Wie es mit UX Writing richtig Klick macht

Anja Lindner
Jung von Matt TECH
Published in
4 min readSep 25, 2023
Illustration einer Person, die über wellenförmige Seiten springt, die aus einer Website herauskommen.
Illustration: Anja Lindner

Für mich als User Experience Designerin zählt UX Writing inzwischen zum festen Bestandteil der Konzeptphase. Neben der Analyse bestehender Nutzerdaten zählt die Erstellung einer funktionierenden Informationsarchitektur für eine neue Seite zum ersten Schritt. Nachdem die benötigten Module in die richtige Reihenfolge gebracht und ihren Inhalten zugewiesen wurden, geht es schließlich ans Texten.

Wie gehen wir dabei am besten vor? Der Prozess lässt sich gut in 4 Etappen einteilen.

1. Dem Text Stimme geben

Die Kommunikation auf Websites ist immer ein Dialog. Um die Nutzer:innen dabei möglichst authentisch anzusprechen und das Produkt so nahbar wie möglich zu machen, definieren wir für unsere Texte Stimme und Tonfall. Es hilft, sich das Produkt als eine Person vorzustellen, die gut zu den zuvor analysierten Personas passt. Was sind die Eigenschaften dieser Person? Wie ist ihr Charakter? Wenn sie zum Beispiel intelligent, freundlich, aber auch direkt ist, dann sollte der Text auch diese Eigenschaften haben.

Die Stimme bleibt immer gleich, aber der Tonfall kann je nach Kontext variieren. Zum Beispiel kann der Tonfall während einer kniffligen Bestellstrecke besonders sachlich sein und nach Abschluss der Bestellung locker und humorvoll. Dies macht den Dialog und das Erlebnis der Seite lebendig und real.

Illustration einer Person, die abstrakte User Interface Module angelt, während sie auf einer Website- Plattform steht.
Illustration: Anja Lindner

2. Direkt ansprechen

Satzlänge, Interpunktion und Formulierungen bilden die Melodie unserer Texte. Diese unterscheidet sich grundsätzlich zwischen B2B und B2C. In den letzten Jahren hat sich die Art der Ansprache jedoch immer mehr angenähert. B2B-Produkte wollen weniger höflich und formell, sondern persönlicher und nahbarer sein.

Je direkter die Ansprache, desto spürbarer der Dialog und desto stärker die Bindung. Mit einem Kundenkonto ist es uns zum Beispiel möglich, Kund:Innen frontal anzusprechen. „Moin Markus, was darf´s heute sein?“ Die Satzlänge ist kurz, die Formulierung locker und das Gegenüber erlebt die Kommunikation sofort präsent. Das erhöht auch die Wahrscheinlichkeit einer direkten Reaktion.

3. Dem Text Fokus geben

Um die Aufmerksamkeit unserer Nutzer:innen zu bekommen und zu halten, formulieren wir kurze, visuell erfassbare Absätze. Im Idealfall sind sie nicht länger als fünf Zeilen. Dabei schreiben wir lieber im Aktiv als im Passiv. So vermitteln wir die Botschaft viel leichter. Keywords dienen als Anker im Text und sollten bewusst eingesetzt werden. Jemand, der es besonders eilig hat, kann so direkt von Keyword zu Keyword springen, die Kernbotschaft, Werte und Funktionen mitnehmen, schnell zur nächsten Seite oder direkt zum Bestellprozess springen.

Grundsätzlich empfiehlt sich, Wörter zu wählen, die man auch in einem realen Dialog verwenden würde. Statt „Thematik“ ist zum Beispiel „Thema“ besser geeignet oder statt „Abonnement“ besser „Abo“. Dies reduziert zusätzlich unnötige Längen und sorgt für einen flüssigen Lesefluss.

4. Mit dem Text navigieren

Im Gegensatz zum Copy Writing, das positive, werbende Geschichten über das Produkt erzählt, bleibt das UX Writing sehr präzise und treibt die User Journey kontinuierlich voran. Wenn es um Schaltflächen geht, mit denen die Nutzer:innen interagieren müssen, sollte absolut klar sein, wohin die Interaktion im nächsten Schritt führt. So bekommt die User Journey die nötige Trittsicherheit, die sie braucht, um erfolgreich zu sein.

Den Text auf Schaltflächen und kurzen Hilfsanweisungen bezeichnen wir als Micro Copy. Er ist sehr kurz, besteht oft nur aus wenigen Wörtern und ist nur ein kleiner Teil des UX Writing. Mit Micro Copy navigieren wir zum nächsten Schritt oder zu einer neuen Seite. Um Nutzer:innen bestmöglich zu unterstützen, ans Ziel zu kommen, ist Feedback nach deren Interaktionen sehr wichtig. In einer Klickstrecke zum Beispiel, in der auch Daten in Eingabefelder eingegeben werden müssen, sollten wir textlich konkret kennzeichnen, was und wie eingegeben werden soll. Bei Fehleingaben geben wir Kontext bezogen möglichst kurz und eindeutig Feedback, was zur Korrektur fehlt.

Illustration einer Nahaufnahme eines User Interface Moduls, das an einem Angelhaken hängt. Auf dem Modul wird der Betrachter gefragt, ob er wirklich eine Nachricht löschen möchte und hat die Möglichkeit auf “Nein, Nachricht behalten” oder “Ja, Nachricht löschen” zu klicken.
Illustration: Anja Lindner

Wir wollen Motivation und Transparenz im Prozess ermöglichen, aber auch Begeisterung erzeugen. Wer am Ende einer Klickstrecke angekommen ist, soll klar erfahren, dass der Prozess erfolgreich war, was das für die nahe Zukunft bedeutet und auf welche Vorteile man sich schon jetzt freuen kann. Ein solcher Abschluss hinterlässt eine positive Erinnerung an den Prozess und das Produkt und legt den Grundstein für eine nachhaltige Kundenbeziehung.

Fazit

Das Schreiben von UX-Texten ist letztlich ein wesentlicher Bestandteil der Schaffung einer positiven User Experience. Effektive UX-Texte helfen den Nutzer:innen, sich mit einem Produkt zurechtzufinden, Vertrauen aufzubauen und nachhaltig zu begeistern. Das zahlt sich auch für Unternehmen aus. Die Konversionrate steigt, Supportkosten können gesenkt und sogar positive Mundpropaganda-Empfehlungen gesteigert werden.

Mit der zunehmenden Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen wird die Bedeutung von UX-Texten weiter steigen. Daher ist es für Designer:innen von entscheidender Bedeutung, sie in den Designprozess zu integrieren.

--

--