Während der Mittagspause des #IGFD2019 präsentieren wir, gemeinsam mit @WikimediaDE und @betterplacelab unsere Forderungen der Zivilgesellschaft, für ein gutes Miteinander im Netz, für junge Menschen und für gemeinwohlorientierte #KI.

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5 min readSep 11, 2019

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Segel setzen auf ein Netz, das allen dient!
Internet Governance braucht die zivilgesellschaftliche Perspektive. Sie ist kritische Mahnung, Repräsentation von vernachlässigten Stimmen und der Kompass aufs Gemeinwohl.

Für ein Gutes Miteinander im Netz fordern wir:

#1 Das Internet von heute ist kein digitaler öffentlicher Raum, sondern wird fast flächendeckend von privatisierten Plattformen bestimmt. Für ein gutes Miteinander im Netz müssen wir Wege finden, wie gesellschaftliche Regeln und Normen, die einen respektvollen öffentlichen Austausch prägen, auch für diese privatisierten Räume Geltung bekommen.

John Hendrik Weitzmann, Wikimedia Deutschland e.V.

#2 Die Grundgesetz und die deutsche Gesetzgebung brauchen ein Update fürs digitale Zeitalter. Für die Verfolgung von Hass im Netz braucht es dazu mehr Qualifikation und Wahrnehmung in den Institutionen: Die Wahrnehmung des Problems mit bei der Polizei und in den Gerichten erhöht, Personal geschult werden. Dazu braucht es Staatsanwaltschaften, die sich explizit mit diesen Themen auskennen, sodass Muster erkennbar und verfolgbar werden.

Hanna Gleiss, Das Nettz / betterplace lab

#3 Mehrheit der Bevölkerung auf den wenigen großen Plattformen. Hier gibt es viel zu wenig Schutzräume und Hilfsmaßnahmen für unterrepräsentierte und diskriminierte Gruppen. Es herrscht also eine klare Imbalance zugunsten der Offenheit. Die Plattformen müssen als unter Handlungsdruck kommen, durch die Verbesserung des NetzDG, eine wirksame Global Governance oder mindestens eine EU-Initiative zur europaweiten Regulierung und große Förderprogramme für die digitale Zivilgesellschaft, die sich wirksam für Betroffene einsetzt.

Philipp Husemann, Die offene Gesellschaft e.V.

#4 Politische Regulierung von digitalen Plattformen ist nötig, um einen geeigneten Rahmen für die digitale Öffentlichkeit zu schaffen. Diese Regulierung darf sich nicht auf Inhaltemoderation und -löschung beschränken, sondern muss ganzheitlich ein Konzept aus Datenschutz-, Wettbewerbs- und Medienthemen behandeln. Die Plattformen selbst haben die Verantwortung, ihre eigenen Standards an geltendem Recht auszurichten und durchzusetzen. Dabei müssen sie für transparente Strukturen und (Compliance-)Prozesse sorgen, die unabhängig überwacht werden können und müssen.

Julian Jaursch, Stiftung Neue Verantwortung

Für eine nachhaltige und menschliche Nutzung von Künstlicher Intelligenz und Algorithmen fordern wir:

#1 Technologie verändert nicht nur den Menschen, sondern Menschen verändern auch die Technologie. Denn Künstliche Intelligenz kann nur mit Daten, nur in Interaktion mit Menschen funktionieren. Darum ist es wichtig den sozialen Kontext zu verstehen, in den sie eingebettet ist. Wir müssen prüfen, inwiefern Digitalisierung diesem sozialen Kontext gerecht wird oder nicht.

Lorena Jaume-Palasi, The Ethical Tech Society

#2 Um das Vertrauen in datenbasierte und algorithmische Systeme zu fördern, brauchen wir eine Offenlegung der jeweiligen Datenbasis. Zudem ließe sich ein Daten-Bias durch zertifizierte Datenbanken verhindern. Nicht zuletzt müssen Funktionsweise, Entscheidungsrahmen sowie die Eckdaten eines Algorithmus erläutert werden.

Bernd Fiedler, Wikimedia Deutschland

#3 Die öffentliche Hand — Polizei, Arbeitsagentur, Verwaltung — muss Bürger*innen offenlegen, welche Systeme zum automatisierten (Vor-)Entscheiden sie zu welchem Zweck verwendet, wer sie entwickelt hat, und nach welcher grundsätzlichen Logik sie funktionieren. Zudem muss es eine wirksame Aufsicht geben und praktikable Widerspruchsmöglichkeiten.

