Sport sells!

Über Mega-Deals und die Folgen.

adconcept werbeagentur gmbh
Kreative Sammlung
3 min readJul 7, 2015

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Das olympische Motto „Dabei sein ist alles“ hat ausgedient — die neue Devise im Spitzensport lautet „Geld ist alles“! Aus finanzieller Sicht hat die Branche längst den Boden unter den Füßen verloren und steuert mit astronomischen Etats in eine eigene finanzielle Superliga. Es sind Meldungen wie „140 Millionen Euro TV-Vertrag für den FC Barcelona“, „Neuer Rekorddeal für Sky Sport“ oder jüngst „ARD und ZDF verlieren Olympia-Übertragungsrechte“, die erahnen lassen, dass im Sport längst das große Geld die Welt regiert. Aber mit welchen Folgen?

Im alten Jahrtausend — und das ist noch gar nicht so lange her, wie es klingt ;-) — war es völlig selbstverständlich, die großen Sportereignisse umfassend im Free-TV, ja meistens sogar werbefrei bei den „Öffentlich-Rechtlichen“ zu verfolgen. Doch irgendwann bekamen ARD und ZDF Konkurrenz aus dem Lager der Privaten. Ein paar Werbeeinblendungen nimmt man doch gern in Kauf. Denn während „Sport machen“ in der Beliebtheitsskala irgendwo ganz unten dümpelt, ist „Sport gucken“ eins der bevorzugten Hobbys. Und weil das neben den Fernsehsendern auch die Vermarkter erkannt haben, werden die Lizenzen nun meistbietend und super-exklusiv an die TV-Stationen feilgeboten und so die Geldbörsen der Rechteinhaber vergoldet.

Da die Vermarktungsspirale nach oben keine Grenzen kennt, aber die finanziellen Möglichkeiten des Free-TVs irgendwo endlich sind, schlägt nun die große Stunde des Pay-TVs. In einer Art Bietermonopol werden die geforderten Summen bereitwillig per Vorkasse auf den Tisch gelegt und dann über teure Abo-Modelle vom Zuschauer wieder refinanziert. Da trifft es sich doch ganz gut, dass man neben dem Standard-Abo auch noch extra einen „HD-Tarif“ für hochauflösende Bilder sowie den Zusatzvertrag „Go“ für die mobile Berichterstattung auf Tablets und Smartphones bereithält. Wie, Sie können immer noch nichts sehen? Dann benötigen Sie unseren Receiver mit monatlicher Rate. Und vielleicht noch eine Zusatzkarte für den Fernseher im Schlaf- oder Kinderzimmer?

Natürlich kann man einwenden, dass wir auch die Öffentlich-Rechtlichen in Form einer monatlichen Zwangsabgabe namens Rundfunkbeitrag bezahlen. Nur stehen hier für 17,50 Euro alle Türen offen: Allein 22 TV-Kanäle (mit den Dritten und Spartensendern), einschließlich HD-Übertragung, zusätzlich Radioprogramme, umfassende Online-Angebote mit Mediatheken und Co. und das alles größtenteils werbefrei. Zum Vergleich: Bei Sky kostet allein das Sport-Paket nach Ablauf des Einführungsangebots monatlich 35,99 Euro. Mit Bundesliga sogar 48,99 Euro. Und da ist noch nicht einmal das Film-Paket enthalten!

Um welche Summen es bei den Übertragungsrechten geht, lassen die Preise für die Fußball-WM erahnen: 1998 kassierte die FIFA nicht einmal 100 Millionen Dollar, vor einem Jahr in Brasilien waren es über 2,4 Milliarden — eine Steigerung von über 2.000 Prozent! Und dieser Rekordwert wird bei den kommenden Weltmeisterschaften wahrscheinlich noch übertroffen. Da wittern natürlich auch die Sportartikelhersteller das große Geschäft — und machen es! Man könnte bei der Fußball-WM statt den Nationalmannschaften genau so gut die drei Teams Adidas, Nike und Puma gegeneinander antreten lassen. Kaum ein Spieler steht nicht bei den großen Ausstattern unter Vertrag. Ein Milliardär aus Singapur sicherte sich zuletzt sogar sämtliche Bildrechte an Cristiano Ronaldo und englische Vereine werden reihenweise von ausländischen Investoren aufgekauft.

Wird der Sport damit zum Luxusartikel? Ein Event für Besserverdiener? Nicht für Sport-Begeisterte, sondern für Sport-Bezahler? Wird der Anteil an Eintrittskarten, der exklusiv den Sponsoren vorbehalten bleibt und nicht frei zum Verkauf steht, weiter wachsen? Werden die Übertragungen im Free-TV weiter zurückgehen? Bleibt der Sport noch interessant, wenn er nicht mehr für die breite Masse verfügbar ist? Viele Sportarten finden bereits nur noch im Pay-TV statt und die Entwicklung schreitet weiter schleichend voran. RTL überlegt bei den Formel 1-Übertragungen auszusteigen, ARD und ZDF sind bei Olympia raus …

Doch vielleicht hat das Ende der freien Zugänglichkeit auch seine Vorteile: Bei den Public Viewing-Veranstaltungen während der Fußball-Weltmeisterschaften entstand ein tolles Gemeinschaftsgefühl, quasi ein Event im Event. Vielleicht ist das ja auch auf andere Sportarten übertragbar, wenn die kostenlose Berichterstattung im Fernsehen wegfällt. Und wir treffen uns dann zukünftig im Biergarten bei der Übertragung des Wimbledon-Finales oder auf einen Glühwein beim Public Viewing der Vierschanzentournee. Und ganz ehrlich, auch wenn man überhaupt keine Ahnung von Sport hat, lässt es sich in der Gruppe doch immer noch am Besten „fachsimpeln“. ;-)

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