Agile Coach Development Camp: Ein Tag der Ausbildung & Inspiration
Wir Agile Coaches haben ein Workshop-Format entwickelt, das uns fachlichen Austausch, persönliche Reflexion und Weiterentwicklung ermöglicht. Dieser Post stellt das Format im Detail vor.
Die Agile Coaches treffen sich an jedem zweiten Freitag als Team zu ihrem sogenannten “AC/DC”. Die ganztägige Abwesenheit der Coaches warf schon so einige Male Verwunderung oder Fragezeichen unter vielen Kollegen auf. Daher wird es Zeit, dieses Format, dessen Intention und Nutzen näher zu beleuchten.
Bei AC/DC denkt jeder erst einmal an die australische Hard-Rock-Band oder auch an Wechselstrom und Gleichstrom. Oft bekomme ich Fragen wie “Was macht ihr da eigentlich den ganzen Tag?”.
Wenn sich alle Agile Coaches jeden zweiten Freitag ganztägig in einen Raum sperren, entsteht ganz natürlich Wechselstrom. Ein Wechselstrom von fachlichen Impulsen, kreativen Ideen, hilfreichen Beratungen und fruchtbaren Unterhaltungen. Und genau das macht das sogenannte “Agile Coach Development Camp” so besonders. Ein Arbeitstag ganz im Sinne der Ausbildung, gegenseitigen Unterstützung und Inspiration.
In Product & Technology sind wir Agile Coaches vereinzelt, in Tandems oder in kleinen Gruppen unterwegs. So können wir zwar im operativen Kontext miteinander lernen, doch reicht dieser “On the Job”-Ansatz alleine nicht aus, um eine gute fachliche Entwicklung sicherzustellen. Wir haben erkannt, dass wir den geballten Erfahrungsschatz in einem einem Format wie dem AC/DC besser nutzen können. Dieser fand nun schon über 20 Mal statt und ermöglicht uns Agile Coaches, einen Tag lang, in einem “geschütztem” Raum, zusammenzukommen und von unseren Erfahrungen und unserem Können zu profitieren.
Das Agile Coach Development Camp startet mit einem Impulsvortrag eines oder von mehreren Agile Coaches. Der Impulsvortrag soll Wissen vermitteln und hierbei anregen und inspirieren. Er ist meist fachlicher Natur und beinhaltet Themen aus dem Agile Coaching, der agilen Produktentwicklung, der Organisationsentwicklung, Kommunikation oder auch Psychologie. Anschließend reflektieren wir gemeinsam das Gehörte und teilen unsere Erkenntnisse. Der/Die Vortragende hat dabei auch die Möglichkeit, seine/ihre Fähigkeiten im Vortragen und Moderieren zu erproben und hierfür Feedback einzuholen. Wenn das mal keine “Win-Win-Situation” ist.
Danach folgt die Kollegiale Fallberatung. Hier haben die Coaches die Möglichkeit, Fälle aus ihrem Arbeitsalltag mit ihren Kollegen zu teilen und für ein ganz bestimmtes Problem Beratung zu erhalten. In einem standardisierten Vorgehen wird ein mitgebrachter spezifischer (Problem-)Fall geschildert. Die beratenden Kollegen*innen sammeln anschließend mögliche Lösungsmöglichkeiten oder Tipps für den/die Fallgeber/in. Diese können klein und einfach sein oder groß und schier verrückt. Hier gilt tatsächlich “Masse statt Klasse” und soll dem/r Fallgeber/in vor allem deutlich machen, dass nicht immer nur ein Weg zur Lösung führt. Durch die Vielzahl an Lösungsoptionen erweitert sich systematisch der Lösungs- und Handlungsraum des Agile Coaches. Geteilte Informationen werden von allen Teilnehmern stets diskret behandelt. Das gilt im Übrigen für den gesamten Tag.
Im Anschluss an die Kollegiale Fallberatung folgt das Mittagessen. Dieses sieht vor, dass die Agile Coaches gemeinsam Lunchen gehen. Ein inkludiertes, sogenanntes “Walk & Talk” gibt uns die Möglichkeit, das Gegessene zu verdauen und beim Lunchen begonnene Gespräche in einer neuen Perspektive fortzuführen. Besonders wertvoll ist das gemeinsame Lunchen, weil wir so die Möglichkeit haben, auch mal Persönliches bzw. Privates zu teilen und uns so besser kennenzulernen. Der Aspekt der persönlichen Beziehung spielt eben in jedem Team, neben der fachlichen Arbeit, auch eine große Rolle.
Im vorletzten Teil des Tages findet ein BarCamp statt. Im BarCamp kann jeder Themen einbringen, die dann freiwillig in Kleingruppen besprochen werden. Hierfür gibt es mind. zwei Zeitslots und 2 parallele Tracks, in denen wir fachliche Themen diskutieren und bearbeiten können. Natürlich können hier auch Community of Practices oder kleinere Arbeitsgruppen entstehen, die das Thema außerhalb des AC/DCs weiterverfolgen. Themen eines BarCamp können hierbei fachlicher oder auch organisatorischer Natur sein.
Der Tag endet mit der Vorstellung der Arbeitsergebnisse aus dem BarCamp und einer anschließenden Feedbackrunde zum gesamten Tag und zur Moderation. Diese wechselt im Übrigen in jedem AC/DC.
Nach einem langen, intensiven, gemeinsamen Arbeitstag voller neuer Eindrücke und Impulse, sind wir oft sehr geschafft. Es gibt auch Momente während des Tages, in denen es hin und wieder mal anstrengend, überfordernd oder gar nervig wird. Aber es verging kein AC/DC, an dem ich nichts Neues gelernt habe, Inspiration und Muse durch Beiträge meiner Kolleginnen und Kollegen fand oder auch zahlreiche Lösungsmöglichkeiten für schier unlösbare Probleme gewinnen konnte. Gerade in einem Arbeitsumfeld, das komplex und oft unübersichtlich ist, aber vor allem auch sehr dynamisch, braucht es Gleichgesinnte, die dich challengen und unterstützen. Denn am wertvollsten sind die Momente, in denen jemand persönliche Schwäche und Ängste teilt und zahlreiche Hände nach oben schnellen, die einem deutlich machen: “Du bist nicht allein damit!”, “Ich empfinde/erlebe das genau so!”. Und genau das eröffnet neue Wege der persönlichen Weiterentwicklung und Ausbildung und bringt uns Agile Coach-Kollegen näher, menschlich wie fachlich.
Als unsere Lead Agile Coaches vor über einem Jahr die Idee eines solch intensiven Formats vorgestellt haben, runzelten einige Coaches die Stirn, andere wiederum glaubten nicht an das Überleben eines solch umfangreichen Formats. Klar, sich alle zwei Wochen ganztägig Raum und Zeit zur Weiterentwicklung zu nehmen, ist eine Investition. Rückblickend ist es eine Investition, die sich jedes Mal lohnt und auf die wir nicht mehr verzichten wollen. Ich hoffe, ich konnte das Verständnis zu diesem Tag erhöhen und konnte vielleicht sogar inspirieren, dieses Format für das eigene Team einmal auszuprobieren.
