The History of Change Processes: 1970/80

Sandra Toepsch
Leadership und Organisation
4 min readMar 28, 2021

Was ist der Ursprung des Change Managements? Wie hat sich Change Management im Laufe der Jahre entwickelt und wie hat sich die Change Kommunikation herausgebildet?

In der Reihe “The History of Change Processes” wollen wir diesen Fragen nachgehen.

Die Märkte werden immer globaler und wettbewerbsintensiver. Menschliche Kreativität, Problemlösungskompetenz und interne Kommunikation werden für Unternehmen wichtiger. Die Nachteile des Taylorismus sind stärker zu spüren: Die sozialen Prozesse werden vernachlässigt, es gibt weniger Koordinierung innerhalb der Unternehmen zwischen den Mitarbeiter:innen. Durch die Teilung in Planung und Ausführung, gibt es eine zeitliche Lücke, auch als Knowing-Doing Gap bekannt. Diese Faktoren führen dazu, dass Organisationen auf andere Modelle und Konzepte umsteigen.

Es folgt eine neue Welle der Human Relations-Bewegung. Diese Bewegung wurde vertreten von den norwegischen Arbeitswissenschaftlern Emery und Thorsrud sowie dem Institut für industrielle Sozialforschung in Trondheim. In der BRD wurde das staatliche Forschungs- und Aktionsprogramm Hda (Humanisierung des Arbeitslebens) initiiert. Hiermit soll eine wissenschaftliche Grundlage für eine neue Arbeitsgestaltung hin zur Erweiterung des Spielraums und zu mehr Partizipation in Unternehmen geschaffen werden. Der Begriff Self-Actualizing-Man (Selbstentwicklung der Arbeiter:innen) steht dabei im Mittelpunkt.¹

Im Zuge dessen entwickeln Karin Klebert, Einhard Schrader und Walter Straub auf Basis der Organisationsentwicklung im Kraftwerk Union AG in Mülheim an der Ruhr und bei BMW in München das Lernstatt-Konzept unter der Verwendung der Moderationsmethode. Mit dem Lernstatt-Konzept wurden Produktions- und Kommunikationsprozesse durch systematisches, partizipatives Vorgehen und beratende Begleitung verbessert. Mitarbeiter:innen wurden so direkt an der Organisationsentwicklung beteiligt.²

In den 1980er Jahren erscheint erstmal der Begriff “Change Management”. Der Management-Berater Julien R. Phillips veröffentlicht den Artikel „Enhancing the effectiveness of organizational change management“.³ Wofür wird jetzt dieser neue Begriff gebraucht?

Königin Beatrix eröffnet das neue Gebäude des Nationalen Rechenzentrums in Apeldoorn, 30. Mai 1984

Bis in die Mitte der 80er Jahre stecken die Industrieländer in einer Rezession, ausgelöst durch die zweite Ölpreiskrise von 1979. Dies führt zu negativen Entwicklungen bei Herstellungskosten, Auftragslage und Liquidität. Erste nationale Deregulierungen bestimmter Wirtschaftsbereiche, z.B. Telekommunikation, und zunehmende globale wirtschaftliche Verflechtungen steigern den Wettbewerbsdruck auf den Märkten. Durch Automatisierung und Ölkrise wandeln sich die Märkte von Verkäufermärkten zu Käufermärkten. In diesem herausfordernden Umfeld war es für die meisten Unternehmen überlebenswichtig, geeignete Strategien zur Gewinnung neuer Wettbewerbsvorteile zu entwickeln, die mit großen Veränderungen innerhalb der Unternehmen verbunden waren.

