Krypto, Astrologie und Vegetarische Ernährung

Werner Boehm
Initiative Wiener Börse
5 min readApr 13, 2018

Once Upon a Time — und dann kam Bitcoin

Ich bin jetzt mehr als 5 Jahre im Kryptobereich tätig. In der Zeitrechnung der Krypto-Trader (oder “Crypto-Trader” — ich verwende beides) kann mein Einstieg am Kurs Bitcoin/Dollar festgenagelt werden. Der war damals irgendwo um die USD 20, also war ich nicht ein “ganz früher” aber doch ein “early adopter” in der Szene.

Eingestiegen bin ich damals gemeinsam mit Freunden weil wir Alternativen zu PayPal gesucht haben. Bei einigen unserer Projekte hatte sich PayPal als Stolperstein erwiesen. Immer wieder wurden Konten und Gelder temporär gesperrt, weil PayPal prüfen wollte. Das führte dazu, dass die Liquidität stark beeinträchtigt und unberechenbar wurde. Damals war PayPal noch Teil der eBay-Gruppe und alles andere als flexibel oder empfehlenswert aber ohne wirkliche Alternative im Online-Bereich. Wir waren daher auf der Suche nach einem verlässlichen und stabilen Bezahl- und Clearing-System — und fanden Bitcoin.

Die Bitcoin-Marktkapitalisierung im Zeitverlauf

In der Zwischenzeit hat auch die große Welt Bitcoin & Co entdeckt. 2017 haben wir einen ersten Hype rund um die kryptografischen Coins und Token durchlebt. Kurz kratzte der Bitcoin (BTC)-Kurs an der USD 20.000-Marke und pendelt derzeit (13. April 2018) an der USD 8.000-Marke. Die ersten Crypto-Millionäre machen es sich bequem. Erst kürzlich hat Forbes die erste Liste der Crypto-Reichen veröffentlicht. Eine Art Ritterschlag für Crypto und seine Protagonisten.

Zwischenzeitlich haben wir den Einstieg der “legacy player” entdeckt. So hat beispielsweise der weltgrößte Börsenbetreiber CME Group Bitcoin Futures aufgelegt und die Wall Street-Banker rund um den Branchen-Leader Goldman Sachs haben Crypto-Assets als neues Spielfeld entdeckt.

Zeitsprung nach 2018 zu den TIAN Talks nach Wien

Grundsätzlich bin ich eher zurückhaltend, wenn es um die Beurteilung des österreichischen Kapital- und Finanzmarktes geht. Im Vergleich zu London, beispielsweise, hat man in Wien noch immer das Gefühl um K&K Zeitalter zu leben, wenn es um Innovationen geht. An Althergebrachtem wird fast hysterisch festgehalten auch wenn das System bereits erkennbar erfällt. Besser das bekannte Übel als die unbekannte Medizin.

Insofern war ich total überrascht über einen Vortrag von Christian Halper zum Thema Bitcoin. Es war ein “etwas anderer” Vortrag, ein erfrischend anderer. So gar nicht “Wien-like”, sondern bestes Infotainment.

Christian HALPER bei seinem Bitcoin-Vortrag in den TIAN Talks

Gehalten wurde der Vortrag im TIAN Bistro, einem vegetarisch-veganen Restaurant in Wien, das von Christian gegründet wurde. Christian war einer der Gründer des österreichischen Superfund, einem durchaus erfolgreichen Hedgefond. Er stieg dort bereits vor einigen Jahren aus, um andere Projekte zu machen. Darunter offenbar sein Vegetarisches Gourmentrestaurant TIAN, das u.a. bereits einen Michelin-Stern erobert hat. Und Christian setzt auf Astrologie. Als begeisterter Astrologie stellt er beispielsweise die “Prinzipien der Astrologie” in den TIAN Talks am 2. Mai 2018 den TIAN-Gästen vor — begleitet von einem 3-Gänge-Menü.

