Sind Aufwände für Versand & Transport harte oder variable Kosten?
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Als variable Kosten im Transport und Versand werden häufig die damit verbundenen administrativen Aufwände, IT-Systeme oder Retouren bezeichnet. Was aber, wenn die eigentlichen Tarife für Versand und Lieferung gar nicht so harte Kosten sind, wie wir denken?
In Zeiten von Krisen und wirtschaftlicher Instabilität blicken viele Unternehmerinnen und Unternehmer mit Sorge auf ihre variablen, weichen Kosten. Diese sind, im Gegensatz zu harten Kosten, indirekt und schlecht planbar. Zum Beispiel sind Miete und Pacht für ein Gebäude harte Kosten, Reparaturen und Instandhaltungen wiederum variable Kosten. Auch Aufwände für Versand und Transport werden dann unter die Lupe genommen, um variable Kostenfaktoren zu identifizieren und im Idealfall zu reduzieren.
20 % der Logistikkosten sind variabel
Die Transportation-Management-Plattform Shiphawk zum Beispiel erläutert in ihrem Ratgeber, dass bis zu 20 % der Kosten für Versand und Transport variabel sind. Oder der Freight Forwarder Dedola wirbt damit, variable Logistikkosten mittels ihrer Tracking-Lösung zu reduzieren.
Beide beziehen sich bei ihrer Einordnung der Logistikkosten auf das Fulfilment als Ganzes. So zählen sie Kundenservice, Operations (Retouren, Mängel), E-Commerce-Prozesse (Versandrabatte, Abonnements oder Marketing-Kampagnen) und sogar darunter liegende IT-Systeme (Warehouse-Management, ERP, Tranportation-Management-System) zu den variablen Logistikkosten.
Klar, gibt es bei dieser weiten Klammer einiges an Optimierungspotenzial. Es ist effizienter, wenn die Pick List automatisch erstellt und gedruckt wird. Es ist effizienter, wenn die Verpackung für die Gegenstände nur so groß wie nötig ist. Es ist effizienter, automatisch den günstigsten Versanddienstleister zu beauftragen, als sich manuell mit Preisvergleichen zu beschäftigen. Es ist effizienter, wenn Statusänderungen automatisch per E-Mail oder SMS versendet werden.
Fulfilment ist Logistikkostentreiber im E-Commerce
Schlussfolgerung? — Die größte Herausforderung für Unternehmen sei, diese variablen, indirekten Kosten zu optimieren anstelle an den harten Kosten, den einzelnen Versandtarifen zu schrauben. Das funktioniert total gut für alle Unternehmen, die im E-Commerce unterwegs sind.
Das Versandvolumen ist sehr hoch, die Versandpreisunterschiede von Paket zu Paket gering und damit der Anteil an Fulfilment-Kosten pro Sendung größer. Schwieriger wird es jedoch, wenn die Unternehmen vor allem Paletten, Stückgut oder LTL/FTL-Ladungen verschicken. Hier ist das Versandvolumen in aller Regel geringer, die Preisunterschiede pro Buchung deutlich höher und der Anteil an Fulfilment-Kosten pro Sendung kleiner als beim Paketversand.
Sind Versandtarife auch variable Kosten?
In diesen Fällen lohnt es sich also, die Versandtarife, die harten Kosten des Transports, noch einmal genauer zu betrachten. Denn sie sind gar nicht so hart, wie wir denken. Hier kommen also Variablen, mit denen sich Versandkosten reduzieren und Tarife optimieren lassen:
Spotaufträge vs. Preisliste
Ab einem bestimmten Versandvolumen bieten viele Speditionen und Paketdienstleister vergünstigte Preislisten an. Dazu wird meistens ein Vertrag mit dem Versanddienstleister abgeschlossen. Also anstelle jeden Auftrag einzeln zu buchen oder für jede Sendung ein Angebot anzufordern, lohnt es sich recht früh standardisierte Preislisten anzufragen. DHL bietet solche Business-Lösungen zum Beispiel ab 200 Sendungen pro Jahr an.
Spezielle Raten für viel genutzte Routen anfragen
Im zweiten Schritt kann es sich auch lohnen, spezielle Raten bzw. Preislisten für die meistgenutzten Verbindungen anzufragen. Wenn Unternehmen vor allem zwischen wenigen Orten transportieren, gibt es die Möglichkeit reduzierte Preise für genau diese Verbindung auszuhandeln. Wichtig dafür ist, dass das Versandaufkommen auf diesen Routen gut dokumentiert und nachvollziehbar ist.
Spezielle Raten für häufige Gewichtsklassen aushandeln
Ähnlich wie bei speziellen Raten für viel genutzte Routen können auch Preislisten für bestimmte Gewichtsklassen angefordert werden. Versenden Unternehmen zum Beispiel hauptsächlich Pakete zwischen 20 und 30 kg oder Paletten unter 500 kg, dann bieten einige Versanddienste dafür gesonderte Konditionen an. Auch hier ist wichtig, einen sehr genauen Überblick über Versandvolumen und -bedarf zu haben.
