RESTART: COVID-19 BRINGT NEUE BRANCHENSTANDARDS FÜRS FRISEURHANDWERK

Anja Brauer
Lumiform-mag
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5 min readApr 22, 2021

Das Friseurhandwerk muss, genauso wie andere Branchen, mit einigen Einschränkungen leben und neue Arbeischutzmaßnahmen und Hygienevorschriften für Mitarbeiter und Kunden umsetzen.

Restart Friseurhandwerk

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheits- und Wohlfahrtspflege (BGW) hat verbindliche Arbeitsschutzstandards veröffentlicht, die Friseursalons den Re-Start erleichtern sollen. Diese neuen Branchenstandards für Friseurbetriebe beruhen auf den SARS-CoV-2-Arbeitschutzstandards des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Ein kleiner Wehrmutstropfen für die Branche: Einige Dienstleistungen sind weiterhin nicht möglich.

NEUE BRANCHENSTANDARDS IN CORONA-ZEITEN

Arbeitsschutzmaßnahmen gab es für das Friseurhandwerk schon immer. Der neue Branchenstandard des BGW ergänzt die bisherigen Regelungen, mit dem Ziel, Infektionsketten zu unterbrechen, um die Bevölkerung und Beschäftigte zu schützen sowie die wirtschaftliche Aktivität und flache Infektionskurven aufrechtzuerhalten.

Um die Infektionswege zu unterbrechen, sind technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen zu treffen und umzusetzen. Durch den direkten Kontakt mit Kunden im Friseursalon besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Deshalb gelten seit der Wiederöffnung vor Ort zwei Grundsätze:

  1. Schutzausrüstung tragen: Bei Tätigkeiten, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, muss Beschäftigten ein Mund-Nasen-Schutz zur Verfügung gestellt werden. Kunden müssen ebenfalls einen solchen tragen.
  2. Verdachtsfälle ernst nehmen: Beschäftigte und Kunden, die Symptome einer COVID-19-Erkrankung aufweisen, haben sich nicht im Friseursalon aufzuhalten. Der Betrieb muss ein Verfahren zur Abklärung von Verdachtsfällen im Rahmen eines Infektionsnotfallplans festlegen.

Der veröffentlichte Branchenstandard bietet Friseursalons eine Richtschnur für die Umsetzung der neuen Arbeitsschutzmaßnahmen und unterstützt sie bei ihrer Pflicht, ihre Beschäftigten und Kundschaft vor einer Corona-Virus-Infektion zu schützen. Zugleich dient er nur der Orientierung. Aktualisierungen, länderspezifische Vorgaben sowie Empfehlungen des RKI müssen weiterhin beachtet werden.

INFEKTIONSRISIKEN DURCH SCHUTZMASSNAHMEN REDUZIEREN

Nach einer so langen pandemiebedingten Pause wieder öffnen zu dürfen, ist für viele Salons ein Segen. Doch die neue Situation ist keine Rückkehr ins vorherige Arbeitsleben. So bleiben gesichtsnahe Dienstleistungen wie Augenbrauen- und Wimpernfärben, Rasieren und Bartpflege bis auf weiteres untersagt. Eine Bewirtung der Kunden mit Getränken ist zwar nicht verboten, wird aber nicht empfohlen. Auch auf das Zeitschriftenlesen beim Friseur werden die meisten Kunden in den kommenden Monaten verzichten müssen.

I. ALLGEMEINE REGELN FÜR DEN SALON

1. Empfangsbereich und Arbeitsplätze

  • Kassenbereich mit Schutzscheibe ausstatten
  • Bargeldloses Zahlen anbieten
  • Mit Wegführungen, Bodenmarkierungen und Absperrungen einem Mindestabstand von mindestens 1,5 Meter um jeden Arbeitsplatz sicherstellen
  • Gegebenenfalls Arbeitsplätze reduzieren
  • Auf Zeitschriften und Getränke verzichten

