Ansprachen in kritischen Momenten
Der Fall des Versagens von Gianni Infantino und wie Sie besser handeln
Krisen werden Organisationen früher oder später ereilen.
In diesen Situationen rücken die Offiziellen in den Fokus des Geschehens. Führungskräfte müssen sich öffentlich äußern. Kritische Fragen, entscheidenden Momente, Aussagen, welche eine erhebliche Tragweite haben, können schnell unüberlegt und dennoch öffentlich getroffen werden. Während einige Personen dies gut handhaben, so zeigt sich vor allem in der jüngeren Vergangenheit, dass eine Fehleinschätzung der Lage zu einer erheblichen Verschlimmerung der Situation führte.
Wie können Sie sich hier optimal vorbereiten?
Welche Anforderungen müssen Sie mit Ihren Aussagen erfüllen?
Krise
Einige Fallbeispiele zeigen sich in der aktuellen Zeit besonders prominent. Elizabeth Holmes, ehemals CEO der Firma Theranos, einer zeitweise milliardenschwer geschätzten Firma, welche behauptete mit wenigen Tropfen Blut schwere Krankheiten erkennen zu können, ist zu 11 Jahren Haft wegen Betrugs verurteil worden. Nach dem Urteil entschuldigte Sie sich und sagte, dass Sie Ihre Taten „mit jeder Zelle Ihres Körpers bereue“.
Anders sieht es aus bei Elon Musk, welcher nicht mehr aus den Schlagzeilen gerät. Nach einer Umfrage unter Nutzenden schaltete er das Profil von Donald Trump wieder frei. Die Umfrage endete 52% zu 48% für die Freischaltung. Mit dem Tweet Vox Populi, Vox Die (übersetzt: die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes) bespielt Musk eine Mischung religiöser Abstrusität und pseudodemokratischem Nonsens. Ochlokratie nennt sich die Vorgehensweise, welche Musk zeigt. Trump hetzte vor allem gegen Minderheiten. Dass die Mehrheit damit weniger Probleme hat, ist wenig überraschend. Trotz zahlloser Entlassungen und Verfehlungen ist von Musk kein Wort der Reue oder Entschuldigung zu hören.
Noch schlimmer agierte FIFA-Präsident Gianni Infantino. Die Kritik an der WM in Katar entgegnete mit Vorwürfen von Doppelmoral gegenüber der Geschichte. Er sieht sich selbst als Vertreter des Fußballs. In einer bisher nicht zu erwartenden Entgleisung äußerte er, dass er „sich heute schwul fühle, er fühlt sich wie ein Behinderter, er fühlt sich wie ein migrantischer Arbeiter“. Infantinos irritierende Irrwege erzeugen erheblichen Ekel (eine ausführliche Schilderung ist im dieswöchigen Podcast zu hören; Links finden Sie unten am Ende des Artikels).
Wir sehen immer mehr Führungskräfte im Wahn der Selbstüberschätzung. Mitarbeitende verweigern jenen richtigerweise die Gefolgschaft und zeigen keinerlei Identifikation mit den von diesen Personen geführten Organisationen.
Aussagen
Ihre Aussagen müssen in der heutigen Zeit klar, präzise und auf den Punkt getätigt werden. Jeder Mangel wird hier sofort in der öffentlichen sowie der firmeninternen Diskussion entsprechend ausgenutzt.
Einleitend ist eine klare Definition der Problematik notwendig. Nur wenn klar ist worüber Sie sprechen und welche Umstände sie referenzieren ist es möglich zu bewerten, ob Sie dem Anspruch in der Sache gerecht wurden. Zudem vermeiden Sie so, dass Nebenschauplätze in der Diskussion unnötige Störfeuer werden. Im Anschluss bedarf es einer klaren Aussage in Hinblick auf Beteiligte, den Verlauf der Sache, eventuell vorhandene Ausnahmen und die im Kontext durchgeführte Tätigkeiten. Sollte es in diesem Zusammenhang notwendig und möglich sein, so ist ein von Ihnen eventuell bereits vorgenommener Täter-Opfer-Ausgleich entsprechend darzustellen. Bei der Ankündigung weiterer Schritte ist es wichtig, dass diese zum einen klar beschrieben werden und zum anderen mit Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten sowie einem klaren Zeitfenster zu versehen sind. Die Darstellung des weiteren Kommunikationsprozesses zeigt zudem, dass Sie Verantwortung übernehmen wollen und für eventuelle offene Punkte, Wünsche, Ergänzungen o.ä. zur Verfügung stehen.
Dass für Verfehlungen eine klare Entschuldigung erfolgt versteht sich von selbst.
Generell gilt bei allen Aussagen: es gilt für alle Personen die Unschuldsvermutung. Jedoch ist ebenso der Verpflichtung nachzukommen ein eventuelles öffentliches Interesse zu bedienen. Dies ist nur dann zutreffend, wenn Sie eine Person oder Einrichtung des öffentlichen Lebens oder hoher öffentlicher Relevanz sind.
Schuld oder Unschuld sind zudem von relevanten, neutralen, anerkannten Institutionen festzustellen. Wenn Infantino sich auf hausinterne Kommissionsfreisprüche bezieht, keinerlei externe Prüfung stattfand, dann ist mit einer entsprechend negativer Außenwirkung zu rechnen.
Aufrichtigkeit
Wenn Sie sich entschuldigen, so ist die Aufrichtigkeit und das Einräumen des Fehlers von zentraler Bedeutung. Aussagen wie „Es tut mir leid, wenn sich jemand beleidigt fühlte“ sagen nur eines: Sie sehen keinerlei Fehlverhalten bei sich. Wenn derartige Aussagen zusammen mit fehlenden Konsequenzen erfolgen, so schaden Sie sich und der Organisation langfristig. Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe in diesen Situationen an vorderster Linie der Öffentlichkeit nachhaltig, professionell und positiv aufarbeitend zu agieren, um im Anschluss, nach vollständiger Aufarbeitung, in der Lage zu sein, wieder zum Tagesgeschäft, der Kernaufgabe der Organisation, überzugehen.
Mehr zum Thema der Kommunikation in Krisenmomenten im dieswöchigen Podcast: Apple Podcasts / Spotify.
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