“Ich bin kein Poet”: Bourdieu, Künstliche Intelligenz und überhaupt.

Kreatives Handlungsraum ausserhalb der Eingrenzungen der menschlichen Freiheit. In der Praxis.

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Dichter lesen ihre Werke (KI-generiertes Bild, ruDALL-e)

GGestern vor 20 Jahren starb der Sozialphilosoph Pierre Bourdieu, dessen Gedankengut die Europäische — und auch Aussereuropäische Moderne — signifikant geprägt hatte.

Im Netz, insbesondere im Twitter, wurde dieses Datum von vielen mit Erinnerungen und Zitaten gedenkt.

Der Journalist Jürgen Klatzer veröffentlichte einige Fragmente aus der Bourdieu-Dokumentation von Pierre Carles, 2001, “Soziologie ist ein Kampfsport” (youtube). Insbesonders beeindruckend fand ich dieses Fragment: Bourdieu bekommt ein Päckchen von Jean-Luc Godard, voller geheimnisvoller Texte und Fotoaufnahmen aus seinem Film. Diese Sendung lässt den Sozialphilosophen verdutzt dastehen, er will, kann aber weder die Bedeutung des Briefs des Filmregisseurs, noch seine Intention begreifen.

Ich fand dieses Verwirrt-Sein (vielleicht auch mit Inhalten überrumpelt) bezeichnend und vertraulich: es erinnerte mich sofort an meine Ratlosigkeit, mit welcher ich die Texte lese, die mir die von mir trainierte Künstliche Intelligenz schreibt (diese Ratlosigkeit wird jedoch von einer Produktionswelle abgelöst, dann MUSS ich einfach die kreative Regungen von KI umsetzen und medial aufbereiten — und tue es in meinem KI-Magazin MERZ-dAIgest — insbesondere in meinem Projekt reMERZ).

Daher habe ich es retwittert:

Dies wiederum fand der schweizer (bzw. German speaking part of Europe) Künstler, Schriftsteller und Sozialarbeiter Stefan M. Seydel (auch als #SMS bekannt) wunderbar (ich kenne und schätze ihn seit meinen ersten Begegnungen mit der Schweizer Kulturszene und Aktivitäten in Cabaret Voltaire [als CV noch Dadaistisch aktiv, nicht nur museal, war]).

Kurzum, Stefan hat den spannendsten Moment dieser Aufnahme hervorgehoben: die letzten Worte des verdutzten Philosophen in diesem Videofragment…

“Ich bin kein Poet.”

Ich wäre dann auch kein Dichter, wenn ich nicht sofort GPT-3 angeschmissen hätte. Daher habe ich die Künstliche Intelligenz gebeten:

ein Gedicht von Piere Bourdieu zu schreiben, unter dem Titel “Ich bin kein Poet”

Und hier ist es (der fett markierte Teil ist meine Eingabe, der Rest ist von GPT-3):

Dies ist ein Gedicht von Pierre Bourdieu mit dem Titel “Ich bin kein Poet.”Ich bin kein Poet.Ich bin ein Stück Papier,
das in der Luft schwebt,
gedungen, getorben und
4-fach gefaltet,
bis ich die Gestalt eines Vogels
angenommen habe.
Dann hab ich mehrere Verse
dort hingeschrieben,
auf meinen eigenen Flügel.
Danach hab ich die Arme ausgebreitet
und bin in die Welt hinausgeflogen,
mit meinem flatternden,
von Tinte trocknenden Körper.
Ich bin kein Poet.Ich bin ein Stück Papier,
das mit Verstand und Sinn
in dieser Welt herumgeschwirrt ist;
das manche Leute gelesen haben.
Es gab Leute, die meine Verse hörten,
immer reifer werdend,
indem sie (immer reifere) Früchte von
meinem Baum abnahmen.
Aber das Papier säumte und zerfiel,
so dass mein Innerstes sichtbar wurde,
indem die Noten und die Grausamkeit
offenbart wurden.
Ich bin kein Poet.Ich bin ein Papierschnipsel,
der in Gedanken versunken über die Bäume schwebt,
ich säe den Frost aus den Nieselregen,
und die Blätter fangen meine Wörter auf.
Eines Tages werd ich von Liebesworten auf
zerfleischt werden,
ich werde in Tausend Schnipseln versprengt sein,
von denen ich nicht einmal weiß,
ob sie leserlich sind.
Ich bin kein Poet.Ich bin ein Papierblatt,
das die Welt gefragt hat.
Und ich habe es beantwortet,
verständlich gemacht.

Und dankenswerterweise hat #SMS dieses Gedicht in seiner audiovisuellen Podcast-Reihe auf TikTok vorgetragen:

Das ist eigentlich alles (Daniil Charms).

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Merzmensch
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Futurist. AI-driven Dadaist. Living in Germany, loving Japan, AI, mysteries, books, and stuff. Writing since 2017 about creative use of AI.