Jung im Netz

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3 min readJul 8, 2019

Der Optimist ist nicht viel größer als eine Badewanne, das einzige kleine Segel ist 3,5 m2 groß. Kinder und Jugendliche lernen darauf die Grundlagen der Navigation, in der Regel als Einhandsegler. Nähert man sich im Sommer den Küsten und Segelschulen, sieht man mitunter mehrere dieser schwimmenden Nussschalen hintereinander weg, im Gänsemarsch, darin Menschen zwischen 5 und 15 Jahren. An der orangefarbenen Boje wird gewendet, einer nach dem anderen. Optimisten bleiben in Küstennähe, schaffen waghalsige Manöver, haben sogar eine eigene Regatta-Klasse — hochseetauglich sind sie nicht.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) präsentierte gegen Ende letzten Jahres die Ergebnisse einer Studie zur Generation Internet. Der Optimismus ist weg, die Skepsis der U25 wächst. Zwar können sich fast 70 % der Jugendlichen ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen, sie leben und sie lieben es, doch die Angst vor Fake News und Cybermobbing wächst. An die Sicherheit der eigenen Daten glauben nur noch 30 %. Die Partizipation ist gesunken, viele wollen ihre eigene Meinung nicht mehr kundtun, da sie eine zunehmende Verrohung der Umgangsformen wahrnehmen und nicht Opfer einer Cyber-Kampagne werden wollen.

Die digitale Welt ist öffentlich zugänglich. Wenn die persönlichen Daten nicht sicher sind, Fake News als Wahrheit verkauft werden, hinter jeder Ecke ein Troll lauert, die Grenzen zur sexuellen Belästigung auch gegenüber Kindern und Jugendlichen überschritten werden, ist digitale Inklusion junger Menschen schwierig. Unversehrtheit ist ein Grundrecht, das auch für das www gelten muss. Junge Menschen brauchen effektiven Schutz. Sie müssen sich digital ausprobieren dürfen, die Technik verstehen und nutzen, sich äußern, Content kreieren und verbreiten, auf Smartphones, Tablets, Laptops und Desktops, via Social Media, Blogs und Kommentarspalten. Ohne aktive Inklusion, ohne aktives Training gehen Optimisten unter. Aber hochseetauglich kann jeder werden — Navigieren und Stürme zu überstehen kann man lernen.

– Und sie müssen digital kompetent sein, die Jungen im Netz, da die Welt sich rasant digitalisiert — und ihnen die Zukunft gehört. Für eine bessere Zukunft kämpft die Jugend an Freitagen, sie streikt, geht auf die Straße und fordert lautstark einen effektiven Klimaschutz. Vielleicht sollte es „Thursdays for Digital Future“ geben, einen Tag des Streiks für ein offenes, und dennoch sicheres Netz für junge Menschen.

Was das genau bedeutet sollen nicht die anderen, die alten bestimmen. Zur jungen Netz-Realität gehört das Sampeln, die Memes und GIFs, das Verbreiten von Inhalten, Wissen, Referenzen, ohne dass Upload-Filter, die zwischen Usern und Bots nicht unterscheiden können, die digitale Freiheit unterminieren. Das auch ist Teil der Digital Literacy. Oder wie eine 17-Jährige Schülerin auf einer Demo in Berlin gegen die EU-Urheberrechtsreform auf ihrem Plakat forderte: “Lasst euch das Internet doch wenigstens kurz erklären, bevor ihr es kaputt macht”. Marco Polo war 17 Jahre alt, als er für seine große Asienreise in See stach.

Die Perspektive der jungen Menschen ist zentraler Baustein der Diskussion, die auf dem IGF in vielen Workshops stattfinden wird. Am Day Zero, am Tag vor dem eigentlichen Beginn des IGF, findet als Pre-Event das Youth IGF Summit statt. Hier können sie starten, die Days for digital Future.

Wir wollen eure Positionen zur Repräsentation junger Perspektiven auf die Netzpolitik, zu besserem Schutz, zu Digitaler Kompetenz und zur Inklusion sichtbar machen — wir bringen euch in Austausch mit unterschiedlichen Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft, sei es in Workshops oder virtuellen Stammtischen.

Schreibt uns an igfnavigator@betterplace.org — erklärt uns das Internet — wir bringen eure Anliegen in die internationale Politik und bleiben optimistisch.

-Nathalie Steinbart

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