Solltest du und dein Partner ein gemeinsames Bankkonto haben?

GOKONG
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7 min readJul 2, 2019

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Bei den Schweizer Paaren im Alter zwischen 18 und 80 Jahren zieht es mit einem Anteil von 77% die klare Mehrheit in Erwägung, eines Tages mit dem Partner ein gemeinsames Bankkonto zu eröffnen. Jedoch nur sehr wenige Leute beginnen bei ihrem ersten Date über Geld zu reden. Vermutlich würdest du es sehr seltsam finden, wenn dein Date das getan hätte! Sobald die Beziehung jedoch ernster wird, ist es an der Zeit, über die Finanzen zu sprechen; besonders dann, wenn das Zusammenziehen oder Heiraten geplant ist. Geld ist jedoch ein Thema, das viele Menschen nicht besonders gerne diskutieren.

Ein Grund dafür liegt darin, dass sich zwei Menschen am Anfang ihrer Beziehung möglicherweise in einer sehr unterschiedlichen finanziellen Situation befinden. Ich habe von einem verlobten Paar gehört, bei dem dies der Fall war. Einer der beiden hatte keine Schulden und ein Ersparnis von über CHF 100'000, während der andere einen Schuldenberg von CHF 30'000 und keine Ersparnisse sein eigen nannte.

Das ist unbestritten ein extremes Beispiel, veranschaulicht jedoch die Tatsache, dass es wichtig ist, offen miteinander über Geld zu sprechen und gemeinsam zu entscheiden, wie das Gesamteinkommen optimal genutzt werden kann.

Ein gemeinsames Bankkonto kann sehr nützlich sein, um das Gesamteinkommen zu verwalten und gemeinsame Ausgaben zu bezahlen. Ist es aber auch für dich und deinen Partner das richtige? Und, falls ihr ein gemeinsames Bankkonto eröffnet, ist dann auch ein eigenes separates Privatkonto weiterhin sinnvoll?

Gründe nur ein einziges gemeinsames Bankkonto zu haben

Es gibt mehrere Gründe beide Gehälter auf ein einziges gemeinsames Bankkonto zu überweisen.

Effiziente Bezahlung von Haushaltsrechnungen

Sobald du mit deinem Partner zusammenlebst, seid ihr beide für das Haus verantwortlich, das ihr zusammen bewohnt. Und es fallen regelmässige Zahlungen an, beispielsweise für folgendes:

- Hypothek oder Miete

- Versicherung

- Strom, Wasser, Entsorgungsgebühren

- Internet/Telefon/Fernsehen

- Lebensmittel

Es wird auch sporadische oder gar unerwartete Ausgaben geben, wie etwa Kosten für Wartung und Reparaturen. Wenn ihr als Paar ein einziges gemeinsames Konto habt, braucht ihr euch keine Gedanken zu machen, wie ihr euch die Rechnungen teilt, da sämtliche Rechnungen aus dem gemeinsamen Einkommen beglichen werden können.

Ein gemeinsames Konto macht es somit möglich, Rechnungen effizient zu bezahlen, wobei beide Partner ihren Beitrag leisten. Es macht es auch einfacher, gemeinsam zu planen und zu entscheiden, was mit einem allfälligen Überschuss zu tun ist.

Transparenz

Wenn beide Gehälter auf ein einziges gemeinsames Konto überwiesen werden, ist es deutlich einfacher zu überblicken, wofür das Geld ausgegeben wird. Ganz egal, ob du und dein Partner Bargeld abheben, Geld in ein Sparkonto überweisen oder persönliche Ausgaben mit der Debitkarte bezahlen — ein gemeinsames Konto ermöglicht es die finanzielle Situation besser zu überblicken:

- Wie sehen die eigenen Ausgabegewohnheiten und die des Partners aus?

- Wie verwendet ihr euer Haushaltseinkommen?

- Wie hoch sind eure Schulden?

- Wie viel könnt ihr sparen?

Ein Gemeinschaftskonto schafft ein positives Umfeld für Gespräche über Geld, denn es gibt keine offenen Fragen darüber, wer was hat oder wer für eine bestimmte Ausgabe aufkommt.

Schnelle Bewältigung von Ausnahmesituationen

Unerwartete Ereignisse und Notsituationen treffen von Zeit zu Zeit jeden. Manchmal ist es eine relativ kleine Reparaturrechnung, nachdem ein Klempner beigezogen werden musste, um ein Leck zu beheben; manchmal ist es aber ein schwerwiegenderes Ereignis, wie der Verlust eines Arbeitsplatzes.

