NFTs, NFTs, überall NFTs… Was ist das?

Antworten auf Fragen zu NFTs, die ich schon häufig beantwortet habe

Jonas Rubel
Unyfy

--

Die Zeit, SZ, FAZ, New York Times, das WSJ und der Stern — auch das letzte Massenmedium hat mittlerweile über NFTs und die zum Teil horrenden Verkaufspreise eben dieser berichtet. Auch mein Kollege Thomas Euler hat die letzte Ausgabe seines Newsletters den NFTs gewidmet.

Aller Berichterstattung zum Trotz hält sich das Verständnis von und für NFTs bei Menschen außerhalb der Tech-Bubble allerdings in Grenzen.

Dieser Artikel ist mein Versuch ein wenig Licht in das — für viele noch sehr dunkle — Land der Non-Fungible Tokens zu bringen. In FAQ-esquer Manier beantworte ich hier ein Paar der am häufigsten gestellten Fragen zum Thema.

Ich kann mich an kaum ein Gespräch in den letzten Tagen erinnern, in denen das Buzzword NFT nicht gefallen ist. Die, die es verstehen, fragen sich, wie sie den Trend für sich nutzen können. Die die es noch nicht verstanden haben stellen mit großen Fragezeichen in den Augen die Frage: Was ist ein NFT überhaupt? Was kann ich damit machen? Ist das Kunst, oder kann das weg?

Nachdem ich meine Mittagspause heute damit verbracht habe, einer Gruppe von Menschen zu erklären, was es denn nun mit dem Thema auf sich habe und mir versichert wurde, dass auch nach längerer Online-Recherche der Groschen noch nicht gefallen sei, habe ich mich kurzerhand dazu entschieden, diesen Artikel im Frage-Antwort-Style zu schreiben. Wieso die Mühe, wenn es doch die Wikipedia gibt?

Wikipedia selbst hat den deutschen Artikel zu NFTs mit dem Hinweis gekennzeichnet, dass der Artikel nicht allgemeinverständlich formuliert sei. Hier also mein Versuch von allgemeinverständlich — und damit ohne viel Tamtam in die Fragen.

Was heißt NFT überhaupt?

Um herauszufinden, dass NFT für Non-Fungible Token steht, bedarf es nur einer kurzen Google Suche — führt in aller Regel aber zu mehr Fragen als Antworten, also Schritt für Schritt:

Token sind digitale Gegenstände. Wenn man heute von Token hört, haben sie zumeist die Eigenschaft, nicht kopierbar zu sein. Soll heißen: Wenn ich einen Token habe und ihn dir schicke ist klar geregelt wer der neue Besitzer ist (Du) und ich habe keinen Zugriff mehr auf den Token. Das Gegenbeispiel wäre das Foto aus dem Urlaub: wenn ich Dir die Bilddatei schicke, kann ich sie dennoch nach wie vor selbst nutzen.

Wie das funktioniert? Blockchain macht’s möglich, aber ich habe mir fest vorgenommen dieses Wort soweit es geht aus dem Artikel rauszuhalten — schließlich will ich Fragen beantworten und nicht aufwerfen.

Also zum zweiten Teil des Kompositum: Non-Fungible. Fungible, oder zu Deutsch fungibel, heißt frei übersetzt “austauschbar”. Austauschbare Güter im klassischen Sinne sind zum Beispiel die Rohstoffe Öl oder Weizen — wenn ich 40 Liter Super tanke, sind diese für mich genauso gut wie die 40 Liter, die das Auto vor mit getank hat.

Non-fungible, also nicht-austauschbare Güter sind zum Beispiel die verschiedenen Bilder von Leonardo da Vinci — das Louvre würde höchstens laut lachen wenn ich ihnen Leonardo’s Horse gegen die Mona Lisa zum Tausch anbieten würde.

Ein NFT ist also ein nicht austauschbares, digitales Gut — vergleichbar mit einer Wertmarke, die eine Seriennummer trägt, nicht kopiert werden kann und rein digital existiert. Nächste Frage.

Was hat den NFT-Hype ausgelöst?

