war es nach Beweisen für diese „beklagenswerten“ Werte und Überzeugungen zu suchen, welche Hillary Clinton im Jahr 2016 nachgesagt wurden.

Was ich fand war ein Rattennest aus Überzeugungen, die sich um die Menschen drehten, die auf die eine oder andere Weise als zu „verschieden“, zu „ungleich“ oder einfach als „andere“ eingestuft wurden. Diese Überzeugungen waren alle streng auf das äußerste Recht politische Spektrums konzentriert und korrelierten in hohem Maße mit einer Abstimmung für Donald Trump. Dazu gehörten Rassismus, Anti-Einwanderungs-Stimmung und Anti-Minderheits-Geisteshaltungen, eine Opposition gegen die politische Gleichheit für alle, die Ablehnung von Wissenschaft und Fachwissen, Frauenfeindlichkeit und ein absoluten Mangel an Empathie gegenüber Menschen oder Gruppen, die als weniger begünstigt oder als niedrigerer Status (Quelle) wahrgenommen werden.

Wir wissen, dass die Republikanische Partei diese Überzeugungen unter ihren Anhängern, ihrer Basis seit Jahrzehnten intensiviert und gefeiert hat — zumindest seit der Einführung von Nixons „Southern Strategy“ in den 1970er Jahren durch die Partei. Mit der Wahl von Barack Obama im Jahr 2008, gefolgt von dem Aufstieg der Tea-Party im Jahr 2010, wurden die bis dahin eher ruhigen Hundepfeifen der GOP lauter und explizit rassistischer. Als sich die republikanischen Führer weigerten, Donald Trumps lächerliche Behauptung im Jahr 2012 zu verurteilen, dass Obama in Kenia geboren wurde und nicht als legitimer amerikanischer Staatsbürger, wurde die Abhängigkeit der Partei von Rassismus voll und ganz sichtbar: Es war wichtiger, die rassistischen Gefühle und Wallungen der Wähler zu befriedigen, als die offensichtliche Lüge von Trumps Lüge anzuerkennen und sich von dieser zu distanzieren. Diese Wahl ging an Trump natürlich nicht unbemerkt vorüber, da er die gleiche Technik einsetzte — Lügen ausspucken, Hass fördern und auf Gewalt hindeuten — um dann die US Präsidentschaft im Jahre 2016 zu gewinnen.

Seit Trumps Wahl vor sieben Jahren hat sich der Hass in Amerika metastasiert. Beginnend mit dem muslimischen Verbot, das kurz nach seinem Amtsantritt verabschiedet wurde, gefolgt von der unglaublich grausamen Politik zur Trennung von Kindern von ihren Familien an der südlichen Grenze („Die Grausamkeit ist genau der Punkt“), gefolgt von Trumps bewußter Entscheidung, Nazis nach der Gewalt und den Unruhen in Charlottesville als „sehr gute Menschen“ zu bezeichnen um schließlich mit dem Mob-Angriff am 6. Januar auf den US-Kongress den Höhepunkt zu erreichen. In der Trump-Show wurde Hass ein zentrales Merkmal der amerikanischen Präsidentschaft. Nach seinem widerwilligen Abzug aus dem Weißen Haus im Jahr 2020 und seiner anschließenden Anklage in 91 Straftaten in vier verschiedenen Jurisdiktionen hat Trump seine verbalen Angriffe auf jeden, der ihn herausfordert oder seine wirren Pläne durchkreuzt, zugespitzt. Oft einschließlich verschleierter oder sogar angedeuteten Drohungen für gewalttätige Vergeltungsmaßnahmen, wie in seinem inzwischen berühmten “If you go after me, I’m coming after you” post vom August 2023. Da Trumps rechtliche Aussichten sich in den kommenden Monaten weiterhin verschlechtern, können wir erwarten, dass seine paranoiden und wirren Attacken noch größere Ausmaße an Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit erreichen werden — wie nun gerade geschehen in seiner aktuellsten Rede mit bewußter Verwendung von Adolf Hitlers Rhetorik, vom 21.12.2023.

Dank dieser konzertierten Bemühungen von Donald John Trump, verstärkt von den rechten Medien, chiffriert von einem korrupten Obersten Gerichtshof und von einer verstörten, aus den Angeln gehobenen Republikanischen Partei, ist das heutige Amerika eine von Hass überflutete Gesellschaft. Ob nun Demokraten, Frauen, junge Menschen, Minderheiten oder Einwanderer, Republikaner werden jetzt offen aufgefordert und angewiesen, sie alle zu hassen. Massenmorde, die häufig auf Mitglieder dieser gleichen Gruppen abzielen, sind nun auf dem Vormarsch. Nach Angaben des Direktors des FBI (Quelle) ist der heimische rechte Terrorismus die größte kriminelle Bedrohung für amerikanische Staatsbürger geworden.