Mit dem gemeinsamen Geld auf dem Konto ist es einfacher, unerwartete Ereignisse schnell und gut zu bewältigen. Mit zwei Einkommen wird wahrscheinlich genügend Geld zur Verfügung stehen, um kleine Notfälle zu überbrücken und selbst wenn einer von beiden seinen Job verlieren sollte, wäre es wahrscheinlich möglich, nur von einem Einkommen leben zu können. Wer als Paar ein einzelnes Gemeinschaftskonto hat, weiss jederzeit genau, wie viel Geld verfügbar ist und, ob eine bestimmte Rechnung schnell beglichen werden kann.

Als Team zusammenarbeiten

Wenn du und dein Partner ein gemeinsames Bankkonto habt, wird aus euren separaten Einkommen ein gemeinsames. Dies hilft, das eigene Einkommen weniger als sein eigen zu betrachten und sich stattdessen als Team zu sehen; ein Team, das gemeinsame statt individuelle Ziele verfolgt. Das kann dazu führen, dass sich manche Menschen finanziell sicherer fühlen und sich in schwierigen Zeiten besser auf ihren Partner verlassen können. Es impliziert auch das uneingeschränkte Vertrauen ineinander.

Niedrigere Bankgebühren

Mit nur einem Hauptbankkonto entfallen allfällige Monatsgebühren für individuelle Konten. Es hilft allenfalls auch Gebühren zu sparen, etwa Transaktionsgebühren oder Kosten für andere Dienstleistungen. Dies sind monatlich vielleicht nur kleine Beträge, die so eingespart werden können, aber es summiert sich im Laufe des Jahres.

Gründe für getrennte Bankkonten

So wie es Gründe gibt, einzig ein gemeinsames Bankkonto zu haben, so gibt es auch Gründe, separate Bankkonten zu führen, vielleicht in Kombination mit einem gemeinsamen Konto. Partner, die über getrennte Konten verfügen, haben verschiedene Möglichkeiten, damit es im Alltag bei der Begleichung von gemeinsamen Kosten reibungslos klappt. Dies sind die Optionen:

- Zahlung bestimmter Rechnungen vom Einzelkonto jeder Person. So kann beispielsweise ein Partner die Hypothek, die Stromrechnung und die Versicherung bezahlen, während der andere für Transport, Lebensmittel und Kinderbetreuung aufkommt. Die von den einzelnen Partnern gezahlten Gesamtbeträge betragen zwar nicht genau 50 Prozent der gemeinsamen Kosten, sind aber dem Einkommen jeder Person angemessen.

- Jeder Partner zahlt einen Prozentsatz jeder geteilten Rechnung von seinem individuellen Konto. Dieser Prozentsatz könnte idealerweise der Einkommens-Quote entsprechen. Das bedeutet, dass wenn eine Person 60 Prozent ihres gesamten gemeinsamen Einkommens verdient und die andere Person nur deren 40 Prozent, jede Rechnung im Verhältnis 60/40 geteilt wird.

- Jeder Partner lässt sein Einkommen auf sein persönliches Konto einzahlen und beide überweisen einen bestimmten Betrag auf ein gemeinsames Konto zur Bezahlung der gemeinsamen Rechnungen. Konkret: Du verdienst beispielsweise CHF 4'675 und überweist dies auf dein persönliches Konto. Jeden Monat überweist du davon jedoch CHF 2'300 auf das Gemeinschaftskonto.

- Der eine Partner bezahlt alle Rechnungen und der andere beteiligt sich an den Kosten, indem er seinen Anteil in bar bezahlt oder es dem Partner per Banküberweisung gibt. Dies könnte gut funktionieren, wenn ein Partner ein viel höheres Einkommen hat als der andere oder, wenn nur einer von beiden ein regelmässiges Einkommen hat.

Mehr Freiheit

In einer Beziehung zu sein bedeutet nicht, dass man aufhört, als Individuum zu existieren. Du und dein Partner können unterschiedliche Interessen und Hobbys, Ausgabenprioritäten und auch Lebensstile haben. Vielleicht bist du jemand, der das Geld gerne ausgibt, während dein Partner ein typischer Sparer ist. Vielleicht geniesst in deinem Leben das Reisen eine hohe Priorität und du planst mehrere Reisen im Jahr, auf die du sich unglaublich freust. Dein Partner hingegen zieht es vor, zu Hause zu bleiben und das Geld stattdessen für Heimverbesserungen oder Renovierungen auszugeben.

Wenn du und dein Partner getrennte Konten haben, kann jeder frei entscheiden, wofür das Geld, das nach der Bezahlung aller Rechnungen übrig bleibt, ausgegeben werden soll. Du genauso wie dein Partner.