Eine Frage, die so natürlich schwer zu beantworten ist, allerdings würde ich behaupten, dass es zwei sehr starke und klar zu benennende Faktoren gibt: NBA Top Shot und Bitcoin.

208.000 USD wurden für diesen LeBron Dunk gezahlt

NBA Top Shot ist eine Plattform, auf der digitale Sammelkarten in Form von NFTs ausgegeben und gehandelt werden. Diese digitalen Sammelkarten stellen allerdings nicht einfach nur Bilder a la Panini Sammelbilder dar, sondern kurze Videoclips von verschiedensten Spielsituationen. Kürzlich wurde ein Dunk von LeBron James für 208.000 USD auf der Plattform gekauft.

Die NBA ist wahrscheinlich die Sportliga, die sich mit ihren digitalen Angeboten am besten für das 21. Jahrhundert aufgestellt hat. Deshalb genießt sie global enorme Aufmerksamkeit — klar, dass eine neue Technologie in den Fokus gerät, wenn sie hier eingesetzt wird.

Ein kurzer Blick auf die Google Search Trends von “NFT” und “NBA Top Shot” zeugt zumindest von einer geringfügigen Korrelation — selbstverständlich nicht mit Kausalität zu verwechseln.

Dass der Bitcoin Kurs von Anfang Oktober bis jetzt auf das etwa sechsfache gestiegen ist, hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch einen Beitrag dazu geleistet, die Aufmerksamkeit auf die Blockchain (verdammt!) und einige ihrer Anwendungen zu lenken.

Sind NFTs nur eine Modeerscheinung?

Nein. Ich bin davon überzeugt, dass NFTs gekommen sind, um zu bleiben. Werden viele NFTs in wenigen Monaten wenn nicht sogar Wochen nur noch einen Brauchteil dessen wert sein, was sie es heute sind? Ganz bestimmt. Werden einige der NFTs, die heute für viel Geld gekauft werden, in der Zukunft zu noch höheren Preisen den Besitzer wechseln? Ganz bestimmt!

Warum ich mir so sicher bin? Begrenzt verfügbare, digitale Assets sind erst durch die Erfindung von Bitcoin überhaupt ermöglicht worden. NFTs heben diese Knappheit eines digitalen Guts jedoch auf ein neues, zuvor nicht gesehenes Level. Einige NFTs sind Unikate und zum Teil ist ihr Wert durch ein ihnen zugrunde liegendes Asset gegeben.

Beepl NFT. Der Preis? Schlappe 69 Millionen USD

Seit Menschengedenken sind seltene Objekte begehrt. Daher ist es für mich selbstredend, dass spätestens die Generation unserer Enkel es für selbstverständlich erachten wird, dass einige der ersten digitalen Unikate, die es jemals gegeben hat, Preispunkte weit jenseits der bereits jetzt unglaublich klingenden 69.000.000 USD erreichen werden, die kürzlich für ein NFT des Künstlers Beepl gezahlt wurden.

Diese Geschichte wird jedoch weit besser von dem Käufer erzählt, der den bisher zweithöchsten Preis für ein NFT gezahlt hat — der Twitter user @peruggia_v. In diesem Thread erklärt er, warum er sein Investment von 7.5 Millionen USD für ein Bild, welches leicht mit Microsoft Paint gemalt werden könnte, für einen echten Schnapper hält.

Cryptopunk NFT für 4200 ETH, stand heute (18.03.21) etwa 6,4 Millionen EUR

Neben seinen Ausführungen zu digitaler Knappheit hallt eine seiner Aussagen seit dem Lesen in meinem Kopf nach, wann immer ich an NFTs denken:

“Those that embrace technology will outperform those that fight it which is a tale as old as time.” — @peruggia_v

Frei übersetzt: Diejenigen, die neue Technologien Willkommen heißen, sind seit Menschengedenken besser gefahren als die, die sich dagegen gesträubt haben.

Was bedeutet es, wenn ich ein Kunstwerk als NFT besitze?

Wenn du ein NFT kaufst, bedeutet das nur sehr selten, dass du das Bild in physischer Form erhältst. In aller Regel bekommst du eine rein digitale Kopie des Bildes. Warum dann also viel Geld dafür ausgeben, wenn jeder andere Mensch mit einem Internetanschluss das gleiche Bild gratis bewundern kann?