Die logische Folge von Scientific Management und technologischer Entwicklung ist nun das Aufkommen erster IT-Syteme für Manufacturing Resource Planning (MRP) und später Enterprise Resource Planning (ERP). MRP werden eingeführt, um Unternehmen Einkauf, Prognose und Planung der Produktion effizienter zu ermöglichen. Große Wettbewerbsvorteile für Hersteller liegen in der Fähigkeit, Zusammenhänge zwischen Teilen, Baugruppen und Produkten zu erkennen — der sogenannten Stückliste, Sie ist die Grundlage für die Materialbedarfsplanung (MRP). Diese neue Informationsbasis schafft auch den Ausgangspunkt für neue Konzepte in der Logistik. Die weitere Integration von MRP mit kaufmännischen Prozessen und mit Ressourcenplanung bringt dann die ERP-Systeme hervor.⁴

Das Management kombiniert solche IT-System-Einführungen oft mit weiteren großen betrieblichen Veränderungen. Die Einführung dieser IT-Systeme in Unternehmen führt zu tiefgreifenden Veränderungen, die viele Bedenken bei den Mitarbeiter:innen auslösen. Diese neuen Management-Erfahrungen bringt auch die Erkenntnis, dass Mitarbeiter:innen viel mehr Unterstützung bei der Bewältigung all der Veränderungen benötigen, als man anfangs vermutete. Daher ist Veränderungsmanagement erforderlich, um die Probleme und Herausforderungen zu bewältigen.

Diese technischen Entwicklungen in den 80ern können als letzter Baustein gesehen werden, der die Weiterentwicklung vom Scientific Management zum Change Management als eigene Disziplin erforderte.

Die technologischen Entwicklungen führen zu einem öffentlichen Diskurs über technologische Risiken. Diese neue Risiken und der gesellschaftliche Diskurs hat Auswirkungen auf die Sozialwissenschaft und Publizistikwissenschaft: Der Sozialwissenschaftler Ulrich Beck veröffentlicht 1986 das Werk “Risikogesellschaft” und die Publizistikwissenschaft forscht zur Risikokommunikation. Die Risikokommunikation wird zum eigenen Forschungsbereich. Besonders die Themen Kernenergie, Gentechnologie, Umweltschäden, Flugzeugabstürze stoßen in der Gesellschaft auf Interesse. Die Medien stellen sich immer öfter der Frage, ob und wie sie über Risiken und Gefahren berichten sollen.⁵ Die Risikokommunikation hatte direkte Auswirkungen auf die Unternehmenskommunikation, da auch diese Risiken und Krisen kommunizieren mussten.

Seit den 80er Jahren beschäftigt sich die Kommunikationswissenschaft intensiv mit der PR- und Organisationskommunikationsforschung. Wie gelingt die Kommunikation innerhalb von Organisationen? Der Ur-Vater der Public Relations, Edward L. Bernays, stellte schon in den 50er Jahren fest: “PR begins at home”. Als Hauptziele der internen Kommunikation wurden Information, Motivation, Identifikation und Integration herausgestellt. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen steht im Fokus der internen Kommunikation. Organisationsinterne Werte, Normen und Rituale können besser kommuniziert und gestärkt werden. Die Organisationskultur entwickelt sich zum Treiber für Identifikation und Commitment.

Quellen

¹ Walde, Andreas (2014): Von der Organisationsentwicklung zum Change Management, Hamburg: Igel Verlag RWS. S. 16.

² Kostka, Claudia (2016): Change Management. Praxisbuch für Führungskräfte, München: Carl Hanser Verlag. S. 17.

³ Phillips, Julian R. (1983): Enhancing the effectiveness of organizational change management, in: Human Resource Management 1983, 22(1–2), S. 183–199.

⁴ Computerweekly (2021): MRP, MRPII und ERP: Das sind die Unterschiede, URL: https://www.computerweekly.com/de/tipp/MRP-MRPII-und-ERP-Das-sind-die-Unterschiede, Abruf am 21.03.2021.

⁵ Bonfadelli, Heinz (2004): Medienwirkungsforschung II: Anwendungen (2.Aufl.), Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft. S.285–230.

⁶ Huck-Sandhu, Simone (2016): Interne Kommunikation im Wandel: Entwicklungslinien, Status Quo und Ansatzpunkte für die Forschung. In: Interne Kommunikation im Wandel, Theoretische Konzepte und empirische Befunde. (Hg.). Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 3–4.

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