2. Kundenzugang und -empfang

  • Auf “Walk in”-Termine verzichten, um Wartezeiten im Empfangsbereich zu vermeiden
  • Termine online oder telefonisch vereinbaren
  • Ausreichend Zeit zwischen den Terminen vereinbaren, um Kontakte unten den Kunden zu vermeiden
  • Keine Begleitpersonen im Salon
  • Gesundheitszustand des Kunden erfragen
  • Beim Betreten des Salons Hände waschen oder desinfizieren
  • Name, Telefon bzw. E-Mail und Termin (Datum/Uhrzeit) dokumentieren, um ggf. Infektionskette nachvollziehen zu können
  • Mund-Nasen-Bedeckung für alle Pflicht (Kunden und Angestellte)
  • Schutzhandschuhe beim Haareschneiden tragen
  • Kundenumhang nur einmal benutzen
  • Haare zu Beginn immer waschen
  • Kunde darf Haare nicht selbst föhnen
  • Haarabschnitte sofort beseitigen
  • Verhaltensregeln für Kunden deutlich sichtbar aushängen

3. Schutzausrüstung

  • Mund-Nasen-Bedeckung, Schutzhandschuhe, Kundenumhänge, ggf. Schutzkittel
  • Desinfektionsmittel, hautschonende Flüssigseife, Handcreme
  • Einmalhandtücher, fettlösender Haushaltsreiniger, Markierungs- und Absperrmaterialien
  • Belegschaft in Gebrauch und Handhabung der Schutzausrüstung unterweisen

4. Arbeitsabläufe

  • Kontakte der Mitarbeiter untereinander minimieren
  • Versetzte Arbeits- und Pausenzeiten für gemeinsame Arbeitsbereiche
  • Feste Schichtteams und feste Arbeitsplätze für jeden
  • Schutzmaßnahmen jedem Mitarbeiter erklären

5. Arbeitsmittel

  • Arbeitsgeräte erst am gewaschenen Haar verwenden
  • Geräte mehrfach vorhalten
  • Vor dem Einsatz am nächsten Kunden Arbeitsmittel desinfizieren oder mit fettlösenden Haushaltsreingiger säubern

6. Lüften

  • Alle Räume in regelmäßigen Abständen bei jeder Wetterlage lüften, am besten mit Querlüftung, um eventuelle Erreger in der Luft zu verdünnen

II. UMGANG MIT SCHUTZAUSRÜSTUNG UND HYGIENEVORSCHRIFTEN

1. Schutzkleidung

  • Auf dichtes Anliegen der Mund-Nasen-Bedeckung (auch beim Kunden) achten
  • Maske nach jedem Kunden und bei Durchfeuchtung wechseln
  • Vor und nach dem Absetzen der Maske die Hände desinfizieren oder gründlich mit Seife reinigen (20–30 Sekunden)
  • Einmalhandschuhe während des gesamten Kundenterimins tragen Kundenumhang und Schutzkittel nach jeder Behandlung in die Wäsche geben (Einmalprodukte wegwerfen)
  • Am Ende des Arbeitstages textile Schutzkleidung/-ausrüstung bei mindestens 60 °C mit Vollwaschmittel in der Salonwaschmaschine waschen

2. Hygienevorschriften einhalten

  • Direkten Körperkontakt vermeiden
  • Auf Händeschütteln verzcihten
  • Husten- und Niesetikette einhalten
  • Regelmäßig gründlich Hände desinfizieren, auch nach Ablegen der Einmalhandschuhe
  • Alternativ gründliches Händewaschen (20–30 Sekunden)

III. REINIGUNG UND DESINFEKTION

  • Waschgelegenheit und Desinfektionsspender am Eingang und in der Nähe der Arbeitsplätze bereitstellen
  • Desinfektionsmittel regelmäßig nachfüllen
  • Kontaktflächen wie Ablagen und Friseurstühle nach jedem Haarschnitt mit fettlösenden Reinigungsmitteln reinigen bzw. desinfizieren
  • Sanitäreinrichtungen, Pausenräume und alle Oberflächen mit Handkontakt (Kasse, Türklingen, Geländer) regelmäßig reinigen bzw. desinfizieren
  • Alle Arbeitsmittel wie Kämme, Bürsten und Wickler nach jedem Kunden reinigen und nach Schichtende desinfizieren
  • Eingesetzte Textilien (Arbeitsbekleidung, Kittel, Umhänge, Mund-Nasen-Bedeckung, Handtücher) am Tagesende bei mindestens 60 °C in der Salonwaschmaschine waschen

