Notwehr

Sebastian Herold
Kurzgeschichten auf deutsch

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Als Lyrikpirat wieder unterwegs, Neuzeitnomade, Unterwegs-sein als Lebensprinzip, more goodbye’s then hello’s, das schafft Freiluftbedingungen im Oberstübchen. Gehirnfurchenlüften.

Also Sachen gepackt, Kerouac eingesteckt, Rucksack geschultert, die Segel gesetzt, die Nase in den Wind gereckt und los. Momentaufnahmen eines Streifzugs durch die Stadt, Zwischenbericht eines Vorübergehenden. Heute ein Novum: Bloggen aus der Welt dazwischen, bloggen von der Straße, live und in Farbe, ziemlich genau von hier, ein Ding der Unmöglichkeit, ein Unding, Gedankenunkraut. Aufmerksamkeitsspanne plusminus ein hundertstel Augenblick, Synapsenknacken in der Höhle des Löwen, in der überfüllten Filiale eines Kaffeerösters, gleich links ab der Flaniermeile. Einzige Bedingung des Spiels: Das Teil muss online stehen, solange ich noch unterwegs bin. Stand-up-Writing.

Draussen warme einschläfernde Luft, ein Fakefrühling, fühlt sich bloß so an als ob, es liegt in der Luft und jeder weiß, dass es noch mal knüppeldick mit der Kälte kommen wird. Der Rest eine krakeelende Lärmwelt, Ohrlosigkeit eine Grundvoraussetzung, um nicht wahnsinnig zu werden. Verloren ist, wer den Aufmerksamkeithaschern ins Netz geht. Kinder betrachten mich mit großen Augen, als sei ich eine Vogelscheuche mit einem Neonbuch auf den Schenkeln, grotesk und mit fransigen Haaren und genau deshalb so faszinierend. Irgendwie haben sie recht, wie eben nur Kinder recht haben können. Ich lache, sie lachen und laufen davon. Es dämmert und Lichter gehen an und die Hausfassaden sind Betonmonster mit tausend glühenden Augen und dennoch liegt alles friedlich. Billige Bilder, mehr bekomme ich hier nicht hin.

Flucht aus der Straßenschlucht. Mein Zug geht in zehn Minuten, raus aus der Stadt, raus aufs Land, in die Abgeschiedenheit, bis dahin maximale Zerstreuung voraus. Wenn ich euch damit langweile, brecht mir in den Kommentaren die Beine.

„Das glaubt man nicht, wenn man jung ist: Dass Dichtung einfach nur Notwehr sein kann. Eine Weise, sich selbst und das Leben zu überstehen.“ — Eva Strittmatter

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