Hass ist ein Katalysator. Er fördert Argwohn, Verdacht, Misstrauen, Intoleranz, Gewalt und… noch mehr Hass. Ironischerweise sind diese Tendenzen bei den Republikanern die ein Amt innehalten vielleicht stärker ausgeprägt als bei den republikanische Anhänger ihrer Basis. Wenn wir das Fiasko der Republikaner beobachten, die versuchen, das Repräsentantenhaus zu leiten, sehen wir etwas wirklich Bemerkenswertes — einfach mit Demokraten zu verhandeln, wird jetzt als Verrat der Partei angesehen. Anders ausgedrückt, das regieren, welches in der Demokratie Kompromisse, Toleranz und evidenzbasierte Argumentation (Quelle) erfordert, wird heute als Verrat der Partei angesehen.

Wie können eine Regierung und eine Gesellschaft, getränkt und erkrankt von Hass und geblendet von Verschwörungstheorien und Verleugnung gemeinsam auf die größte Bedrohung reagieren, welche die gesamte Menschheit jemals ausgesetzt war? Sie kann es nicht. Anstatt zu handeln, zeigt sie lediglich mit dem Finger auf andere, fleht nach jemandem zum beschuldigen, zum verantwortlich machen und sucht ständig nach neuen Sündenböcken. Hier stehen nun die Vereinigten Staaten. Heute. Bis wir den tödlichen Würgegriff der Republikanischen Partei auf einen Teil der amerikanischer Wähler entfernen können, wird unsere Fähigkeit echte Fortschritte beim Klimawandel zu erzielen, bestenfalls minimal ausfallen. In Kombination mit den unheilvollen Kräften der Gier, welche die republikanische Agenda kontrollieren, machen den Hass und das Misstrauen, das sie in die amerikanische Wählerschaft eingebrannt haben, es der Regierung praktisch unmöglich, die Art von radikalen Richtlinien umzusetzen, die zur Bekämpfung der globalen Erderhitzung, die derzeit unseren Planeten immer schneller kocht, erforderlich ist.

Hass ist die zweite Grundursache für unsere Unfähigkeit, echte Fortschritte bei der Bekämpfung des Klimawandels zu erzielen.

Angst
So wie Menschen von Natur aus besitzergreifend und von Natur aus territorial sind, sind wir auch naturgemäß sehr vorsichtig. Und genauso wie Gier und Hass beim Streben nach blinder Macht ausgenutzt werden können, kann auch die Angst für schändliche und niederträchtige Zwecke manipuliert und missbraucht werden. Wir stellen fest, dass Angst unsere Fähigkeit beeinflusst, den Klimawandel auf mehreren Ebenen gleichzeitig anzugehen.

Auf der Ebene der politischen Entscheidungsträger teilt jeder Politiker die gleiche ursprüngliche Angst. Keiner will “verantwortlich” sein oder gar irgendwie erwischt werden, wenn das System zusammenbricht. Infolgedessen wird kein Politiker den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen fordern, wenn eine solche Handlung aller Wahrscheinlichkeit nach einen wirtschaftlichen Zusammenbruch auslöst, der das Überleben von Millionen, wenn nicht Milliarden Menschen global gefährdet (Quelle). Es ist doch so viel einfacher, die Dose alles weiter die Straße hinunter zu treten und bloß die Linie zu halten bis deren Amtszeit endet und dann die großen Probleme den Nachfolgern zu überlassen. Nur wird dieser Nachfolger genau die gleichen Motivationen haben. Und dies ist vielleicht der wichtigste Grund, warum politische Führungskräfte — trotz zunehmenden furchtbarer Warnungen, die Erderhitzung seit 50 Jahren konsequent ignorierten oder heruntergespielt haben.

Auf der Ebende der Massenpsychologie ist Angst für Autokraten natürlich die erste Waffe der Wahl um die Menschen zu kontrollieren. Sie wollen, dass die Bürger ihre Rechte und Freiheiten im Namen der Sicherheit und Überwachung aufgeben (Quelle). Zu den störenden Praktiken, die sie beseitigen möchten, gehören freie und faire Wahlen. Um dies zu erreichen, nutzen Autokraten die Tatsache, dass Hass und Angst Hand in Hand gehen. Wir hassen, was wir fürchten, und wir fürchten, was wir hassen. Um also eine Seite aus dem autoritären Playbook (Quelle) zu ziehen, legen Sie zuerst die Feinde fest, die es zu hassen gilt, und dann die Lügen und Verschwörungen, die erforderlich sind, um Ihre Basis davon zu überzeugen, dass diese Feinde gefürchtet und ggf. vernichtet werden sollen. Wie Donald Trump sagt: “Am Ende kommen sie nicht hinter mir her. Sie sind hinter euch her — und ich stehe ihnen nur im Weg (Quelle)“. Wer sind “Sie”? Natürlich jeder, der uns „ersetzen“ möchte.