Der NFT ist in diesem Zusammenhang am besten mit einem Besitzzertifikat zu vergleichen. Gehört Dir das NFT, gehört Dir das digitale Original — alle Kopien des Bildes sind vergleichbar mit digitalen Kunstdrucken.

Im ersten Moment mag das abwegig klingen, aber wie abwegig ist es wirklich? Nahezu jedes namenhafte Kunstwerk ist heute digitalisiert und kann als Kunstdruck erworben werden. Trotzdem ist es selbstverständlich, dass das Original weiterhin als Wertgegenstand anerkannt ist.

Was mache ich nun mit meinem NFT?

Das kommt ganz darauf an! Ein einfaches digitales Sammelbild ist noch nicht sehr spannend — hier werden sich selbst die meisten NFT-Fans einig sein. Einer der offensichtlichen und bereits erwähnten Nutzen dieser NFTs ist die erhoffte Wertsteigerung. Viele Käufer gehen davon aus, dass ihr heute erworbener Token in der Zukunft für mehr Geld verkauft werden kann, als sie selbst dafür ausgegeben haben — ein sehr legitimer Grund, sich das ein oder andere NFT an die Seite zu legen. Der größte NFT Marktplatz Opensea.io lädt dazu ein, sich ein Bild vom derzeitigen Markt zu verschaffen.

Die Firma Sorare hat ein sehr viel greifbareres Nutzenversprechen für ihre digitalen Fußball-Sammelbilder geschaffen. Hinter dem Marktplatz steht ein Fußball Managerspiel. Man organisiert sich mit anderen Nutzern in Ligen, stellt für jeden Spieltag eine Mannschaft auf und erhält Punkte basierend auf der realen, auf dem Rasen abgelieferten Leistung der einzelnen Spieler.

Soweit, so gut. Der Clou: Man kann nur die Spieler aufstellen, deren NFTs man besitzt. Somit hat die Preisentwicklung einer Spielerkarte auf dem Marktplatz nicht nur eine spekulative Komponente, sondern auch eine spielentscheidende. Ist mein Kader derzeit Abschlussschwach und daher nicht konkurrenzfähig muss ich am Markt einen Stürmer kaufen — und mit einem Auge für die Entwicklung junger Talente kann mit guten Entscheidungen auf dem Transfermarkt langfristig die Chance gesteigert werden, Spieler (bzw. deren NFTs) für mehr Geld zu verkaufen, als für sie bezahlt wurde.

Wo haben NFTs großes Potential?

Hier gibt es sicher nicht die eine, richtige Antwort. Um eine mögliche Antwort auf diese Frage zu finden, hilft es sich anzuschauen, wo heute die größten Umsätze mit digitalen Gegenständen generiert werden — hier sticht die Gamingszene heraus.

Nahezu jedes große Spiel, von FIFA bis Fortnite, läd heute seine Spieler dazu ein, nach dem Erwerb des eigentlichen Spiels weitere digitale Güter zu kaufen. Von neuen Waffen und Kleidung für den eigenen Avatar (Skins) über FIFA Ultimate Spielerkarten werden mit In-App Items Milliarden Umsätze erzielt.

Spieler, die diese Gegenstände kaufen, besitzen sie jedoch nicht im eigentlichen Sinn. Vielmehr werden sie dem Nutzer von Seiten des Spieleherstellers zur Verfügung gestellt. Sollte der erworbene Gegenstand aus dem Spiel verschwinden (zum Beispiel, weil eine bestimmte Waffe nicht weiter im Spiel angeboten wird), so hat der Nutzer keine Möglichkeit ihn zu behalten. Auch ein Sekundärmarkt für diese Artikel ist nur möglich, wenn der Publisher ihn aktiv bereitstellt.

Würden besagte In-Game Artikel als NFTs verkauft, wären Spieler sowohl in Bezug auf den Besitz als auch den Weiterverkauf dieser Artikel deutlich besser gestellt als heute. Das sollte im Umkehrschluss für eine höhere Zahlungsbereitschaft für diese digitalen Spielgegenstände sorgen.

