Waldpflege und Markenliebe: How to Community Management
Moderne Markenkommunikation bietet das Potential für wirklichen Kundendialog. Doch die zunehmende Kleinteiligkeit erhöht die Gefahr, den Blick fürs große Ganze zu verlieren.
Immer genaueres Targeting, immer kleinere Zielgruppen, fragmentierte Personas und hochpräzise Ansprache: Die Möglichkeiten moderner Markenkommunikation machen den 1:1 Dialog zwischen Marke und Kund*in erreichbar und durchaus erstrebenswert. Angesichts der immer kleinteiligeren Segmentierung der sozialen Plattformen und Nutzer*innengruppen drohen Marken und Agenturen jedoch mitunter, den Blick aufs große Ganze zu verlieren und den sprichwörtlichen Wald vor Bäumen nicht zu sehen. Um in diesem Bild zu bleiben: Wer nur noch individuell auf Blattform, Rindenstruktur und Frucht zugeschnittene Markenkommunikation bietet, verpasst das Potenzial eines vielfältigen Lebensraums, einer Gesamtheit an Beziehungen, Dynamiken und Charakteren. Willkommen in der Vielfalt, willkommen im Community Management.
Eine Community, die sich über die Nutzung der Produkte und Leistungen sowie über die miteinander geteilten Werte einer Marke definiert, hat eine starke Auswirkung auf das Markenbild. Kürzer: Eine positive Erfahrung in der Community führt zu einem positiven Markenbild und steigert die Kundenbindung. Diese positive Community-Erfahrung lässt sich vor allem durch Inspiration und Wissensvermittlung auf Augenhöhe erreichen: Kund*innen lassen sich inspirieren und helfen, finden dabei Gleichgesinnte, teilen eigene Markenerlebnisse und werden damit immer mehr zum Teil der Community. Natürlich variiert die konkrete Ausprägung dieses Vorgangs von Marke zu Marke. Idealtypisch zeigen wir einmal den Nutzer*innen-Kreislauf anhand einer DIY-fokussierten Baumarktkette.
Niedrige Eintrittsbarierre für Lovebrands und Projektprodukte
Als Anbieter hervorragender und preisgekrönter Community-Management-Leistungen sind wir natürlich befangen, aber letztlich lässt sich für jede Marke und jedes Produkt eine Community aufbauen, lassen sich erste Community-Ansätze bündeln. Natürlich ist der Community-Aufbau dort weniger aufwändig, wo die Produkte und Leistungen eines Unternehmens etwa die Kreativität und Profilierung der Kund*innen von vornherein stützen. Baumärkte, Bastelbedarf, Kreativsoftware, Kameras — Produkte, die ihrerseits individuelle Produkte und Projekte ermöglichen. Hier ist die Bereitschaft, sich auszutauschen und eigene Ergebnisse zu präsentieren, ohnehin stark ausgeprägt und kann durch gutes Community Management gefördert werden. Auch für die Lovebrands unter den Konsumgütern liegt die Eintrittsbarriere niedrig: Geteilte Markenliebe ist doppelte Markenliebe. Letztlich lässt sich jedoch für jede Marke, die Menschen unterstützt, ein Lebensgefühl fördert und einen echten Mehrwert bietet, ein konkreter Community-Ansatz entwickeln — vom Taschentuch bis zur Baumaschine. Wir skizzieren hier einmal ein Drei-Stufen-Modell dafür, wie sich eine Marke in einer bestehenden Community positionieren, einbringen und sie schließlich auch lenken und bedienen kann.
Stufe Eins: Ein Gefühl für die Community und die grundsätzliche Arbeit in den Kanälen entwickeln
Es scheint nur auf den ersten Blick paradox: Eine organisch gewachsene Markencommunity sehnt sich gar nicht unbedingt danach, dass sich die Marke aktiv an ihr beteiligt. Die Marke ist Objekt der Begeisterung und der Sympathien, ein lautstarkes „Hallo, da bin ich!“ kann schnell als werblich und aufdringlich empfunden werden. Deshalb erarbeiten wir uns das Gefühl für die Gemeinschaft, ihre Themen, ihre Anliegen und Probleme — Ansatzpunkte dafür, in den nächsten Schritten Mehrwert zu schaffen. Durch Likes unter guten Kommentaren — gut formuliert, den Markenwerten entsprechend, hilfreich für andere — macht sich die Marke bemerkbar, durch zurückhaltende Moderation und das Ausblenden problematischer Kommentare — ausfallend, unhöflich, Verstöße gegen Netiquette oder Grundanstand — betreibt sie Community-Hygiene. Indem sie auf erste produkt- und markenbezogene Fragen hilfreiche Antworten gibt, schafft sie die Grundlagen für eine Präsenz, die als Mehrwert für die Community wahrgenommen wird. Für erste Eskalationen und Konflikte stehen wir als Agentur unterstützend zur Seite.