Kristina Penner, AlgorithmWatch

#4 Wir sollten uns gemeinsam und international dafür einsetzen, ein effektives Kontrollsystem für algorithmische Entscheidungssysteme zu schaffen. Es geht einerseits um die Einhaltung von geltendem Recht und andererseits um die Herstellung von Transparenz. Einzelne Betroffene müssen nachvollziehen können, wie über sie entschieden wird. Denn das ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben.

Dr. Miika Blinn, Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

#5 KI darf diejenigen, die ausgeschlossen sind, nicht noch mehr ausschließen. Ganz im Gegenteil: Wir müssen es schaffen, dass mithilfe von KI die Inklusion weiter gefördert wird. Dafür sollte sich die Zivilgesellschaft in den politischen Prozess einklinken, in Gremien aktiv werden und eigene Gremien gründen. Wir müssen Pilotprojekte fördern und anstoßen, um darin Erfahrungen zu machen, die uns dabei helfen, die Verletzlichsten unserer Gesellschaft besser zu integrieren.

Kassandra Becker, Deutsches Rotes Kreuz

Für besseres Internet für Junge Menschen fordern wir:

#1 Wir haben ausreichenden Jugendschutz. Dieser muss aber auch online umgesetzt werden und umsetzbar sein. Ich fordere durchsetzbares Recht, Finanzierung von Anlaufstellen, und Bildungsangebote — vor allem im medienpädagogischen Bereich.

Stephan Ruhmannseder, Jugendstiftung Baden-Württemberg

#2 Jugendarbeit und –bildung sind gefordert, Methoden und Konzepte zu entwickeln, durch die Jugendliche einen selbstbestimmten Umgang mit Daten lernen und diese für gesellschaftspolitische Aktivitäten nutzen können. Politik sollte diese Aktivitäten gezielt unterstützen, um auch im Netz Jugendlichen Qualifizierung, Verselbständigung und Positionierung zu ermöglichen.

#FreiraumNetz — Evang. Trägergruppe für gesellschaftspolitischen Jugendbildung

#3 Die Schulen sollten noch mehr für die Medienkompetenz tun, sodass die Jugendlichen den richtigen Umgang mit dem Internet lernen und auch das angesprochene Erkennen von Chancen und Gefahren des Internets für sie kein Problem darstellt. Ich finde auch noch wichtig, dass es noch offensichtlicher wird, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Für Hass aller Art ist auch im Internet kein Platz!

Jasmin Witmann, JUUUPORT

#4 Jugendliche brauchen Sicherheit im Internet — insbesondere vor sie gefährdender und entmündigender Verwendung ihrer Informationen. Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darf nicht den Verzicht auf die Nutzung des Internet bedeuten müssen. Stattdessen muss die Rechtslage den Bedürfnissen der Nutzer_innen und Bürger_innen angepasst werden. Wir fordern deshalb den Schutz vor Überwachung (durch staatliche, private oder kommerzieller Interessen) und den Schutz der Privatsphäre und der informationellen Selbstbestimmung rechtlich neu zu gestalten. Die Verabschiedung einer starken europäischen Datenschutzverordnung, die das Recht auf Vergessen beinhaltet, ist dazu ein wichtiger Schritt.

Deutscher Bundesjugendring

#5 Kinder und Jugendliche sollten von der Zivilgesellschaft, unterstützt durch die Politik, im Umgang mit informationstechnischen Systemen geschult werden: Wie vergebe ich sichere Passwörter, wie erkenne ich Phishing, wie verhalte ich mich sozial in der digitalen Kommunikation etc. Andererseits muss es Angebote für Jugendliche geben, die aufzeigen dass man mit Computern und Technik Gutes schaffen kann und dass mit technischer Fähigkeit die Verantwortung mit einher geht diese nicht für unethische Zwecke einzusetzen.

Liam Wachter, Netz-Aktivist (u.a. Jugend hackt und Chaos Computer Club)

#6 Jugendliche brauchen den besonderen Schutz ihrer Daten. Ihre Nutzung und langwierige Speicherung muss eingeschränkt werden. Sonst leben wir Zukunft in einer gläsernen Welt. herausfinden können. Bessere Bildung und Aufklärung im digitalen Raum kann das ergänzen.

Lasse Cezanne

#7 Die Politik muss Jugendliche anhören, aber nicht nur weiße junge Männer oder Gymnasiasten, sondern auch alle anderen, um sich ein komplettes Bild zu machen.

Leonard Wolf, Open Knowledge Foundation Deutschland

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