Was haben NFTs mit “digitalen Zwillingen” zu tun?

Die bereits zuvor erwähnte Eigenschaft, als Besitzzertifikat zu dienen, ist für mich eine weitere vielversprechende Anwendung von NFTs. Besonders interessant ist dies bei Gegenständen, die leicht zu fälschen sind und deren Authentizität schwer festzustellen ist. Ein fiktionales Beispiel:

Kingsley Coman hat im Champions League Finale 2020 den Siegtreffer für den FC Bayern gegen PSG geschossen. Er versteigert das Trikot, welches er im Spiel trug, um Geld für einen wohltätigen Zweck zu sammeln.

Ein Trikot mit Coman Beflockung kostet mich rund 100 € und im 10ten Versuch bekomme ich auch die Unterschrift halbwegs authentisch auf das Jersey gemalt — das ganze zweimal über den heimischen Rasen gezogen und selbst der Fachmann wird Schwierigkeiten haben die Authentizität zu bestätigen oder zu widerlegen.

Hier kommt der NFT ins Spiel. Schon vor der Auktion kündigt Kingsley an, dass es zusätzlich zum Trikot einen Token mit der Kennung XYZ als Echtheitszertifikat geben wird. Sollte das Trikot jemals weiterverkauft werden, ist nur das Set Trikot + NFT sein Geld wert, bei allen anderen Angeboten kann es sich nur um eine Fälschung handeln. Ein zukünftiger Liebhaber wird also eine 100%ige Sicherheit haben, ob es sich bei dem Angebot um ein Original handelt.

Den Besitz des Tokens kann man übrigens nachweisen, ohne ihn zuerst an den potentiellen Käufer transferieren zu müssen. Das Ganze funktioniert mittels einer digitalen Signatur. Peruggia_v, den ich zuvor im Kontext des für 7.5 Millionen USD verkauften Cryptopunk NFTs erwähnt habe, hat diese Signatur direkt seinem Twitterprofil hinzugefügt. Hier ist, höchsten cryptografischen Ansprüchend genügend, die Adresse, auf welcher der NFT wohnt mit der Nachricht @peruggia_v ververknüpft. Diese Nachricht könnte ebenso gut “Ich, Name X, Adresse Y, Ebay Nutzername Z, bestätige hiermit, dass sich sowohl Trikot als auch Token in meinem Besitz befinden” lauten, kommt aber auch wunderbar ohne Klarnamen aus, den viele Sammler ja bekanntermaßen gerne für sich behalten.

Diese Verwendung von NFTs wird oft auch als digital twin, also digitaler Zwilling, bezeichnet und ist wie eingangs erwähnt im Kontext “leicht zu fälschen — hart zu verifizieren” überaus nützlich.

Was braucht es noch, damit NFTs endgültig im Mainstream ankommen?

Kurz: Platform übergreifenden Nutzen! Derzeit ist das NFT Ökosystem noch stark fragmentiert, obwohl die meisten Plattformen technisch interoperabel sind. Ein offener Standard, der sich über NFT Handelsplätze hinweg bis in Spielewelten (z.B. Fortnite Skins), soziale Medien (z.B. Instagram und Twitter Profile), Onlineshops (Ebay, Amazon) und vielleicht sogar Jobportale (LinkedIn) erstreckt, wird NFTs zum festen Bestandteil des digitalen Alltags machen.

Berühmte letzte Worte

NFTs sind in aller Munde. Der Hype mag überproportional sein, doch das Konzept ist mehr als nur spannend und definitiv gekommen um zu bleiben. Egal ob im Kunstmarkt, der Spielebranche oder im Sportmarkt, NFTs bieten spannende Möglichkeiten in der Digitalwirtschaft.

Auch bei Liquiditeam arbeiten wir übrigens an NFT-basierten Lösungen für den Sportmarkt. Wenn Dich das Thema genauer interessiert, melde Dich gerne bei uns!

--

--

Jonas Rubel
Unyfy
Editor for

Liquiditeam Co-Founder | Horizen Community Contributor | Coinmonks Writer | Untitled-INC Member