Alle sind lean. Und wenige innovativ. Gibt es da einen Zusammenhang ?

Michael Schindl
Theory in action

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Regelmäßig scheitern Unternehmen daran, Innovationen zu entwickeln, die über eine schlichte Verbesserung hinausgehen. Tools gibt es viele. Doch sie übersehen die ausschlaggebenden Ursachen für die klassische Innovationsfalle.

Ihr Unternehmen möchte wirklich innovativ sein ? Die Liste der Empfehlungen (und Berater) ist lang: Inkubatoren aufbauen, Inside-Out-Kultur installieren, design thinking einsetzen, eine Innovations-management-Software installieren, oder (billiger), ein betriebliches Vorschlagswesen. Der Erfolg dieser Ansätze ist ähnlich: er bleibt mehrheitlich aus.

Oder kennen Sie eine einzige „disruptive Innovation“ die aus dem betrieblichen Vorschlagswesen hervorging ?
Wenn alle Ansätze ähnlich ungeeignet scheinen, echte Innovationen hervorzubringen — hat das vielleicht einen gemeinsamen Grund ?

These: Ja. Hat es. Denn die gängigen tools übersehen die notwendigen Voraussetzungen für Innovation:

3 entscheidende Voraussetzungen

1. Alle wollen Innovationen. Aber: Ohne Kuh keine Milch. Innovation braucht Innovatoren !
=> Aber wie macht man Innovator-EN aus seinen im Alltag eingespannten Mitarbeitern?

2. Alle reden von „Innovationskultur“! Eine Binsenweisheit.
=> Doch was ist das konkret ?
Ein paar „Ideenwände“, Kreativitätsworkshops, Anreize und flotte Sprüche ? Nein.

3. Rauskommt, was man reintut. Das gilt auch für Innovation. Garbage in, garbage out !
=> Wie aber stelle ich die für Innovation entscheidenden Inputs und Einblicke sicher ?

Innovatoren brauchen Einflüsse von außen, Begegnungen mit anderen Lebenswelten, als denen in der Firma. Diese Inputs sind vorerst zweckfrei und ihr Output nicht vorhersehbar. Eine Horrorvorstellung für den klassischen Controller-Manager.

Aber Mitarbeiter brauchen übergreifende Einblicke in fremde Bereiche, um Zusammenhänge herstellen zu können. Sie brauchen Raum für ziel- und planloses Nachdenken, Diskutieren und Ausprobieren über Ressortgrenzen hinweg. Sie müssen sich Ziele selber stecken, Fehler machen, Dingen auf den Grund gehen und Geld versenken dürfen, ohne sich für jeden Schritt rechtfertigen zu müssen.

Hätten zum Beispiel Mitarbeiter von Verlagen vor 30 Jahren zur Computermesse nach Las Vegas fahren dürfen, statt zur Buchmesse nach Frankfurt, so wäre Amazon die Innovation eines Verlages!

Innovator-EN entwickelt man offensichtlich nicht durch Gängelung und Kostenmanagement, und Innovationen schon gar nicht.

Der Fehler liegt aber nicht beim einzelnen Manager oder einer falschen „Kultur“. Auch nicht an fehlender Software, zu geringen Anreizen oder an der Unkenntnis über „design thinking“. Er liegt viel tiefer.

Der Fehler liegt im nicht hinterfragten Management-Paradigma des „managens“.

1911 schrieb Frederick Winslow Taylor: „In the past the man has been first; in the future the system must be first.“ Und „system“ — damit war ein durchkomponierter „wissenschaftlicher“ organisatorischer Plan gemeint, der nur ein Ziel hatte: Effizienz. Diesem Paradigma folgt die Managementwelt unkritisch bis heute, ohne die „downsides“ dieser einseitigen Ausrichtung zu erkennen.

„Lean“ kills innovation.

Lean kills innovation Photo by Jeremy Perkins

Ressourceneinsatz minimieren“ — das war das Problem, das Taylor lösen wollte. Lean eben. Dabei hat er Innovationsentwicklung (ungewollt) zur Strecke gebracht.

Denn Effizienz — um sinnvoll zu sein — hat Innovation zur Voraussetzung und nicht zum Gegenstand !

Im Gegenteil: Lean kills innovation. Effizienz kann erst dann ein sinnvolles Ziel sein, wenn klar ist, worum es geht. Davor ist Effizienz ein Killer.

Was folgt daraus für die Praxis ?

  1. geben Sie Mitarbeitern echten Freiraum. Frei von den üblichen Einschränkungen wie Projektmanagement, Kostenkontrolle, Zwischenberichten. Geben Sie ihnen ein Budget von € 2000.- und 5 Innovationstage in 4 Wochen. Lassen Sie die Teams (je 2–3 Mitarbeiter) dann um € 10.000.- Budget für den nächsten Schritt pitchen. Sie werden staunen, wie schnell nach dem ersten ungläubigen Staunen eine Innovationskultur entsteht. Denn isoliert vorher die Unternehmenskultur innovieren — das geht nicht.

“You can’t innovate your culture as such,
your culture innovates by innovating !”

2. stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter vor diesem Schritt mit der Lebenswelt Ihrer Kunden — oder neuer Zielgruppen — konfrontiert werden. Denn Innovation setzt voraus, dass Kundenprobleme zutiefst verstanden werden und zwingend als Ausgangspunkt für neue Lösungen verwendet werden.

3. machen Sie klar, dass es keine Tabus für neue Ideen gibt !

“Kill your own product with a new idea before somebody else does it.”

4. co-creation: konfrontieren Sie Kunden sehr frühzeitig mit halbfertigen Lösungen und Konzeptansätzen und erarbeiten sie mit ihnen in „rapid prototyping sessions“ die Basis ihres künftigen Markterfolgs.

Innovationsfalle ? Den Punkt können Sie jetzt abhaken.

“There is nothing so useless as doing efficiently what should not be done at all.“ (Peter Drucker)

Quod erat demonstrandum.

Your key to success

  • ohne echten Freiraum keine Innovatoren
  • ohne Input kein Output: Lebenswelt der Kunden verstehen
  • keine Tabus: kill your own product before somebody else does
  • co-creation: fast prototyping mit Kunden

Thanks for reading !
Comments & questions welcome !

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Michael Schindl
Theory in action

Loves to create workable theories to inform action. Loves to exchange ideas. Navigates Innovation Change Strategy. Co-Founder https://www.sr-partners.com/