„Der technologische Fortschritt führt zu einer Verkürzung der Innovationszyklen“

TLGG Consulting
Going Yellow
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4 min readFeb 2, 2022

Unternehmen müssen ihre digitalen Kompetenzen heute ständig ausbauen. In einem Umfeld, das sich rasch entwickelt und verändert, ist es wichtig, Veränderungen im Blick zu haben und Potenziale frühzeitig zu erkennen. Mit der eigenen Digitaltochter vent.io will die Deutsche Leasing dabei unterstützen. Wir haben mit den beiden Geschäftsführern Ajat Hong und Sven Siering über die Herausforderungen und Chancen von Innovationen gesprochen.

Viele Unternehmen gründen heute kleine, flexible Einheiten, um sich digital zu verjüngen. Was macht vent.io anders und welche Rolle nimmt der VC innerhalb der Deutsche Leasing ein?

Sven Siering: Bei vent.io legen wir den Fokus auf die Umsetzung. Wir wollen nicht nur digitale Geschäftsmodelle und Lösungen entwickeln, sondern auch auf die Straße bringen. Das tun wir, indem wir einerseits mit Start-ups kooperieren und andererseits intern Kompetenzen und Ressourcen nutzen und eigene Lösungsansätze entwickeln, die über den Tellerrand hinausgehen. Das ist für uns die richtige Mischung.

Ajat Hong: Der Status als eigene GmbH hilft uns seit unserer Ausgründung Anfang des Jahres schneller und flexibler auf Trends und Entwicklungen zu reagieren, Chancen zu identifizieren, Ideen zu entwickeln und zu skalieren. Dafür bauen wir relevante Digitalexpertisen auf und lernen ständig dazu — quasi als eine Art Wissensspeicher, von dem die Deutsche Leasing Gruppe profitiert, indem wir den Mehrwert zurück in die Kernorganisation übertragen.

Was genau ist das Ziel von vent.io? An wen richten sich die Leistungen?

Sven Siering: Ziel der vent.io ist, die digitale Transformation der Deutsche Leasing Gruppe zu unterstützen und zu begleiten. Adressat unserer Leistungen ist daher sowohl die Deutsche Leasing selbst, als auch ihr bestehendes Ökosystem aus Kunden, Partnern und den Sparkassen.

Ajat Hong: Wir wollen vent.io nutzen, um die Gruppe zukunftsfähiger zu machen. Indem wir ihre Services digitalisieren oder durch neue digitale Geschäftsmodelle ergänzen, machen wir die Gruppe stark für die Industrie 4.0.

Wie entsteht bei vent.io Innovation und wie lässt sich diese skalieren und nutzen?

Sven Siering: Wir haben uns dem Thema Venture Capital Invest verschrieben, wollen in Start-ups investieren und mit diesen kooperieren. Dazu haben wir eine dedizierte Investmentstrategie für asset- und servicebasierte Early-Stage B2B Start-ups entworfen. Konkret heißt das: Wir suchen im Bereich Industry Tech und SaaS nach Partnern, die das Geschäftsmodell der Deutsche Leasing Gruppe ergänzen. So eröffnet sich für Start-ups der Zugang zu unserem Kunden- und Partnernetzwerk. Letztendlich entwickeln wir innovative Produkte, um sie innerhalb der Gruppe zu positionieren und Zukunftsmärkte zu erschließen. Beginnend mit dem Proof of Concept, begleiten wir Start-ups als Partner durch alle Phasen bis hin zum Produkt-Launch. Zur Platzierung am Markt dient uns die Gruppe im Rücken als große Stütze.

Welche Herausforderungen gibt es für eine digitale Innovationseinheit gerade in der Finanzbranche?

Ajat Hong: Der stattfindende technologische Fortschritt führt zu einer Verkürzung der Innovationszyklen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie nicht nur unter stetigem Druck stehen, sondern immer schneller und häufiger Innovationen umsetzen müssen.

Sven Siering: Das war nicht immer so. Im Vergleich zu anderen Branchen hat die Finanzindustrie den Bereichen Forschung und Entwicklung traditionell weniger Bedeutung beigemessen. Das muss sich ändern. Wir benötigen Innovationen, um auf dem Industriemarkt wettbewerbsfähig zu bleiben.

Ajat Hong: Zeitgleich müssen wir regulatorische Bestimmungen genau verfolgen. Auch die Personalgewinnung stellt eine Herausforderung dar: Besonders junge Leute mit Tech-Know-how sind schwieriger für traditionelle Industrien zu begeistern.

Und welchen Herausforderungen sehen sich Unternehmen — ob Start-up oder etablierter Player — heute gegenüber?

Sven Siering: Die bereits vorab erwähnte Innovationsgeschwindigkeit und der damit einhergehende Druck beschäftigen große wie kleine, alte wie junge Unternehmen. Das Zeitfenster, in dem wir Neues entwickeln und testen, wird für alle Marktteilnehmer immer kürzer.

Ajat Hong: Und auch die Themen gesellschaftliche Verantwortung und Nachhaltigkeit machen vor uns nicht Halt. Hier müssen wir uns stärker positionieren, denn wir sehen auch, dass dies wichtige Anforderungen sind, auf die Bewerber: innen achten. Arbeitgeber müssen hier künftig noch mehr bieten, um für qualifizierte Arbeitskräfte interessant zu sein.

Euer Ansatz macht sich bereits in der Aufstellung der Kompetenzen bemerkbar: Anders als die meisten VCs verfügt vent.io über eigene Software- und Systems Engineers, Data Scientists und Cloud-Infrastruktur. Welcher Vorteil ergibt sich daraus?

Ajat Hong: Unsere internen Kompetenzen bieten einen immensen Vorteil bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Von der Idee bis zur Umsetzung können wir den gesamten Prozess betreuen und durch langjährige Erfahrung die Time-to-Market verkürzen. Unsere Cloud-Infrastruktur erlaubt es, nah an den Geschäftsmodellen zu arbeiten, sie aus technischer Sicht zu evaluieren und schließlich zu skalieren. Im Bereich Data Science stellen wir unseren Kooperationspartnern den umfassenden Datenpool der Deutsche Leasing zur Verfügung. Die Gruppe selbst sowie ihre Partner und Kunden profitieren von unseren Expertisen. So entwickelt unser Team etwa neue digitale Kunden- und Partnerschnittstellen und unterstützt bei der Digitalisierung von Services.

Die vent.io ist vor 12 Monaten offiziell gestartet. Wie ist die Bilanz bisher und welche weiteren Entwicklungsschritte sind geplant?

Ajat Hong: In den ersten sechs Monaten haben wir uns vor allem darauf konzentriert, dass die vent.io arbeitsfähig ist. Dazu haben wir die grundlegenden Operations und die Cloud-Infrastruktur aufgebaut. Im Bereich Data Science und im Bereich Software-Engineering haben wir uns personell verstärkt, um hier Kompetenzen weiter auszubauen. Es folgten erste Projekte gemeinsam mit der Deutsche Leasing im Feld Data Science. Für die Zukunft möchten wir außerdem die Zusammenarbeit mit Deutsche Leasing enger verzahnen, gemeinsame Projekte finden und vent.io als Arbeitgebermarke stärker positionieren.

Sven Siering: Im Bereich Kooperation und Beteiligung haben wir nach einem ersten umfangreichen Scouting eine Liste interessanter Start-ups identifiziert. Auf dieser Basis sind wir in Gesprächen mit den Geschäftsfeldern der Deutsche Leasing und sehen uns mögliche Kooperationsansätze genauer an. Das erste Investment planen wir noch in diesem Jahr.

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