Hausbesuchen oder mobilen Friseurleistungen

Die Hygiene- und Schutzmaßnahmen für Mitarbeitende und Kundschaft gelten auch hier, entsprechend der Vorgaben für die Salons. Ob deren Einhaltung im privaten Umfeld möglich ist, sollte vor dem Hausbesuch geprüft und sichergestellt werden.

Viele Friseurinnen und Friseure sowie deren Kundschaft haben den Re-Start sehnlichst herbeigewünscht, doch von einem Zurück zur Normalität ist die Branche noch weit entfernt. Die Zeiten, in denen der monatliche Friseurbesuch auch ein bisschen eine Flucht vor dem Alltag war, scheint erst einmal passé. Die notwendigen Schutzmaßnahmen erschweren den Friseursalons die Arbeit und steigert die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter. Der nette Plausch zwischen Kunden und Friseur ist zwar weiterhin möglich, mit dem Mund-Nasen-Schutz aber nicht wirklich leicht.

Deshalb sollten Friseursalonbesitzer und -besitzerinnen nicht nur die Risiken des Corona-Virus im Auge behalten und ihr betriebliches Konzept regelmäßig auf Veränderungen abstimmen. Auch die psychische Belastung für die Belegschaft gehört zum Arbeitsschutz dazu. Zum einen können Mitarbeiter Ängste vor einer Infektion oder Sorgen, wegen der finanziellen Entwicklung des Salons, haben. Zum anderen kann es aufgrund der Vorschriften zu konflikthaften Auseinandersetzungen mit der Kundschaft kommen.

Umso wichtiger ist es, in einer solchen Situation den Mitarbeitern, passende Angebote zu machen, wie sie mit ihren Sorgen und Ängsten sowie bestimmten Situationen umgehen können. Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung sollte auch dieser Punkt besondere Beachtung finden.

DEN ÜBERBLICK BEHALTEN: DIGITALE HILFE IN PANDEMIE-ZEITEN

Die neuen Anforderungen an Hygiene- und Schutzmaßnahmen ergeben eine ungewohnte Situation für Friseursalons. Hygiene und Arbeitsschutz war in dieser Branche schon immer ein wichtiges Thema, aber die Anforderung im Vergleich viel geringer. Beim täglichen Waschen, Schneiden und Legen den Überblick über alle Anforderungen zu behalten, bedarf einiger Anstrengungen. Papierbasierte Formulare, Checklisten und Berichte erschweren unter den gegenwärtigen Bedingungen zusätzlich, allen Vorschriften gerecht zu werden.

Eine adäquate Alternative ist der Umstieg auf eine digitale Lösung, die den Einsatz von Papier überflüssig macht. Der neue Branchenstandard des BGW kann täglich durch digitale Kontrollen und Inspektionen einfacher überwacht werden. Außerdem ermöglicht ein digitales Tool den kontaktlosen Austausch von Informationen unter den Mitarbeitern sowie das schnellere Beheben von auftretenden Problemen, indem Korrekturmaßnahmen sofort angewiesen werden.

Mit nur ein paar Klicks können Dokumente aktualisiert, und somit sofort auf behördliche Änderungen reagiert werden. Allen Mitarbeitern liegt auf diese Weise immer die aktuelle Version der Hygiene- und Schutzmaßnahmen für den Friseursalon vor. So lässt sich das Informationsdefizit innerhalb des Unternehmens aufs Minimum reduzieren und der Schutz von Mitarbeitern und Kunden gewährleisten — in herausfordernden Zeiten, ein Lichtblick.

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