Kanada muss seine Emissionen aus Teersand in den Griff bekommen, sagt Clintons Wahlkampfleiter

Suzanne Goldenberg

Thursday 28 May 2015

Kanada sieht sich in Sachen Klimawandel einer immer weiter auseinanderklaffenden Kluft zu Amerika gegenüber, es sei denn, es bekommt die „übermäßigen Emissionen“ der Alberta Teersände in den Griff, meint ein zuverlässiger Berater von Barack Obama und Hillary Clinton.

John Podesta berichtete dem Guardian, dass Kanada mehr tun müsse, um den Abbau der CO2-Teersände vor der wichtigen Konferenz in Paris auszugleichen, die eine internationale Vereinbarung zur Bekämpfung des Klimawandels zum Ziel hat.

Der kanadische Premierminister Stephen Harper ist ein Fürsprecher der Ausweitung der kontrovers diskutierten Teersände; diese zählen zu den 14 sogenannten CO2-Bomben weltweit.

Dabei handelt es sich um enorme Reserven fossiler Brennstoffe, die, wenn sie gefördert und verbrannt würden, es vielleicht unmöglich machten, den Temperaturanstieg auf 2° C zu begrenzen, was dem Limit entspräche; darüber hinausgehende Temperaturanstiege würden irreversible Klimaveränderungen zur Folge haben.

Im Zeichen zunehmender internationaler Besorgnis sagt Podesta, dass Kanadas Politik zum Klimawandel hinsichtlich dessen, was noch vor der bevorstehenden UN-Konferenz zum Klimawandel, die im Dezember in Paris stattfindet, getan werden müsste, zu kurz greift.

Podesta, der das Weiße Haus Anfang des Jahres verlassen hat, um Clintons Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu leiten, sagte dem Guardian: „Ich glaube, dass es einen CO2-Aufschlag auf Öl geben wird, das aus Ölsand hergestellt wird; und ich glaube, dass dieser durch andere Strategien ausgeglichen werden muss, die noch zu verabschieden sind; anderenfalls würde diese Strategie vermutlich exzessive Emissionen zur Folge haben.“

Er habe noch kein Anzeichen dafür gesehen, dass Kanada geplant habe, einen Ausgleich für diese zusätzlichen Emissionen aus Teersand zu schaffen.

„Ich glaube, und das ist meine persönliche Sicht der Dinge und nicht die der Regierung — ich bin nicht Teil der Regierung — ich habe keine weitere Entwicklung von Seiten der Kanadier zu diesem speziellen Zeitpunkt feststellen können.“

Kanada gilt aktuell als größter Umweltverschmutzer pro Kopf, was auf die Teersände zurückzuführen ist, die zu den weltweit drittgrößten Reserven nach Saudi-Arabien und Venezuela gehören und 4,5 Mal so viel CO2 verursachen.

Die Regierung Harper hat versprochen, die aktuelle Förderung mehr als zu verdoppeln, was die CO2-Emissionen weiter ansteigen lässt.

Harper hat viel Lobbyarbeit geleistet, um neue Wege zu finden, das Öl aus Teersand zu vermarkten. Er ist ein Fürsprecher von Keystone XL, einem kontroversen Projekt, um Rohöl von Alberta zu Raffinerien an der texanischen Golfküste und in andere Pipelines zu pumpen.

Das amerikanische Außenministerium befindet sich, nach einer mehr als sechsjährigen Verzögerung, in der Endphase der Überprüfung des Keystone Projekts. Die Pipeline gilt als die umstrittenste Umweltentscheidung, die Obama zu treffen hat.

Er hat gesagt, dass er Keystone ablehnen wird, wenn das Projekt den Klimawandel verschlimmert.

Harpers Werbung für die Ölindustrie wird gemeinhin für die schwachen kanadischen Ziele vor Paris verantwortlich gemacht.

Podesta, der nach einem Auftritt bei der UN-Konferenz über nachhaltige Energien mit uns sprach, sagt, dass „es sich noch zeigen wird“, ob Kanada seine Klimaziele für 2030 einhalten könne.

Die Ziele für 2030, die Anfang dieses Monats enthüllt wurden, sind weniger ehrgeizig als jene von Obama — und auch als Kanadas frühere Ziele: Kanada verpflichtet sich zu einer Verringerung um 30% auf Basis der Werte von 2005.

Allerdings zeigt die von der kanadischen Regierung selbst erstellte Untersuchung, dass das Land bereits seine 2020er Ziele — eine Verringerung der Emissionen um 17% auf Basis der Werte von 2005 — verfehlen wird, überwiegend aufgrund des Öls aus Teersand.

Die Teersände sind die am schnellsten wachsende Quelle für Kanadas CO2-Emissionen und machen geschätzt 80% von Kanadas zulässigem CO2-Ausstoß im Jahr 2050 aus, gemessen an seinen bereits gemachten Klimazusagen nach einer Untersuchung, die diesen Monat für die Stadtverwaltung von Vancouver erstellt wurde.

Harper steht im Oktober zur Wahl und Vertreter der Vereinten Nationen haben in einem vertraulichen Gespräch ihre Hoffnung auf einen Wechsel der Regierung noch vor Paris ausgedrückt.

Mit der Amtseinführung von Rachel Notley und ihrer New Democratic Party ist in Alberta Anfang dieser Woche ein neues Zeitalter angebrochen, das die seit 44 Jahren bestehende Macht der Konservativen in der Provinz durchbrochen hat.

„Das sind gute Nachrichten für diejenigen, die gegen Keystone kämpfen“, sagt Elizabeth May, die Bundesvorsitzende der Green Party of Canada. Notley hat gesagt, dass sie die intensiven Lobby-Bemühungen für Keystone XL einstellen will — eine Entscheidung, die dem Weißen Haus mehr Rückendeckung gab, um das Projekt abzulehnen, sagt May. „Damit kann Präsident Obama noch mehr anfangen“.

Jedoch warnt May, es sei nicht davon auszugehen, dass Notley den Teersandabbau insgesamt eindämme.

„Das ist nicht Hugo Chavez. Es handelt sich hier um die Mitte einer politischen Partei, die die Regierung in einer Provinz stellt und die nicht gegen die Industrie in den Krieg ziehen will“, sagt May. „Für die Menschen außerhalb Kanadas ist es wichtig zu verstehen, dass Rachel Notley nicht das Teersandölgeschäft einstellen will oder nein zu jeder Pipeline sagt.“

Podesta würde nicht auf die Zukunft von Keystone XL wetten — das noch zur Bearbeitung bei Obama anhängig ist. Er hat jedenfalls die Feststellung der Internationalen Energiebehörde und anderer Behörden zitiert, die verlautbaren ließen, dass der größte Teil der bekannten Öl-, Gas- und Kohlenreserven im Boden bleiben müssten, um katastrophale Klimaänderungen zu verhindern.

„Wenn Sie all diese Ressourcen fördern und alle bekannten gutachterlich geprüften Ressourcen auf der ganzen Welt, dann werden Sie das 2°C-Ziel kaum erreichen können“, sagt Podesta.

Deutsche Übersetzung von Karen Gay-Breitenbach, DVÜD. Editor: Yann Schreiber — VoxEurop @yannschreiber

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