Ich hatte das Vergnügen im Rahmen von TIAN Talks am 10. April 2018 “Bitcoin — digitales, dezentrales Geldsystem” vorstellte. Natürlich auch begleitet von einem delikaten 3-Gänge-Menü (besonders empfehlenswert war das Risotto aus schwarzem Reis mit Haselnuss-Bestreuung). Dabei vermittelte Christian zwei seiner zentralen Gedanken:

  • Bitcoin Cash ist der bessere Bitcoin und die
  • Astologie zeigt, dass Bitcoin mit der Konstellation von Pluto im Wasserman kurz vor dem Durchbruch steht

Interessant waren für mich beim Thema Bitcoin Cash der pragmatische Zugang aus Sicht eines Investors. Christian legte dar, dass alleine der Faktor “Blockgröße” zu einem erheblichen Vorteil von Bitcoin Cash gegenüber dem “alten” Bitcoin führen würde. Die flexible Blockgröße in der Bitcoin Cash-Blockchain würde dazu führen, dass sich Bitcoin Cash als kryptografisches Zahlungsmittel mit geringen Transaktionskosten durch

Bitcoin steht für Christian wie für die meisten unserer Szene für eine bessere Welt ohne übergeordnete zentrale Autoritäten und (geldpolitische) Zwangsverordnungen. Die dezentralen Blockchains sollten — zumindest theoretisch — auch eine dezentralere Struktur von Wirtschaft und Gesellschaft ermöglichen. Am Weg der Blockchain und der Crypto-Bewegung steht daher die Befreiung der Menschen aus zentral, undemokratisch regulierten Systemen und mächtigen Konzernen. Derzeit ist das nur Vision aber die Technik (Kryptografie) und das Konzept (Distributed Ledger) sind vorhanden.

Bitcoin versus Dot-Com: Wo stehen wir?

In seinem Vortrag widmete sich Christian auch dem derzeit häufig diskutierten Thema wo wir denn mit der Crypto-Entwicklung derzeit tatsächlich stehen. Das ist natürlich vor allem für die Coin- und Token-Investoren und Crypto-Trader interessant. Sind Bitcoin & Co bereits überbewertet oder haben wir noch Raum nach oben?

Zur Beantwortung dieser Frage wird in der öffentlichen Diskussion gerne auf die Dot-Com-Blase der New Economy in den Jahren 1995 bis 2001 zurückgegriffen. Dabei, so Christian, muss man aber berücksichtigen, dass heute alles schneller ist als damals, sich die digitale Zeit generell beschleunigt.

Crypto versus Dot-Com — Der Blasen-Vergleich

Christian ordnet die aktuelle Crypto-Entwicklung im relativen Vergleich mit Dot-Com irgendwo Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er. Wäre Crypto als Dot-Com, dann wären wir genau dort und hätten noch eine Bewertungsreserve für Bitcoin & Co rund um den Faktor 30.

Dementsprechend hätten wir den großen Hype oder die große Blase (Bubble) also noch vor uns. Ich bin diesbezüglich skeptischer und sehe Crypto in diesem Vergleich eher schon irgendwo um 1995, also rund um die Geburt von eBay, Amazon oder Yahoo. Aber das ist ohnehin nur “Kaffeesud lesen” auf der Suche nach Vergleichen und Analogien. Wie es so schön heißt “Geschichte wiederholt sich nicht aber sie reimt” (History doesn’t repeat itself but it does rhyme). Die Kernaussage ist also, dass die derzeitige Crypto-Stagnationsphase nur ein Zwischenstopp auf dem Weg nach oben ist.

Ich möchte damit den Bericht über den Vortrag im TIAN beenden und nochmals betonen, dass ich erfreut bin, dass in der Wiener Crypto-Szene derartige Veranstaltungen ihren Platz haben.

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Werner Boehm
Initiative Wiener Börse

I am a digital nomad, business developer, writer and speaker. I write and speak in English and German and would love to hear your comments.