Stufe Zwei: Betreutes Kommentieren und gemeinsame Auswertungen
Überraschung: Wir fangen gar nicht bei Null an. Schon vor Beginn der Stufe Eins haben wir gemeinsam Ziele für die Social-Media-Arbeit formuliert, Strategien zu ihrer Erreichung und — an dieser Stelle besonders wichtig — einen Leitfaden zu Auftreten und Tonalität der Marke. Wie vertraulich soll ihr Ton sein, wie schnoddrig, wie höflich, wie lustig und respektlos darf sie sein und wie ernst sich selbst und ihre Community nehmen. Da unterscheidet sich eine beliebte Kiez-Biermarke von einer Luxusuhr, ein TV-Sender von einer Baumarktkette. Für grundsätzliche und wiederkehrende Fragen haben wir außerdem ein sogenanntes GUWF- bzw. FAQ-Dokument aufgesetzt. Nach einer tieferen Einarbeitung in Tonalität, Zielsetzung und die Tools zum Kommentieren wie den Antwortkatalog und die Netiquette lassen wir die Marke aktiv sprechen, kommentieren, in Dialoge gehen, verstärkt Fragen beantworten und zwischen Mitgliedern vermitteln. Wir beantworten unsererseits die Fragen unseres Kunden und steigen zu den Randzeiten — vor allem in den Abendstunden — selbst ins Community Management ein.
Stufe Drei: Sicher in Wald und Flur
Die Marke ist nun sicher im Moderieren, Kommentieren, Beantworten und Konversieren. Sie hat ihre Stimme im Rahmen der definierten Tonalität gefunden, hat Antworten auf die meisten Fragen und Strategien für Konflikte, die sie außerdem früh erkennt, weil sie die frühen Signale und auch ihre Pappenheimer kennt. Sie hat ein Gespür für die Themen der Community und die Mitglieder, die sie treiben und tragen. Sie kann ernsthaft kritische Kommentare von „Das versendet sich“ unterscheiden und ist zu einem gestaltenden, wertigen Teil ihrer eigenen Community geworden. Rundherum haben wir gemeinsam Strukturen und Formate zum Austausch etabliert, die die Community Manager mit der Contentredaktion und den supportfähigen Einfachalleswissern im eigenen Unternehmen verbinden. Die Marke weiß, was sie sagt und sendet und was sie damit erreichen will, sie agiert entsprechend und kann die Community damit sanft steuern. Es ist aufgeforstet!
Jeder Wald braucht einen findigen Förster
Nun sorgen wir dafür, dass die gesunde Community weiterhin wächst und gedeiht. Zum Beispiel indem wir neue Kommunikationskanäle eröffnen (etwa Facebook-Gruppen) — oder das zumindest dem Kunden nahelegen und Potenziale aufzeigen. Außerdem sind wir jederzeit zur Stelle, wenn Borkenkäfer oder Säureregen zuschlagen — externe Faktoren und Entwicklungen, die zu Verstimmungen oder Themenverschiebungen führen. Wenn die Einrichtungs-Community plötzlich die Corona-Maßnahmen und die drohende Abschaffung des Bargelds diskutiert, braucht es Steuerung und Moderation.
Starke Marke = starke Community = starke Marke
Hat die Community Vertrauen gefasst und weiß, was sie von ihrer Marke zu erwarten hat, kann das daraus entstehende Potenzial sinnvoll gemeinsam mit Community-Mitgliedern genutzt werden: UGC-Content, Sales-Kampagnen, Kollaborationen, Micro-Influencer. Und hier auch ein schönes Argument für Nachhaltigkeit und nachwachsende Rohstoffe: Wer klug und mit Gefühl erntet, der hat auch im nächsten Jahr wieder eine „gute Ernte“, denn jede Interaktion (egal ob als Thread oder große User-Kampagne) ist gleichzeitig auch wieder ein Invest und lässt die Community noch fester zusammenwachsen.