Buchungen bündeln
Manchmal kann es sich lohnen mehrere Buchungen bzw. Packstücke zu einer größeren Sendung zu bündeln. Wenn zum Beispiel mehrere Pakete ins gleiche Zielland gehen und eine aufwändige Zollabwicklung dazu gehört, kann es sich lohnen, die Sendungen im Hauptlauf zu bündeln. Das heißt, als Palette zu exportieren und dann für den Nachlauf bzw. die letzte Meile auf Einzelpaketsendungen umzusteigen. Das spart meist nicht nur Kosten, sondern auch einiges an Bürokratieaufwand.
Abholtage reduzieren
Wenn das Versandvolumen bei 15 bis 50 Paketen oder 3 bis 5 Paletten pro Woche liegt, kann es in bestimmten Fällen sinnvoll sein, die Abholung durch den Versanddienstleister auf einige Wochentage zu beschränken. Das hieße, der Paketdienst kommt nicht jedes Mal, sobald eine Buchung abgeschickt wird (manchmal sogar mehrmals täglich), sondern immer nur montags, mittwochs oder freitags. Mit diesem Trick kann einiges an Abholgebühr gespart werden. Der Versanddienst GLS bietet zum Beispiel mit dem Tarif GLS Business Parcel ab einem Versandvolumen von 15 Paketen pro Woche spezifische Abholtage an. Dieses Modell funktioniert insbesondere gut für nicht-zeitkritische Sendungen im B2B-Bereich. Die “Light”-Variante dieses Ansatzes ist es, einmal pro Tag den kompletten Versand zu buchen und dabei für mehrere Paketsendungen gleichzeitig die Abholung zu beauftragen.
Auf Versandqualität achten
Oft unterschätzt, aber auch beim Versand gilt “Wer billig kauft, kauft zweimal”. Bei der Auswahl des Versanddienstleisters ist es wichtig auf die Qualität zu achten und diese in der Zusammenarbeit kontinuierlich zu analysieren. Indikatoren für eine gute Qualität sind unter anderem eine hohe Zustellquote oder geringe Schadensmeldungsquote. Das reduziert den Aufwand in der Logistik deutlich, und sorgt schlicht dafür, dass Waren wirklich nur einmal versendet werden. Extra-Bonus, die Kundenzufriedenheit steigt auch maßgeblich.
Sich mit anderen Unternehmen zusammenschließen
Sollten mehrere Unternehmen auf dem gleichen Firmengelände ansässig sein oder sich mehrere Unternehmen eine Logistik- bzw. Lagerhalle teilen, kann das Versandvolumen der einzelnen Firmen zusammengelegt werden. Somit sind die notwendigen Versandvolumen um einen speziellen Versandtarif auszuhandeln schneller erreicht. Da nicht nur die Verhandlungen mit Versanddiensten kompliziert sind, sondern auch noch die Absprachen mit den anderen Unternehmen aus dem Netzwerk dazukommen, ist es in vielen Fällen jedoch leichter sich einfach einem digitalen Versandnetzwerk anzuschließen. Sendify, eine digitale Versandplattform für kleine und mittlere Unternehmen zum Beispiel, nutzt das aggregierte Versandvolumen all ihrer Nutzer, um besonders günstige Großkundenverträge mit Versanddienstleistern auszuhandeln. Das heißt, Unternehmen mit geringem Versandvolumen können ab der ersten Sendung von den optimierten Preisen profitieren. Verhandlungen mit Versanddienstleistern um reduzierte Preise für Gewichtsklassen oder Routen entfallen.
Harte Kosten, direkte variable Kosten, indirekte variable Kosten im Versand & Transport
Zusammengefasst, Logistikkosten können an vielen Stellen beeinflusst werden. Für Unternehmen, die nicht vornehmlich im E-Commerce-Bereich unterwegs sind, lohnt es sich genau hinzusehen, wo Optimierungspotenzial besteht. Kosteneinsparungen sind nämlich nicht nur im erweiterten Fulfilment-Ökosystem möglich, sondern ganz direkt und unmittelbar im Versandverhalten.
Eine Aufteilung in drei Stufen von harten, direkten variablen und indirekten variablen Kosten in der Logistik ermöglicht eine passgenaue Optimierung der Kostenstrukturen in der Logistik und im Transport.
Indirekte variable Kosten beschreiben das gerade schon erwähnte erweiterte Fulfilment-Ökosystem und umfassen Lagerhaltungskosten, IT-Systeme wie WMS (Warehouse-Management-System) und TMS (Transportation-Management-System), sowie Anzahl der Retouren und Schadensmeldungen.
Direkte variable Kosten repräsentieren weiche Faktoren mit direktem Bezug zum Versand. Das können Preislisten, Versandverhalten, Aufschläge (Peak-Season-Zuschlag) oder Gebühren (Abholgebühr, Gebühr für Sondermaße) sein.
Harte Kosten in der Logistik sind dann wiederum der tatsächlich anzurechnende Versandpreis in Abhängigkeit zum Versandvolumen.
Und, wie hoch ist der Anteil variabler Kosten in Ihrer Logistik?