Marken die auf GAFAs starren.

Thomas Feldhaus
Jung von Matt TECH
Published in
3 min readMar 14, 2018

Alles nur eine Frage des Geldes: Dank Google, Apple, Facebook und Amazon (GAFA) ist es für Marketeers dieser Welt sehr einfach geworden, ihre Ziele zu erreichen. Mit Look-alike Modeling und Attributierung wird die programmatische Werbung beständig optimiert und beschleunigt. Hervorragende Ergebnisse sind garantiert — solange Kreation und Kohle stimmen.

Also ganz anders als am Anfang, als es bei Facebook noch kostenloses User-Engagement inklusive interaktivem Rückkanal gab. Einige DAX-Marketeers wollten zu dieser Zeit ihre kompletten Plattformen auf Facebook verlagern, da hier der Zugang, die junge Zielgruppe und die Technologie kostenlos bereitgestellt wurden. Das funktionierte kurzfristig gut, bis die organische Reichweite laufend sank. Inhalte überfluteten die Timeline und mussten priorisiert und begrenzt werden. Die Monetarisierung auf Facebook konnte beginnen.

Nun hat Facebook vor einigen Wochen erneut eine Veränderung des Algorithmus zulasten der Reichweite — nicht nur für Marken umgesetzt.

Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Fakt ist: Heute wachsen die geschlossenen Systeme am schnellsten, die GAFAs kontrollieren den digitalen Zugang. Wird jetzt, nachdem das Internet 20 Jahre lang die Kommunikation und Geschäftsmodelle demokratisiert hat, doch die alte AOL-Welt Wirklichkeit? Wir erinnern uns: AOL hatte zur Jahrtausendwende als Gegenentwurf zum offen Internet ein geschlossenes AOL-Netzwerk etabliert, scheiterte damit aber letztendlich.

Das alles wäre nicht so schlimm, hätten viele Marken ihre eigenen Plattformen zwischenzeitlich nicht so sträflich vernachlässigt: Viele sind schon stolz auf eine responsive Website — auch wenn diese bei einer Datenübertragungsrate von 3G mehr als 15 Sekunden lädt. Dabei ist die Geschwindigkeit eines der wichtigsten digitalen Produktfeatures, nach aktuellen Studien[1] brechen 40% der User nach 8 Sekunden Wartezeit ab. Ganz zu schweigen von dem SEO Aspekt, hier hat Google offiziell angekündigt, dass ab Juli 2018 der “Page Speed” ein signifikanter Ranking Faktor für die mobile Suche sein wird. Ein guter Startpunkt, um seine Präsenz zu messen, ist PageSpeed Insights von Google oder www.webpagetest.org.

Es wird also Zeit umzudenken: Wir müssen unseren eigenen Plattformen wieder mehr Aufmerksamkeit widmen. Und das heißt nichts anderes als: auf das OpenWeb!

Das OpenWeb bietet immer noch das größte Potenzial an organischer Reichweite. Technisch angeheizt durch die HTML5-Evolution und die erweiterten Möglichkeiten von progressiven Web Apps mit Push Notification, Offline-Funktionen und dem schnellen Einzug der Payment API ist die User-Experience mittlerweile fast auf Native-App Niveau. Ohne App-Installs, ohne App Review Guidelines, ohne Gebühren an den App-Store Betreiber.

Ganz ohne GAFAs geht es dennoch nicht, sie pushen die technologischen Möglichkeiten des Netzes kontinuierlich. Damit das Web auch mobil mit hoher Geschwindigkeit funktioniert, hat Google die AMP-Initiative (Accelerated Mobile Pages) als OpenSource Projekt ins Leben gerufen, die mit 2 Milliarden Seiten und 1,2 Mio. Domains eines der erfolgreichsten Projekte der letzten Jahre ist. Dank AMP wird es für Unternehmen einfacher, schnelle mobile Plattformen zu entwickeln und den Search Access zu beschleunigen. Die Seite hinter dem Suchergebnis wird mit AMP-Technologie direkt von Google ausgeliefert, die Ladezeit beträgt hier häufig weniger als eine Sekunde. Plattformen wie Twitter und LinkedIn unterstützen AMP ebenfalls und verlinken direkt auf die schnell geladenen Versionen der Seiten.

AMP + PWA = aufregendes Web-Erlebnis

Durch die Kombination von AMP mit PWA (Progressive Web App)-Technologien bietet man dem User zum einen also einen schnellen Einstieg in angefragte Themen an — und anschließend dank erweiterter Funktionen ein aufregendes Web-Erlebnis. Auf der neuen BMW.com ist das zum Beispiel die mobile Swipe-Funktionalität, für PWA ist der Service Worker die entscheidende neue Technologie. Dabei ist AMP sicherlich nur eine Übergangstechnologie um das mobile Web zu beschleunigen.

Doch noch einmal zurück zu den GAFAs: Warum sind diese so erfolgreich? Für mich ist es die konsequente Ausrichtung auf das Recruiting, die besten Entwickler, Designer, Data Analysten an sich zu binden. Das beste Team macht den 10-fachen Unterschied. Die Verantwortung, in ein herausragendes Projekt- und Development-Team zu investieren, kann den Unternehmen niemand abnehmen, das ist Kernaufgabe jeder Company in der digitalen Transformation.

Marken sei also ans Herz gelegt, differenziert hinzuschauen und für sich genau abzuwägen, wo einer der großen Player aus dem Silicon Valley helfen kann — und wo nicht. Wo sie definitiv helfen können, wurde oben beschrieben: beim Aufbau einer ultraperformanten Plattform.

Feststeht: In Technologie, in ein großartiges Team und in den eigenen digitalen Zugang zu investieren, lohnt langfristig oft mehr, als sich blind in die Hände eines geschlossenen Netzwerkes zu begeben.

Geschäftlich. Und gesellschaftlich erst recht.

[1] https://econsultancy.com/blog/10936-site-speed-case-studies-tips-and-tools-for-improving-your-conversion-rate

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