Wenn du dein gesamtes Geld auf ein Gemeinschaftskonto einzahlst, kann es zu Meinungsverschiedenheiten kommen und zwar darüber, wie das “zusätzliche” Geld ausgegeben werden soll. Dein Partner ist beispielsweise der Ansicht, dass das Geld, das du für einen Wochenend-Aufenthalt ausgeben möchtest, besser für die Landschaftsgestaltung eures Gartens genutzt werden sollte. Somit erstaunt es wenig, dass das Thema “Geld” laut einer britischen Umfrage der Versicherungsgesellschaft Esure bei drei der zehn wichtigen Gründe als Streitursache genannt wird. Budgetüberschreitungen liegen auf Platz zwei der Gesamtwertung, gefolgt von Geld im Allgemeinen auf Platz drei. Rechnungen bieten ebenfalls oft Anlass für Streit. Sie rangieren auf Platz sechs.²

Wer sich also bewusst ist, dass sich die eigenen Ausgabenprioritäten, Ideen über die Budgetierung und die Ansichten über Schulden stark von jenen des Partners unterscheiden, ist gut beraten, separate Bankkonten zu haben.

Weniger Streitereien

Separate Bankkonten können den Ärger in einer Beziehung reduzieren. Denn bei einem gemeinsamen Konto kann es zu Unstimmigkeiten kommen, wenn der eine das Gefühl hat, dass der andere zu viel von dem gemeinsam verdienten Geld ausgibt. Oder dieses für Dinge nutzt, die man selbst für unnötig hält.

Einfachere Situation, wenn die Beziehung auseinandergeht

Während wir in den ersten Tagen einer Beziehung nicht im Traum an deren Ende denken, zeigt die Realität, dass viele Beziehungen in die Brüche gehen. Manchmal nach einem oder zwei Jahren, manchmal erst nach Jahrzehnten. Die durchschnittliche Ehe in der Schweiz dauert 15 Jahre.³

Im Jahr 2016 betrug die Scheidungsrate in der Schweiz 41,5 Prozent³. Trennung betrifft folglich sehr viele Menschen. Wenn eine Beziehung endet, gibt es immer Dinge, die gut überdacht und geregelt werden müssen, etwa:

- Ob das Haus verkauft wird oder einer von beiden weiterhin dort wohnen bleibt

- Wer das Sorgerecht für Kinder und Haustiere bekommt

- Wie Vermögenswerte und Einsparungen aufteilt werden sollen

- Wie man individuelle und gemeinsame Schulden verwaltet

Separate Bankkonten können einen schwierigen Übergang erheblich erleichtern. Ein desillusionierter Partner kann somit kein Gemeinschaftskonto ausräumen, so dass dir nichts mehr bleibt. Wer hingegen über ein eigenes Bankkonto verfügt, hat jederzeit Zugang zu Geld, unabhängig vom Beziehungsstand. Das gibt vielen Menschen Sicherheit — besonders dann, wenn sie in der Vergangenheit eine langjährige Beziehung hatten, der eine schwierige, unschöne Trennung folgte.

Was ist für dich und deine Beziehung das Beste?

Menschen kommen mit einer Vergangenheit in eine neue Beziehung: ehemalige Partner, Kinder aus früheren Beziehungen, Schulden und Konsumgewohnheiten. Die Trennung der Finanzen ermöglicht es, einfacher festzulegen, wofür jeder Partner selbst verantwortlich ist und klar zu definieren, was gehört “dir”, “mir” und “uns.

Für viele Paare funktioniert am besten die Kombination aus separaten Konten und einem gemeinsamen Konto für gemeinsame Ausgaben. Möglicherweise haben sie auch eine Kreditkarte, welche auf beide Namen lautet, um damit grössere Ausgaben wie etwa Ferien gemeinsam zu begleichen.

Diese Paare sehen aber auch den Mehrwert, den man hat, wenn jeder noch sein eigenes Geld besitzt. Geld, das man ganz individuell nutzen kann, um sein eigenes Leben zu bereichern.

Wie bei den meisten Dingen im Leben gibt es keine Einheitslösung für alle. Bevor man daher eine Entscheidung trifft, ist es wichtig die Vielzahl an Faktoren zu berücksichtigen und abzuwägen, was für die eigene Beziehung die beste Lösung ist.

Referenzen

¹ https://www.swissinfo.ch/eng/swiss-coupling_relationships-and-marriage-popular/42059022

² https://www.dailymail.co.uk/news/article-1389002/Fallout-Couples-argue-average-seven-times-day.html

³ https://lenews.ch/2018/02/27/switzerlands-highly-contrasting-divorce-rates/

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