Die Kombination aus Hass und Angst führt im Wesentlichen von einfacher Abneigung und generellem Misstrauen schnell zu Fantasien über das tatsächliche eliminieren “der Anderen”. In den Worten eines langjährigen Analysten des rechten Extremismus ist der Eliminationismus:

“… der Glaube, dass die politischen Gegner nicht nur falsch sind, falsch informiert oder sogar in böser Absicht handeln. Der Eliminationismus besagt, dass sie wie ein bösartiger Krebs im Körper in der Politik sind, der — entweder durch Trennung von der Öffentlichkeit durch Zensur oder durch völlige Ausrottung — herausgeschnitten werden muss, um die Reinheit der Nation zu bewahren und zu schützen (Quelle).“

Wenn dieses Zitat übertrieben scheint, betrachtet diese Worte von Glenn Ellmers, einem „angesehenen Gelehrten“ in einer „prominenten“ konservativen Denkfabrik (das Claremont-Institut), in dem er beschreibt, dass mehr als die Hälfte der amerikanischen Bürger eine Bedrohung für die „echten Amerikaner“ darstellen, definiert er dadurch doch nicht überraschend die 75 Millionen Menschen, die im Jahr 2020 für Donald Trump gestimmt haben:

„Die meisten Menschen, die heute in den Vereinigten Staaten leben — sicherlich mehr als die Hälfte — sind in keinem sinnvollen Sinne des Begriffs Amerikaner.… Sie glauben nicht an die Prinzipien, Traditionen und Ideale, die Amerika als Nation und als Volk definiert haben. Es liegt nicht auf der Hand und es ist nicht offensichtlich, wie wir diese Bürger-Aliens nennen sollten, diese nicht-amerikanischen Amerikaner; aber sie sind etwas anderes (Quelle).“

Kann von einem Land welches so geteilt, so verstört, so verwirrt und so ängstlich ist, erwartet werden, dass es positiv auf jegliche Aufforderung zur kollektiven Handlung oder zum Opfer bringen reagiert um mit den Gefahren der außer Kontrolle geratenen Extrem-Wetterereignissen, Hyperkatastrophen, der Ressourcenverarmung, Nahrungsmittel- und Wasserknappheit sowie der Zerstörung der biologischen Artenvielfalt umzugehen? In einem Amerika, in dem Menschen ihre Nachbarn mit betäubender Regelmäßigkeit niederschießen, scheint es doch höchst unwahrscheinlich.

Angst ist die dritte Hauptursache unserer Unfähigkeit.

Heute verhalten sich die Staatsoberhäupter dieser Welt wie der sprichwörtliche Frosch im langsam sich erhitzten Topf Wasser. Aber im Gegensatz zu realen Fröschen, die in der Lage sind, aus sich erhitzenden Töpfen (Quelle) herauszuspringen, scheinen unsere Staatsführer nirgendwo hin zu springen, da sich der Planet weiter und nun auch immer schneller erhitzt. Die Tendenz besteht nun scheinbar darin, unsere Untätigkeit auf die Ungeheuerlichkeit und enorme Tragweite der Aufgabe vor uns verantwortlich zu machen. Ist es zu schwer? Ist es zu teuer? Haben wir nicht die Ressourcen, die wir brauchen? Wird es zu lange dauern? All diese Fragen sind Variationen einer größeren Frage: Kann es getan werden? Und die Antwort auf diese Frage lautet eindeutig “Ja”. Wir wissen, was getan werden muss. Wir wissen es seit Jahren. Wir wissen, dass es immens große Veränderungen, verdammt viele Opfer und eine radikale Neu-Orientierung der Menschheit auf unserem Planeten — und uns selbst — erfordert.

Aber es gibt noch eine andere Frage, die wir ahnungslos ignoriert haben: Haben wir als Spezies überhaupt die Fähigkeit, dies zu tun? Meine Sorge ist, dass wir diese möglicherweise nicht haben. Wir neigen dazu, uns als kluge, neugierige und problemlösende Wesen zu betrachten, die bereit sind, jede Herausforderung mit unseren großen Gehirnen anzugehen. Aber Geschichte und Psychologie lehren uns, dass diese großen Gehirne auch äußerst leicht von Gier verführt, von Hass überwältigt und von Angst gelähmt und außer Gefecht gesetzt werden.

Warum haben wir diesen ultimativen Test unserer Fähigkeit zur Veränderung bisher nicht erfüllt? Wie ein sehr stark geschädigter Mensch uns einmal erinnerte: „take a look at the man in the mirror“. Oder in den unsterblichen Worten des Karikaturisten Walt Kelly:

„Wir haben den Feind getroffen. Und er ist wir“.

Steve Genco
November 2023

Übersetzung des Essays (geändert & ergänzt): “Three Fires Are Burning Up the World — Greed, Hate, and Fear” von Steve Genco, ursprünglich veröffentlicht auf medium (EN).

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